Nachdem wir die beiden Kleinen nach einem großen Gejammer ins Bett gesteckt bekommen haben, lassen wir uns auf die große Couch fallen.
„Wow", ich streiche mir eine Strähne hinter das Ohr, welche sich aus dem strengen Arbeitsdutt gelöst hat und lehne mich in die weichen Kissen zurück. „Ich hätte nicht gedacht, dass es so anstrengend sein würde zwei Kinder ins Bett zu bekommen. Meine Sorgen lagen da ja eher bei Teddy, aber den hat das ja überhaupt nicht interessiert."
Lenny lacht. „Unterschätze niemals die Willenskraft von Kleinkinder, wenn sie schlafen gehen sollen, es aber nicht wollen. Teddy ist noch ein Baby. Babys schlafen doch immer. Hast du keine kleinen Geschwister?"
„Ich habe nur eine große Schwester und beim Babysitting habe ich immer auf Kinder über neun Jahren aufgepasst. Die gehen ins Bett, wenn man es ihnen passt und weil sie so Angst vor dir haben, putzen sie sogar ihre Zähne. Freiwillig."
„Möchtest du was trinken?", fragt er mich und steht auf. „Diese Minibar wird jeden Tag neu aufgefüllt und ich weiß nicht woher sie das wissen, aber sie haben meinen Lieblingssnack und Ginger Ale hineingetan."
Nun ja. Die beiden Zimmermädchen Tara und Isabella haben einen sichtlichen Narren an ihm gefressen und sind mit Sicherheit auch schon vorher Fangirls von ihm gewesen. Kein Wunder, dass sie seinen liebsten Snack kennen. Bestimmt folgen sie ihm auf jeder nur erdenklichen Social Media Plattform und aktualisieren sekündlich den Feed, damit sie nichts verpassen.
„Wir sind nun einmal ein gutes Hotel", antworte ich mit einem Lächeln im Gesicht. Dann stehe ich auch auf und streiche meinen Rock hoch, der beim Sitzen immer ein wenig nach oben rutscht, obwohl deswegen extra ein Schlitz im hinteren Teil des Rockes konzipiert wurde.
Lenny steht vor dem geöffneten Kühlschrank, der eigentlich keine Minibar mehr ist und nimmt eine Flasche Ginger Ale heraus. „Du kannst natürlich auch was anderes trinken, wie du siehst, ist das hier so ziemlich der Kühlschrank der Kardashians."
Tatsächlich ist im Kühlschrank eine große Auswahl an verschiedenen Getränken im und ich nehme eine Flasche mit eisgekühltem Leitungswasser heraus. Belustigt sieht Lenny mich an und öffnet die Flasche, um deren Inhalt dann in ein Glas, welches er aus dem Schrank genommen hat,zu schütten.
„Ich liebe kaltes Leitungswasser. Das ist wirklich lecker."
„Lecker? Das hat doch gar keinen Geschmack." Sein raues Lachen ist so ansteckend, dass mir der Schluck Wasser im Halse stecken bleibt und ich mir die Nase zuhalten muss, damit mir dieses nicht wieder herausläuft.
„Es hat sehr wohl Geschmack. Nur, weil es keine Farbe hat, heißt es nicht, dass es auch keinen Geschmack hat."
„Verzeihung Frau Lehrerin." Er stellt sein Glas ab und sieht mit seinen blauen Augen auf mich herab. „Wollen wir was spielen?"
Lenny kommt einen Schritt auf mich zu.„Was spielen? Was meinst du?" Meine Stimme ist ziemlich unsicher und ich merke sofort, wie mein Kopf hochrot anläuft.
„Nun ja. Was spielen halt." Mittlerweile stehe ich mit dem Rücken an die Küchenschränke gelehnt. Lenny will mit mir spielen? Was ist, wenn er doch ein kranker Mensch ist, der zu viel 50 Shades of Grey geschaut hat?
Lenny beugt sich vor und streckt seinen Arm an mir vorbei aus. Ich trete einen Schritt zur Seite und sehe, wie er einen der Schränke öffnet, aus dem er ein Monopolyspiel zieht.
„Oh." Mein Gesicht errötet noch eine Nuance dunkler und ich muss bei meinen vorherigen Gedanken auflachen.
Verwirrt blickt Lenny mich an. „Was hast du denn gedacht?"
„Das sage ich jetzt lieber nicht."
-
Eine Stunde später liegen vor mir ein beachtlicher Geldhaufen und eine Menge Häuserkarten, während hingegen vor Lenny nur noch ein einziger mickriger Geldschein liegt. „Wir sollten um richtiges Geld spielen", lache ich und wische mir imaginären Staub von der Schulter.
„Lieber nicht." Lenny würfelt und zieht ein Feld weiter. Auffordernd halte ich ihm meine Hand hin. „Du willst mir doch jetzt nicht auch noch das allerletzte Hemd rauben oder?"
„Du stehst eindeutig in meiner Straße. Das macht dann 10000$, bitte." Ein Lächeln schiebt sich auf meine Lippen, als ich ihm den Schein, an welchen er sich klammert, aus der Hand schnappe und auf einen meiner fein säuberlich sortierten Stapel lege.
„Und du bist echt eiskalt. Ich fordere eine Revanche", sagt Lenny mit verschränkten Armen, als ich beginne mein Geld zu zählen.
Wie auf Kommando fängt plötzlich Teddy an zu schreien. Lenny und ich springen auf und laufen in das Elternschlafzimmer, in welchem wir ihn schlafen gelegt haben.
„Was ist mit ihm? Hat er Hunger?" Ein interessanter Geruch bahnt sich seinen Weg in meine Nase und ich weiche einen Schritt vom Kinderbett zurück.
Lenny grinst und klaubt das Baby aus dem Kinderbett. „Ich glaube ja wohl eher, dass hier jemand die Hosen voll hat." Ich unterdrücke einen Würgereiz und halte Lenny die Feuchttücher hin, als er vorsichtig den Kleinen auf einer Wickelunterlage auf das Bett legt und die Knöpfe des Stramplers öffnet. „Okay. Wir haben eine Alarmstufe rot. Wir bräuchten mal einen neuen Strampler für die Nacht, Ellie. Der hier ist nicht mehr zu gebrauchen. Kein Wunder, dass er so geschrien hat. Du warst ja viel zu sehr damit beschäftigt mir alles zu nehmen, was ich hatte."
„Ich überlasse dir das Kind", sage ich großzügig und nehme aus dem großen Schrank einen neuen kleinen Strampler heraus. Verdammt. Jetzt haben mich die O'Neills extra engagiert, damit ich auf die Kinder aufpasse und dann schaffe ich es nicht mal einem Baby die vollgemachte Windel zu wechseln. Stattdessen muss das Lennox King übernehmen, was mir im Nachhinein einfach nur peinlich ist.
„So fertig, Teddy. Siehst du? War doch gar nicht so schlimm." Mit einem Lächeln im Gesicht, das seinen Plakaten wirklich alle Ehre macht, hebt er Teddy hoch und legt ihn zurück in das Kinderbettchen, welches trotz des versauten Stramplers sauber geblieben ist.
Ich hebe die benutze Windel auf und gehe mit weit ausgestrecktem Arm auf den Mülleimer zu, wo ich sie hineinwerfe.
„Ellie? Lenny? Wo seid ihr?", höre ich Levias Stimme in der Lobby. Ihr Kopf kommt durch die angelehnte Schlafzimmertür und die Erleichterung ist ihr ins Gesicht geschrieben. „Gott sei Dank. Ich dachte schon, dass etwas passiert wäre. Vielen Dank, dass du hier aufgepasst hast, Ellie. Ohne dich wäre Lenny bestimmt nicht klar gekommen."
„Gar kein Problem Mrs O'Neill", sage ich lächelnd und werfe aus den Augenwinkeln einen Blick auf Lenny, welcher wissend grinst. Thomas kommt auch durch die Tür und schüttelt mir die Hand.
„Vielen, vielen Dank Ellie. Es war ein wunderschöner Abend."
Lennys Hand berührt mich leicht an der Schulter. „Ich bringe Ellie noch zur Tür." Dann schiebt er mich an den Beiden vorbei, zurück in die Lobby.
„Hier." An der Tür hält Lenny mir einen 500 Euro Schein vor das Gesicht.
„Ähm?" Geschockt über so viel Geld in nur einem einzigen Schein, bleibt mir glatt die Sprache weg.
„Nimm schon." Sein Blick ist eindringlich und als ich zögerlich die Hand ausstrecke, drückt er den Schein einfach hinein.
Mein Mund ist ganz trocken und ich muss erst einmal schlucke, bevor ich überhaupt ein krächzendes „Danke" herausbekomme. Ich drehe mich zur Tür und öffne sie, als er mich noch einmal am Handgelenk festhält.
„Ich habe zu danken."
Noch 14 Tage bis Weihnachten.
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Under The Mistletoe - Adventskalender 2019
RomanceDie kalten Wintertage haben begonnen, Mistelzweige hängen von den Türrahmen und die Luft ist erfüllt von Zimt. Die Weihnachtsstimmung ist aber nur für die Gäste des Hotels, denn die Jahrespraktikantin Ellie hat alle Hände voll zu tun diese in der Ad...