14. Dezember

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„Dieser rote Lippenstift steht dir echt gut", sage Jonas, nachdem er mich ein paar Sekunden angesehen hat. „Sowas kennt man ja gar nicht von dir."

„Was soll das denn jetzt heißen?" Ich lache los und schubse seinen Arm von der Mittelkonsole.

Jonas startet den Motor und das Auto rollt langsam los, als er die Kupplung kommen lässt. Im Radio läuft Last Christmas von Wham!, was mir den Extraflair Weihnachtsstimmung gibt. „Das war überhaupt nicht negativ gemeint, das weißt du auch. Und jetzt gehen wir auf den Weihnachtsmarkt. Du warst noch nie auf dem Weihnachtsmarkt hier oder? Dieser hier ist sehr besonders."

„Ist nicht irgendwie jeder Weihnachtsmarkt besonders?", ich ziehe eine Augenbraue hoch und beobachte, wie die Scheibenwischer die kleinen Schneeflocken zusammenschieben und dann von der Windschutzscheibe drücken. Meine Hand fährt unauffällig zu meinen Lippen und ich tupfe den Lippenstift ein wenig ab, damit es nicht zu gewollt aussieht.

Jonas grüne Augen switchen zu mir und ich muss mich zusammenreißen den Kopf nicht schief zu legen, damit ich ihm noch länger und intensiver hineinstarren kann. Seine Augen haben eine unfassbare Anziehungskraft, welche mich so langsam darauf schließen lässt, warum er andauernd ein Mädchen mit nach Hause nehmen kann. „Unser Weihnachtsmarkt hat ein Riesenrad, Madame. Du bist ja kein bisschen informiert. Wie willst du den Gästen dann die perfekte Auskunft geben können?"

„Du bist richtig doof", scherze ich und ziehe meine Lippen zu einem Schmollmund.

„Und du siehst richtig süß aus, wenn du dich aufregst", kommt es zurück und er wendet seinen Kopf wieder nach vorne, um den Wagen über die Einfahrt, den Berg hinunter zu fahren. Jonas Profil hat eine perfekt geformte Nase und markante dunkle Augenbrauen.

„Süß?"

Ein Grinsen bildet sich auf seinen Lippen und entblößt seine perfekten weißen Zähne. Ich setze meinen Dein-Ernst-Blick auf. „Stört dich was daran? Bist du nicht gerne süß?"

„Kennst du irgendjemanden der gerne süß genannt wird? Wirkt das nicht immer so, als wäre diese Person einfach nicht in der Lage alleine klarzukommen und immer auf andere angewiesen?"

Die dicken Flocken legen sich wie eine weiche Decke auf die frisch geräumte Straße und begraben die Reifenspuren unter sich. Meine Hände sind trotz der warmen Heizung eiskalt und ich schiebe sie unter meine Beine auf den warmen Sitz. Von Jonas kommt keine Antwort, was ich darauf zurückführe, dass er nicht weiß was er dazu sagen soll. Mein Blick wandert von der Windschutzscheibe wieder zu ihm und ich merke, dass er mich anscheinend schon ein wenig angesehen hat. „Willst du nicht auf die Straße schauen?", frage ich und rücke meine warme Bommelmütze nochmal über meine Ohren.

„Ich finde, dass es voll das Kompliment ist, süß zu sein. Manche sagen ja auch, dass jemand Zucker ist. Zu viel Zuckerkonsum kann Veränderungen im Gehirn nach sich ziehen, so ähnlich wie bei Kokain. Zucker ist damit ja dann eigentlich eine stark suchterzeugende Droge." Seine grünen Augen sehen wieder nach vorne und ich lehne mich in den weichen Sitz zurück, um ein wenig entspannter zu wirken.

„Du siehst heute auch sehr gut aus", antworte ich und sehe dann die restliche Fahrt aus dem Fenster. Im Radio läuft mittlerweile ein anderes Weihnachtslied, welches ich nicht kenne. Trotzdessen summe ich leise mit und sehe die Lichter der Stadt immer näher auf uns zukommen.

Jonas parkt das Auto auf einem Parkplatz nahe des Weihnachtsmarktes und geht ein Parkticket ziehen. Ich schnalle mich ab und öffne die Tür, von welcher etwas Schnee auf mich herunterfällt. Der Himmel ist schon düster geworden und vom Weihnachtsmarkt dringt ein wunderbarer Duft in meine Nase. Der Schnee knirscht unter meinen Schneestiefeln und ich bin froh mich so dick eingepackt zu haben, da aufgrund der Kälte meine Hände und Nase jetzt schon fast eingefroren sind.

Under The Mistletoe - Adventskalender 2019Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt