12. Dezember

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Die ganze Nacht hindurch habe ich kaum geschlafen. Mein Unterleib schmerzt und die Schmerztabletten, welche ich mir für diese Zeit im Monat angeschafft habe, sind längst aufgebraucht. Als ich morgens dann auch noch völlig fertig mit den Nerven fast angefangen hätte zu weinen, als mir mein Wasserglas auf den Boden gefallen ist, hat mich Madame Mercier dazu verdonnert, mit den anderen Zimmermädchen die Zimmer zu reinigen.

Da wir keine abreisenden Gäste mehr haben, werden alle Zimmer gereinigt, so lange die Gäste entweder beim Frühstück oder auf einem ihrer Ausflüge sind. Mit einer weißen Schürze und der typischen Zimmermädchenhaube schiebe ich den Putzwagen vor mir her. Der Job eines Zimmermädchens ist wirklich nicht zu unterschätzen und ziemlich anstrengend. Ich klopfe an Zimmer 65 an. „Zimmerservice."

Wenn keine Antwort kommt, ist meist keiner da, also öffne ich mit dem Generalschlüssel, welcher in der Bauchtasche der Schürze steckt, die Tür. Madame Mercier hat mich in meiner ersten Zeit hier, mit den Zimmermädchen Tara und Isabella jeden Tag die Zimmer putzen lassen. Und da die Beiden mich einfach nicht leiden können, haben sie sich einen Spaß daraus gemacht, dass nur ich die Zimmer reinige, während sie sich auf YouTube irgendwelche Videos angesehen haben. Dazu kam dann auch noch, dass sie immer etwas zu meckern hatten. Nicht, dass ich gegen hilfreiche Kritik bin, aber was die Beiden von sich gegeben haben, war echt nicht mehr normal. Heute bin ich wenigstens alleine unterwegs.

Mit dem Rücken schubse ich die Türe auf und ziehe den Putzwagen hinter mir her. „Na dann mal los", murmele ich mir selbst zur Ermutigung zu und muss fast selbst über mich lachen. 

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Fünf Stunden später bin ich an Zimmer 74 angekommen. Hier wohnt Mister Stuart, der Mann, welcher sich jeden Mittag einen schwarzen Kaffee ins Zimmer bringen lässt. Manchmal setzt er sich auch nach unten in die Bar, aber ich kann verstehen, dass er nicht so einsam und alleine dort sitzen will. Die meiste Zeit liest er irgendwelche Bücher über Klimawandel und die Natur, was vielleicht auch darauf zurückzuführen ist, dass er einmal Biologielehrer war. Wieder klopfe ich an. „Zimmerservice."

Mister Stuart öffnet mir nach ein paar Sekunden die Tür und sieht mich erleichtert an. „Ach du bist es Ellie. Ich dachte schon, dass es wieder eines dieser ungebildeten Zimmermädchen wäre, die nicht wissen, wie man Bücher richtig abstaubt. Komm doch rein, es stört mich nicht, wenn du hier bist." Sein grauer Anzug spannt ein über dem dicklichen Bauch und die rote Krawatte, welche er trägt, ist nicht ganz akkurat gebunden.

Das Zimmer riecht nach Pfeife, welche Mister Stuart sich genüsslich in den Mund steckt und mit einem in Leder gebundenes Buch auf dem Sofa Platz nimmt. Mit dem Wischmopp in der Hand betrete ich das Zimmer und schließe die Tür wieder hinter mir. Mister Stuart streicht sich über seinen akkuraten Ziegenbart und sieht mich über die schwarze Hornbrille hinweg an. Im Hintergrund laufen Weihnachtslieder und ich lächele über den kleinen Weihnachtsbaum, welcher auf dem Wohnzimmertisch steht.

„Hast du dich eigentlich schon einmal mit Mademoiselle Dupont unterhalten, Ellie?"

„Aber natürlich. Sie ist eine wunderbare Person, finden sie nicht?" Ich stelle den mit Wasser gefüllten Eimer auf den Boden und tunke den Wischmop einmal hinein, bevor ich ihn in dem dafür vorgesehenen Netz auswringe.

Mister Stuart nestelt ein wenig ungeschickt an seiner Krawatte herum und sieht mich verlegen an. „Naja, ich hatte leider noch keine Zeit mich richtig mit dieser Dame zu unterhalten. Sie sieht immer so beschäftigt aus und da möchte ich sie nicht stören."

Der nasse Mop fällt mir fast aus der Hand. Hat Mister Stuart sich etwa ein wenig in die liebe Mademoiselle Dupont verguckt? „Ich denke nicht, dass sie sich dadurch gestört fühlen würde, Mister Stuart. Vielleicht sollten sie sich einfach mal zu ihr setzen und ein Gespräch beginnen. Sie haben doch immer so gute Gesprächsthemen."

Under The Mistletoe - Adventskalender 2019Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt