Under The Mistletoe - Adventskalender 2019

24. Dezember

„So, jetzt musst du nur noch die Arme heben und dann sind wir fast fertig", sagt Mademoiselle Dupont und legt den roten Stoff über meine Taille, um dort aus dem dunkelroten Stoff eine kunstvolle Schleife zu binden. Der ganze Tüll, welcher meine Beine vollends bedeckt und die hängenden Off-shoulder-Ärmel, lassen mich so festlich aussehen, dass ich fast anfange zu weinen.

Es ist das erste Weihnachten ohne meine Familie und beste Freundin und auch wenn ich heute schon mit ihnen telefoniert habe und wir uns gegenseitig Bilder von unseren Weihnachtsbäumen geschickt haben, vermisse ich sie sehr. Das gemütliche Beisammensitzen, Kevin - Allein Zuhaus und das Essen, welches wir jedes Jahr an Weihnachten essen.

Kurz seufze ich auf und lasse meine Arme wieder sinken. Mademoiselle Dupont sieht mit einer Nadel im Mund auf und zieht fragend eine Augenbraue hoch. „Gefällt dir das Kleid nicht?"

„Doch, doch, natürlich gefällt mir das Kleid. Es ist wunderschön."

„Was ist es dann, Ellie? Ich merke dir an, dass etwas nicht stimmt."

Ich lächele ein wenig und streiche mir die Locken, welche Mademoiselle Dupont mit einem roten Band zurückgebunden hat, zurück. „Es ist nichts. Ich vermisse meine Familie nur ein wenig. Und Stella. Sie war die gute Seele im Haus und seit sie weg ist, muss ich alleine oder mit Madame Mercier an der Rezeption sitzen."

„Ach mein Kind", lacht Mademoiselle Dupont und zieht den letzten Teil des Reißverschlusses mit einem Ruck nach oben, sodass mir ganz kurz die Luft abgeschnürt wird. „Ich lebe seit meinem achtzehnten Lebensjahr alleine und ich habe immer neue Freunde gefunden, die mit mir das Weihnachtsfest verbringen. Und seit ich hier im Hotel bin und diese Menschen Teil meiner Familie geworden sind, komme ich jedes Jahr wieder hierher zurück. Genieße den Abend, auch wenn du ihn nicht mit dem hübschen Cafébesitzer teilst."

Es klopft zwei Mal laut an die Tür, welche nur angelehnt ist und Mister Stuart, gekleidet in einen modischen tannengrünen Anzug mit passender Krawatte, steckt den Kopf durch die Tür. „Guten Abend die Damen, ich wollte Estrella abholen kommen. Bist du fertig meine Hübsche?", fragt er und seine Augen blitzen Mademoiselle Dupont zu, welche ihm ein neckisches Grinsen zuwirft.

„Ich bin schon fertig. Kannst du mir noch gerade den Schuhkarton von da vorne reichen?", antwortet sie und zeigt mit dem ausgestreckten Arm auf den silbernen Karton auf dem Couchtisch, auf welchem nur noch ein leerer Teller mit ein paar Kekskrümeln steht.

„Natürlich." Mister Stuart kommt gänzlich durch die Tür und geht die paar Schritte bis zum Tisch, um Mademoiselle Dupont den Karton zu überreichen. „Hier, bitte sehr."

Mademoiselle Dupont nimmt den Schuhkarton entgegen und öffnet ihn mit einem geheimnisvollen Lächeln direkt vor meinem Gesicht. „Die hier", ein Glitzern kommt aus dem Karton, „sind für dich."

Sie hebt den Deckel gänzlich an und entpuppt ein paar gläserne High-heels mit silbernen Glitzerapplikationen in Sternenoptik. „Sind die echt?", flüstere ich mit weit aufgerissenen Augen und nehme vorsichtig einen der beiden Schuhe heraus. „Das kann ich doch nicht annehmen."

„Natürlich kannst du das. Ich habe die Schuhe gesehen, die du anziehen wolltest und das wird definitiv nicht zu meinem Kleid getragen, verstanden?", sagt sie ernst und drückt mir auch noch den anderen Schuh in die Hand. „Und du hast sogar Glück. Du verwandelst dich nicht an Mitternacht zurück. Du bleibst einfach so schön."

Vorsichtig hebe ich meinen Fuß an und schlüpfe in das kühle Glas des Schuhs. „Vielen Dank, Mademoiselle. Das ist wirklich das schönste Kleid, welches ich jemals getragen habe, ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Danke."

„Estrella?", fragt Mister Stuart und wirft einen kurzen Blick auf seine Uhr. „Ich denke wir müssen langsam nach unten gehen."

„Ich komme sofort", sagt sie und zupft mir noch einmal mit einem kritischen Blick, einzelne Strähnen über und unter das Haarband. Zufrieden lächelt sie mich an und nickt anerkennend. „Du siehst perfekt aus. Da habe ich doch mal wieder eine Meisterarbeit hingelegt."