Kapitel 14: Flüchten will gelernt sein

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Ein nicht ganz so geräumiger Käfig, vier Insassen auf engstem  Raum und ein Wunsch, wir wollen hier raus.
Wir überlegen uns einen Plan nach dem nächsten, doch kommen wir nicht zu einem zufriedenstellenden Ergebnis. Uns fehlt eine zündende Idee zur Flucht.

„Ich hab's, lasst uns den Käfig sprengen, was sagt ihr dazu?“ sagte ich freudestrahlend.

„Ähm… Du hast schon daran
gedacht, dass wir nicht weglaufen können oder?“ sagte Aymen.

„Auch wieder wahr, also weiter überlegen…“ antworte ich.

Langsam wurde es echt nervig, wenn wir nicht bald einen Plan haben, kommen wir hier nie rechtzeitig raus. Ich will nicht, dass Vater zur Kapitulation gezwungen wird.

„Hat einer von euch ein Messer oder sowas? Falls ja, können wir damit das Seil durchschneiden, welches die Tür zu hält.“ Sagte Fabian.

Ein Seil? Da war doch vorher eine dicke Eisenkette… Sollte ich mich verguckt haben?

„Ich könnte schwören, dass dort vorher eine Kette gewesen ist.“ sagte ich verwundert.

Es ist durchaus im Rahmen des möglichen, dass ich mich verguckt habe, aber es wäre schon ein sehr großer Zufall. Schließlich wurde hinter mir, ein dickes Schloss an die Kette gelegt. Als, wie um alles in der Welt…

„Wie hast du? Hä… Ich dachte du seist Hüter in Ausbildung und kein Magier. Erzähl uns, wie du das gemacht hast.“ Sagte Aymen ungläubig.

„Ich hab gar nichts gemacht, dass ist einfach passiert.“ Antwortete er.

Aymen stand auf, sah sich das Seil genauer an und sagte.
„Das ist ein sehr altes Seil, dafür brauchen wir kein Messer mehr. Wenn es keinem auffällt, können wir in der Nacht fliehen. Also verhalten wir uns weiter so wie bisher, damit wir kein Aufsehen erregen.“

Gesagt getan, wir verhielten uns weiterhin so wie Aymen es wollte und warteten auf den Einbruch der Nacht. Bis dahin, sollte es allerdings noch eine Weile dauern, schließlich war es gerade erst Mittag geworden.
Wir warteten Stunde um Stunde, die Zeit kroch nur so vor sich hin, während wir warten, beobachten wir die Feinde. Die Abläufe der Wachen, merken wir uns doch sehr schnell, die Ablösungen sind schon schwieriger, sie sind scheinbar willkürlich. Wir beobachten alles so genau wie möglich, um Schlupflöcher zu finden.

„Aaron? Siehst du das Zelt dahinten? Da scheint das Waffenarsenal zu sein.“ Sagte Aymen, während er auf ein eher unscheinbares Zelt zeigt, welches sich in etwa zwanzig Meter Entfernung zu uns befindet.

Waffen? Sollen wir uns tatsächlich bewaffnen? Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist. Wenn wir uns bewaffnen, könnte es uns auch durchaus richtige Probleme bereiten.

„Hey Jungs, nicht mehr lange und dann kann es los gehen. Bald geht die Sonne unter.“ Sagte Fabian fröhlich.

Endlich ist es bald soweit, die Flucht steht kurz bevor.
Ich hoffe, es geht alles gut und wir kommen hier ohne Probleme raus.
Unser Plan sieht also wie folgt aus,
wir öffnen den Käfig,
Aaron und Aymen schleichen sich in das Waffenarsenal und holen uns Ausrüstung, Fabian und ich schleichen uns in die Küche für Verpflegung.
Wenn wir alles beisammen haben, versuchen wir uns so unauffällig wie möglich aus dem Lager zu schleichen.
Sollte uns das gelingen, begeben wir uns auf direktem Weg zum Schloss, die Gefahr auf dem Weg zum Schloss erwischt zu werden, ist nichtsdestotrotz noch ziemlich hoch.
Sollten wir Wiedererwartend erwischt werden, so wird es höchstwahrscheinlich tödlich für uns enden.
Mittlerweile ist es Nacht geworden, wir machen uns bereit.

„Jeder kennt seine Aufgabe? Wenn etwas Unvorhergesehenes passiert, lasst ihr alles stehen und liegen und rennt zum Schloss, der Kaiser muss alles erfahren. Sollte alles glatt gehen, treffen wir uns im Wald, also los geht’s.“ flüsterte Aymen.

Aaron schaut sich um, keine Feinde in der Nähe, er gibt Aymen ein Zeichen und beide begeben sich zum Arsenal.
Fabi sieht sich kurz um, als auch auf unserer Seite keine Spur von Feinden zu finden ist, begeben wir uns in Richtung der Küche.
Wir schleichen von Zelt zu Zelt, in der Hoffnung nicht erwischt zu werden.
Es dauert eine Weile bis wir die Küche sehen können, sie ist nicht mehr weit entfernt, doch der Weg dorthin ist schwer.

„Fabi… Warte, da sind zwei Türme…“
Flüsterte ich ihm zu.

„Mist, wie konnten wir die übersehen? Was machen wir jetzt?“ fragte er.

Ein Turm auf der linken Seite und der andere auf der rechten, nur ein Weg zur Küche.
Was sollen wir tun?
Auf beiden Türmen scheint sich wenigstens eine Wache zu befinden, nichts was uns als Deckung dienen könnte, vielleicht könnten wir versuchen uns an der Palisade entlang zu schleichen.
Ich flüstere Fabi die Idee zu, er überlegt kurz und stimmt mir zu.
Also versuchen wir die Idee in die Tat umzusetzen.
Ich hoffe das uns die Idee nicht das Genick bricht.
Wir sind ohne entdeckt worden zu sein, an der Palisade angekommen.
Wenn es weiter so gut läuft, schaffen wir es auch noch bis zum Ziel.
Jetzt schleichen wir weiter bis zum Turm.

„Runter… Feinde im Anmarsch.“ Flüsterte Fabian mir zu.

Wir legen uns hin und bleiben regungslos liegen, die Wachen kommen näher, Angst entdeckt zu werden macht sich breit, der Puls steigt immer höher, je näher die Feinde kommen.
Oh nein, einer steht genau vor mir, er sieht mich an.
Kein Alarm? Er gibt keinen Alarm?
Er geht weiter ohne ein Wort zu sagen, er hat mich definitiv gesehen, aber welchen Grund könnte er gehabt haben, das er keinen Alarm gegeben hat, oder uns festgenommen hat.
Es sind keine weiteren Feinde zu sehen, also kriechen wir weiter an der Palisade in Richtung Küche entlang.
Ob Aaron und Aymen schon weiter sind?
Wurden die beiden vielleicht erwischt?
Nein, sie sind bestimmt schon am Treffpunkt.
Meine Gedanken bremsen mich aus.
Fabi holt mich aus meinen Gedanken raus.

„Was machst du? Wir müssen weiter.“ Flüsterte er mich an.

Ich stimme ihm zu und wir kriechen weiter.
Nach einer Weile sind wir endlich vor der Küche, gerade als wir rein gehen wollen, hören wir Stimmen aus dem Inneren.

„Mist, ich dachte es wäre niemand mehr hier… Was machen wir jetzt?“ fragte Fabi flüsternd.

„Lass uns einen kurzen Blick hinein werfen.“ Flüsterte ich darauf.

Wir taten es, was wir dort drinnen zu sehen bekamen, ließ uns den Atem stocken.
Es waren Aaron und Aymen, die gerade dabei waren, unsere Aufgabe fertig zu machen.
Wir gingen ins Zelt.

„Was zum Henker? Was macht ihr hier? Das war unser Auftrag!“ motzte Fabi.

Sie sahen uns verdutzt an.
„Ihr habt zu lange gebraucht und wir hatten Langeweile am Treffpunkt.“ Sagte Aymen trotzig.

Aaron fügte noch hinzu.
„Bevor wir uns jetzt streiten, sammeln wir alles was wir tragen können und dann weg hier, streiten können wir uns im Schloss wieder.“

Wir stimmten zu und sammelten alles was wir gebrauchen konnten.
Als wir fertig waren, mussten wir jetzt nur noch einen Weg zum Treffpunkt finden.
Zum Glück waren Aymen und Aaron hier, um uns den Weg zu zeigen.
Es dauerte also nicht sehr lange, bis wir endlich aus dem Lager raus waren.

„Wir haben es tatsächlich geschafft? Und das auch noch ohne entdeckt zu werden? Das ist eine erstaunliche Verbesserung zu unseren sonstigen Erfolgen in der letzten Zeit. Es ist wirklich kaum zu glauben.“ Sagte ich freudestrahlend.

Ich muss gestehen, dass es mich wirklich überraschte, sonst hatten wir nicht so viel Glück.

„Mir war das ein wenig zu einfach.“
Erwiderte Aymen.

Wir dachten uns allerdings nichts dabei und machten uns bereit für die Weiterreise Richtung Schloss.
Im Schutz der Dunkelheit fühlen wir uns sicher, nicht nur weil die Dunkelheit Aymen’s Element ist.
Jedes Geräusch ließ uns aufhorchen, jede Bewegung ließ uns fast erstarren.
Immer wieder blieben wir stehen.
Jedes mal gingen wir in Deckung.

„Wann sind wir endlich aus diesem verdammten Wald raus?“ flüsterte Aaron.

„Keine Ahnung, nicht stehen bleiben.“ Flüsterte Fabian zurück.

Plötzlich blieb Aymen stehen und sah sich hektisch um.
„Was ist los?“ wollte ich wissen,
„Hier müsste eigentlich ein Außenposten meines Dorfes sein.“ Antwortete er verwundert.

Sollten wir doch schon so nah an Kami sein?
Das wär sehr erstaunlich gewesen, in so kurzer Zeit diese Entfernung zurück zu legen.
Oder war das feindliche Lager näher an Kami als ich dachte?

„Ich kenne diesen Wald wie meine Westentasche, ich bin hier aufgewachsen. Genau hier sollte sich der Außenposten befinden. Wir müssen schnell weiter.“ Sagte Aymen mit ernster Stimme.

Wir gingen also weiter, in der Hoffnung das Aymen sich geirrt hatte.
Mich beschleicht ein ungutes Gefühl, je näher wir Kamihokure kamen.
Der Geruch des Todes stieg uns in die Nasen.

„Bäh… Was stinkt hier so? Das ist voll widerlich.“ Rief Fabi.

Aymen’s blick fiel auf einen Körper der an einen Baum gelehnt war.
Er erschrak und lief hin.

„Nein?!? Das ist… Das kann nicht sein…
Theodin… Aber?!? Du…“ sagte er mit Tränen in den Augen.

„Wer ist das? Kanntest du ihn?“ fragte ich vorsichtig.

„Das… Es ist Theodin, er war ein Schüler meines Meisters und… ein… Er war mein Freund… Wir haben immer zusammen trai… Er sollte gar nicht hier sein… Wieso… WAS ZUM HENKER HAST DU HIER ZU SUCHEN? DU SOLLTEST DOCH IN DRAKAN SEIN!“ Aymen brach in Tränen aus.

Der Junge muss so in unserem Alter gewesen sein.
Wenn er aber in Drakan sein sollte, wie ist er dann hierher gekommen?

„Da sind ja die Ausreißer. Wenn ihr euch dann bitte wieder ergeben würdet.“ Sagte eine Stimme hinter uns.

Wir drehte  uns um und sahen mehrere feindliche Soldaten.
Sie nahmen uns gefangen und brachten uns zurück in ihr Lager.
Es dauerte eine Weile bis wir wieder im Lager waren, dieses Mal sollten wir nicht gemeinsam eingesperrt werden.
Jeder bekam eine eigene Zelle auf dem großen Platz.
Diese Käfige standen nah genug beieinander, sodass wir uns unterhalten konnten, standen aber weit genug auseinander, sodass wir uns nicht berühren konnten. Die Wachen wurden verstärkt und mindestens zwei beobachteten uns dauerhaft. An eine erneute Flucht war also nicht mehr zu denken.
Jetzt hieß es für uns nur noch abzuwarten, bis Vater uns Hilfe schickt.

Jetzt waren wir schon weit über vier Stunden eingesperrt und Aymen hat während der ganzen Zeit kein einziges Wort gesagt.
Der Verlust seines Freundes muss ihn sehr verstört haben.
Ich meine, es ist jetzt nicht so als wäre Aymen der große Redner, aber das war anders, er sagte überhaupt nichts.
Jeder Versuch mit ihm zu sprechen, oder ihn zu trösten schlug fehl.
Er beteiligte sich nicht mal mehr an unseren Streitigkeiten oder Diskussionen.
Ich mache mir langsam aber sicher große Sorgen um ihn.

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