Kapitel 22 Slapstick für Fortgeschrittene und Bibliomane
Als ich mich zur Geräuschquelle drehe, sehe ich wie der große Schwarzhaarige auf mich zukommt. Für einen Moment stockt mir der Atem. Mein Herz wappnet sich für einen Marathon, um kläglich zu versagen. So fühlt es sich jedenfalls an. Ich sehe dabei zu, wie er sich geschmeidig nähert, um dann verhalten seinem Blick auszuweichen. Nicht lange, denn ich kann nicht wegsehen. Kain trägt eine gutsitzende schwarze Jeans, die seine trainierten Beine betont, sowie ein dunkelblaues Shirt mit weißer Aufschrift und schlichte weiße Schuhe. Seine Arme und sein Gesicht sind gebräunt. Es wirkt, als wäre er, statt Jeff, in der Südsee gewesen.
Ich sehe zu dem Tisch, von dem aus Kain gekommen ist. Ich erkenne seinen besten Freund Marvin wieder, der auffällig unauffällig zu uns rüber schielt. Er kippelt mit dem Stuhl so weit nach hinten, dass es scheint, als würde er jeden Moment einfach umkippen. Nur noch ein paar Zentimeter, dann käme ihm der Boden auffällig nahe. Leider passiert nichts. Es sitzen noch drei weitere Kerle dort. Vermutlich sind sie aus Kains Ringerteam oder aus der Rugbymannschaft. Ich kenne keinen von ihnen. Ich nutze den interessiert wirkenden Blick nur als Ablenkung, um meinem Atmen unter Kontrolle zu bekommen und um zu verhindern, dass ich, wie so oft, über die Fahrlässigkeit meiner eigenen Worte stolpere. Nur leider scheint nichts davon zu funktionieren. Kain bleibt bei mir stehen, folgt meinem Blick zurück zu seinem Ausgangspunkt und schiebt währenddessen sein Handy in die Hosentasche. Das, was ich gehört habe, war wirklich sein Klingelton und wiederholt habe ich das Gefühl, den Song zu kennen. Ich kann mich nur nicht erinnern.
„Hey... ich hab Jeffs Auto draußen gesehen...", plappere ich los aus Ermangelung eines sinnvolleren Einstiegs in dieses Gespräch und stoppe rechtzeitig eine allzu verräterische Geste der Hilflosigkeit. Mein noch immer heftig pulsierendes Herz ist ebenfalls keine Hilfe.
„Ja...", sagt er ungewöhnlich neutral. Kains Blick geht zur Seite und er verschränkt locker die Arme vor der Brust.
„Können wir kurz reden?", erfrage ich unnötiger Weise. Er würde kaum noch hier stehen, wenn er es gänzlich ablehnte. Dennoch ist auch Kain die Situation sichtbar unangenehm und für einen Moment wünschte ich, ich hätte uns dieses unüberlegte Aufeinandertreffen erspart.
„Kurz", antwortet er betont lässig. Ein weiterer kleiner Hieb, genauso wie der Blick auf die Uhr, die er nicht trägt, um mir zu verdeutlichen, dass er eigentlich noch nicht dazu bereit ist, um mit mir darüber zu reden.
Kain macht eine auffordernde Geste, als ich nicht reagiere, doch in meinem Kopf herrscht Chaos. Ich weiß nicht wie. Solche Situationen sind nicht mein Ding. Ich hätte einfach ins Wohnheim gehen sollen. Ich hätte den Wagen ignorieren sollen. Jetzt ist es zu spät dafür und Kain lässt mich deutlich spüren, dass ich am Zug bin. Er wird mir nichts abnehmen. Keinen Schritt. Kein Wort. Ich kann mich selbst unruhig atmen hören. Kains Blick ständig auf mir. In meinem Kopf ergibt plötzlich nichts mehr einen Sinn.
„Hast du nun was zu sagen, oder nicht? Denn für gewöhnlich benutzt man fürs Reden Worte", kommentiert er bissig und macht mit seinen Händen eine auffordernde Geste. Er provoziert mich und ich spüre das Kitzeln. Schlucke es jedoch runter.
„Okay,...", beginne ich angestachelt und hole kurz Luft, "Ich hätte das damals nicht sagen sollen und..."
„Richtig, das war nämlich phänomenal unterirdisch von dir", fährt er mir dazwischen und ich beiße mir sichtbar auf die Unterlippe.
„Ich weiß...", sage ich für meine Verhältnisse seltsam unterwürfig, „Ich hätte... na ja, vielleicht drüber nachdenken sollen..."
„Ist das dein Ernst?"
„Ich weiß. Ich bin einfach nicht gut in diesem zwischenmenschlichen Kram und..." Ich hasse mich gerade selbst für meine inhaltlose Druckserei. Viel schlimmer ist jedoch, dass Kain mir Zeit zum Kontern einräumt, die ich nicht vernünftig nutzen kann, nur um mich erfolgreich vorzuführen. So, wie ich es oft mache. Kein schönes Gefühl.
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Between the Lines - The wonderful world of words
Romance~Mein Name ist Robin Quinn. Gefühle sind nicht mein Ding und doch verdiene ich neben dem Studium meinen Lebensunterhalt damit, erfolgreich kitschige Liebesromane zu schreiben. Ein Widerspruch? Absolut! Doch darüber habe ich mir nie wirklich Gedanken...