XIV

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Als ich mit Packen fertig war und sah, welche Zeit wir hatten, merkte ich, dass es mittlerweile 20:00 Uhr war. Ich wollte gerade aus meinem Zimmer raus, als ich gegen Sunny stiess.

"Ah da bist du ja! Ich habe nach dir gesucht Ethan", sagte Sunny, während er sich wieder aufrichtete.

"Was ist?", fragte ich und sah ihn an.

"Die Zeit wird knapp, ihr solltet euch beeilen und dann gehen. Ich weiss nicht, wie lange ihr noch Zeit habt, bevor Amaras Schergen hier auftauchen", antwortete er und sah misstrauisch hin und her.

"Ich habe euch eine Route eingezeichnet, die ihr nehmen könnt, um so schnell wie möglich in dem Militärhaus anzukommen", fügte Sunny noch hinzu und gab mir die Karte von heute Nachmittag. Die Route war ziemlich simpel, so gesehen könnte jeder Blinde den Weg finden, was mich etwas stutzig machte, aber ich liess mir nichts anmerken.

"Danke", sagte ich knapp und ging an ihm vorbei. Ich begab mich nach unten und wollte gerade Cam, Holden und Adriana rufen, als die Drei alle schon da waren.

"Kommt kurz mit in die Küche", bat ich sie in steuerte in Richtung Küche. Die Drei folgten mir wortlos. In der Küche angekommen legte ich Sunnys Karte auf den Tisch.

"Das ist die Route, die Sunny uns eingezeichnet hat", sagte ich. Cam und Holden sahen sich den markierten Weg genau an, Adriana jedoch sah mich mit misstrauischen Augen an. Sie musste keine Worte verwenden, ich konnte auch so verstehen, dass sie diesem Weg nicht traute.

"Sieht schon nach einem ziemlich einfachen Weg aus... Ich hatte eher erwartet, dass Sunny uns einen komplizierteren Weg einzeichnet. Halt einen, der sicherer aussieht, als der hier...", murmelte Holden. Cam stimmte ihm zu und auch ich nickte.

"Ich sage es nur ungern, aber ich vertraue ihm nicht." Cam, Holden und ich sahen Adriana an.

"Ich vertraue Sunny nicht. Irgendetwas an ihm ist falsch. Nennt es Paranoia aber... Ich denke nicht, dass er ehrlich ist." Wir sahen erst Adriana, dann uns gegenseitig an und blickten dann wieder auf die Karte.

"Was sollen wir tun? Folgen wir Sunnys Weg, oder gehen wir einen eigenen?", fragte Cam. Ich dachte nach, wandte mich dann aber an Adriana.

"Was schlägst du vor?"

"Wir gehen einen eigenen Weg." Ihre Antwort war so kalt wie ihr Blick. Mir vermochte es förmlich das Blut in den Adern gefrieren zu lassen und den anderen ging es bestimmt nicht anders.

"Gut dann ist es beschlossen. Wir nehmen unseren eigenen Weg und meiden den von Sunny um jeden Preis", sagte Holden dann und faltete die Karte zusammen, um sie einzustecken. Wir alle gingen nochmal kurz zu unseren Zimmern, um unsere Sachen zu packen und uns auf den Weg zu machen. Je eher wir aufbrachen, desto schneller würden wir das Militärhaus erreichen und konnten uns Amaras Angriff entziehen. Um meine Sicherheit war es mir nicht so wichtig, für mich hatte Adriana Priorität.

Wir versammelten uns alle im Wohnzimmer und kontrollierten ein letztes Mal, ob wir alles hatten, was wir brauchten. Ich war mir sicher, dass wir so schnell nicht wieder hierher zurückkehren würden.

"Habt ihr alles?", fragte ich und sah jeden an. Alle nickten.

"Gut, dann lasst uns aufbrechen. Wenn wir nicht trödeln und keine zu grossen Pausen machen, sollten wir vor der Dämmerung des nächsten Morgens dort sein."

Cam, Holden und Adriana verliessen als erste das Haus, ich folgte ihnen und warf nochmal einen Blick zurück, ehe ich die Lichter löschte und abschloss. Ich hatte schon überlegt, dass wir mit dem Auto zu dem Militärhaus gehen konnten, aber dann dachte ich daran, dass uns ein Auto womöglich nur aufhalten würde und wenn es brenzlig würde, hätten wir wahrscheinlich nur mehr Ärger am Hals, als zu Fuss.

Ein Blick auf die Uhr sagte mir, dass es 21:00 Uhr war. Die Sonne würde erst um etwa 08:30 Uhr aufgehen, also blieben uns elf Stunden und etwa dreissig Minuten. Auf unserem Marsch bildete Cam die Führung und ich das Schlusslicht. Hinter Cam ging Adriana und die Lücke zwischen Adriana und mir füllte Holden aus. Es war am Schlauesten, wenn Cam uns führte, da er ein ausgezeichnetere Kartenleser war. Hätte ich es versucht, hätten wir uns Verlaufen, im besten Fall vielleicht noch sogar direkt in die Hände von Amaras Lakaien.

Die Zeit verflog nur äusserst langsam und es fühlte sich an, als wären wir schon seit Tagen unterwegs, wo indes nur wenige Stunden vergangen waren. Wir mussten durch einen besonders dichten Teil des Waldes wandern, um dem Pfad, den Sunny uns gegeben hatte, fern zu bleiben. Adriana beharrte stark darauf, dass wir Sunnys Weg um jeden Preis mieden. Ich wusste nicht, wieso Adriana so abgeneigt gegen Sunny war, aber sie schien sich vollkommen sicher zu sein, dass etwas nicht stimmte. Und von dem, was ich in den letzten Jahrhunderten mitbekommen hatte, so lagen Frauen mit ihren Intuitionen doch immer richtig, daher wollte ich ihr nicht widersprechen.

Als wir endlich das Militärhaus erreichten, dämmerte es schon leicht. Wir beeilten uns, hinein zu gelangen und uns dort zu verschanzen. Wir verriegelten jede Tür, vernagelten alle Fenster und stopften jede noch so kleine Ritze, nur um wirklich sicher zu gehen, dass niemand hier rein kam. Als alles erledigt war, liessen wir uns erschöpft auf den Boden fallen und atmeten erstmal ein paar Mal tief ein und aus.

"Denkt ihr, wir sind hier wirklich sicher?", fragte Adriana mit einem skeptischen Unterton.

"Ich weiss es nicht... Aber wir haben keine andere Wahl, als hier zu bleiben. Es gibt keinen anderen Ort, den wir so schnell erreichen und an dem wir uns verstecken könnten", meinte Cam. Holden schlief schon ein wenig, denn man hörte ihn leicht schnarchen.

"Ich hoffe, wir sind hier sicher...", murmelte Adriana und schloss dann die Augen. Cam und ich blieben wach um aufzupassen. Die Zeit wollte nicht vergehen, es fühlte sich an, als würde sie stillstehen. Schliesslich standen Cam und ich auf und sahen uns ein wenig genauer in diesem Unterschlupf um. Ich blieb jedoch in Adrianas Nähe, für den Fall, dass wenn etwas passieren sollte, ich sie beschützen konnte.

Während ich auf und ab ging und alles genau anschaute, wurde ich immer müder und hatte Schwierigkeiten, meine Augen offen zu halten. Es ging schlussendlich so weit, dass ich auf den Boden sackte und ebenfalls einschlief.

Als ich wieder aufwachte, befand ich mich in einem ganz anderen Raum als vorher. Zudem war ich gefesselt. Ich versuchte, die Fesseln zu lösen, aber das Seil um meine Handgelenke sowie Fussknöchel waren viel zu eng zusammengeschnürt. Als ich mich umblickte erkannte ich, dass auch Holden und Adriana gefesselt waren. Aber von Cam war keine Spur zu entdecken.

'Wo ist Cam?', fragte ich Holden per Telepathie.

'Ich weiss es nicht, hoffentlich wurde er nicht erwischt von ihnen.'

'Von ihnen? Wen meinst du?'

Im selben Moment hörte man Schritte und kurz darauf befanden sich etwa Zwanzig weitere Leute im Raum und formten eine Gasse. Ich ahnte schon, wer als nächstes zu uns stossen würde. Ich hoffte inständig, mich zu irren, aber meine Befürchtung bestätigte sich, als eine grosse, rothaarige, schlanke Frau auf uns zu trat.

"Habe ich dich also endlich gefunden. Du hast dich ja ganz schön gut versteckt, aber anscheinend nicht gut genug." Ihre Stimme klang so bedrohlich, wie der Blick in ihren feuerroten Augen war. Ich sagte nichts.

"Warum so still mein Guter? Begrüsst man denn nicht seine Königin?"

"Du bist vieles, aber ganz sicher nicht meine Königin, du Schlange!", zischte ich wütend.

"Grosse Töne spuckst du da für einen kleinen Wurm. Ich würde vorsichtig sein mit dem, was du sagst. Wir wollen doch nicht, dass irgendjemandem hier etwas Fürchterliches passiert..." Dann sah sie zu Adriana hinüber. Ich wusste nicht, was in Amara vor sich ging, aber sie flippte völlig aus, als sie Adriana genauer betrachtete.

"Vernichtet dieses Mädchen! Auf der Stelle!", schrie Amara.

Am Anfang der EwigkeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt