Under The Mistletoe - Adventskalender 2019

11. Dezember

Zurück in meinem Zimmer muss ich mich erst einmal setzen. Die komplette Situation mit Lenny hat mich ein wenig aufgewühlt, auch wenn ich keine Ahnung habe, warum.

Das Vibrieren meines Handys reißt mich aus den Gedanken und ich sehe auf den schwach leuchtenden Bildschirm.

Ein verpasster Anruf von Jonas.

Mit leicht zittrigen Fingern drücke ich auf Rückruf. Irgendwie habe ich überhaupt keine Lust mit ihm zu reden. Einfach, weil mein Tag so lange war und ich nicht will, dass er mich noch einmal einlädt. Nicht, dass ich mich nicht mit ihm treffen will, sondern weil ich ihm einfach nur eine Nachricht als Absage habe zukommen lassen. Ich lasse es einmal aufklingeln und lege dann auf.

„Vielleicht schläft er ja schon?", murmele ich meinem Handy zu, so als Ausrede für mich selbst. Ich ziehe meine Knie an und stütze mein Kinn darauf. Meine beste Freundin hat mir eine Sprachnachricht geschickt, welche ich sofort abspiele. Wir haben lange nicht miteinander geschrieben, da ihre Ausbildung, welche sie sofort nach der Schule beginnen konnte, viel Zeit von ihr fordert. Durch die Stille des Hotels klingt ihre Stimme sehr laut und ich mache sofort den Ton leiser.

„Hallo mein Sonnenschein, lang nichts gehört. Wie geht es dir? Was macht das Hotel? Hast du endlich etwas mit dem süßen Cafébesitzer angefangen oder muss ich meine letzten Urlaubstage zusammenkratzen und euch beide verkuppeln? Am besten rufst du mich einfach an, damit ich deine Stimme auch nochmal hören kann. Ich vermisse dich." Dann folgt ein Schmatzgeräusch, was mich zum Grinsen bringt.

Ein kleiner Stich geht durch mein Herz. Meine beste Freundin kenne ich schon seit ich zwei Jahre alt bin und wir haben schon eine Menge miteinander erlebt. Sofort drücke ich auf Videoanruf und eine Sekunde später sehe ich auch schon ihr vertrautes Gesicht vor mir.

„Heeeeeeey", beginne ich und winke wie eine Verrückte vor der Kamera hin und her.

„Suuunshiiiine", kommt es zurück und sie kommt mit ihrem Gesicht näher an den Bildschirm. „Ist irgendwas passiert, wovon ich wissen müsste? Deine Wangen sind nämlich ganz rot."

Meine Hand schnellt an meine heißen Wangen und ich lächel verlegen. „Es ist nicht wirklich was spannendes passiert, du weißt ja. Rezeption, Madame Mercier und Babysitting mit Lennox King. Alles ganz normal."

„Warte. Was? Lennox King ist bei euch im Hotel? Ich glaube ich muss wirklich vorbeikommen. Hast du ihn schon persönlich getroffen? Hast du seine Familie getroffen oder ist er alleine da? Stop. Hat er eine Freundin dabei?"

Lachend halte ich einen Finger vor meine Lippen. „Beruhig dich doch mal und lass mich erzählen."

Ein Grinsen schleicht sich auf ihr Gesicht. Ihre blauen Augen blitzen mich an und ihre Haare, welche sie anscheinend wieder ein Stückchen kürzer hat schneiden lassen, lösen sich aus dem messy Dutt, den sie auf dem Kopf hat. „Macht er dem Cafébesitzer Konkurrenz?"

„Bist du verrückt? Hier im Hotel ist es verboten was mit den Gästen anzufangen, dass habe ich dir jetzt schon 100 Mal gesagt. Und nein, dem Cafébesitzer kann er gar keine Konkurrenz machen, da ich nichts von ihm will. Jonas und ich sind nur Freunde. Und ganz ehrlich. Er ist auch der einzige Freund hier, den ich habe."

„Oooh. Brauchst du eine Runde Mitleid? Du wolltest doch unbedingt weg von hier", kommt es sarkastisch zurück und ich verziehe meine Augen zu zwei Schlitzen.

„Du weißt genau, dass ich nicht mehr da bleiben wollte, wo alle sich einen Studienplatz gesichert haben und genau wissen, was mit ihrem Leben so ablaufen soll."

„Wenn du dich mal hingesetzt hättest und ein paar Tests gemacht hättest, wäre das für dich bestimmt nicht schwer gewesen."

Ich verdrehe die Augen. Eigentlich will ich gar nicht streiten, aber ich habe das Gefühl, dass sie es irgendwie darauf anlegt. Gleichzeitig sieht sie mich mit einem Hundeblick an. „Tut mir Leid, ich will keinen Streit."