16 - Sorge/M

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Ich stürme aus dem Raum und ignoriere das schlechte Gewissen, welches mich direkt plagt. Ich weiß einfach nicht mehr, was ich glauben soll. Man hat mich in den letzten Monaten sehr verletzt und der Gedanke daran, dass ausgerechnet Aiden dies auch vor hat, schmerzt mich zutiefst. Mir ist es plötzlich egal, ob Liam oder Abby mich am Boden zerstört sehen wollen. Alleine Aiden ist derjenige, der mich verletzen oder mir aufhelfen kann. Ich weiß gar nicht, wieso er so eine große Rolle in meinem Leben eingenommen hat. Ich kenne ihn erst wenige Tage. Trotzdem ist dieses Gefühl der Vertrautheit da und es lässt mich nicht los. Auch wenn ich es mit aller Kraft versuche.

„Hey, Mia. Warte mal." Ich blicke nach rechts und sehe das Mädchen, welches immer an der Seite von Aiden steht. Erst jetzt bemerke ich die Ähnlichkeiten zwischen ihr und Aiden. Sie sehen sich wirklich sehr ähnlich, nur das Aiden im Gegensatz zu ihr grüne Augen hat.

„Ja...?", frage ich in der Hoffnung, dass sie mir ihren Namen wieder verrät. Ich bin mir nämlich nicht sicher, ob er Sophie oder Sophia lautet.

„Sophie. Ich heiße Sophie." Sie lächelt mich schmerzverzerrend an und Schweißperlen bilden sich auf ihrer Stirn.

„Alles in Ordnung mit dir?", frage ich besorgt.

„Nein. Meinen Bruder Aiden geht es nicht gut." Aiden ist also ihr Bruder, doch diese Information ist es nicht, die mich wirklich interessiert. Es geht ihm schlecht?

„Vorhin ging es ihm noch gut. Ich habe vor wenigen Minuten mit ihm gesprochen." Meine Sorgen werden immer größer, wenn ich an unser Gespräch denke. Nachdem ich mich mit ihm gestritten habe, hatte er mich angesehen, als hätte er große Schmerzen. Ich habe das Gefühl, dass meine Worte ihn trafen. Das kann doch nicht wahr sein?

„Es geht ihm deinetwegen sehr schlecht."

„Meinetwegen? Ich habe ihm gar nichts getan."

„Hör mal, Mia. Du scheinst wirklich nett zu sein und hast auch wie ich gehört habe in letzter Zeit sehr viel durchgemacht." Sie atmet tief ein, ehe sie weiterspricht: „Aber du sollst dich von meinen Bruder fernhalten. Du tust ihm überhaupt nicht gut. Er ist ein gutherziger Mensch, der für jeden das Beste möchte. Er verdient das Beste und ich bin mir ziemlich sicher, dass du das nicht bist. Er trägt genug Verantwortung für seine Familie, da muss er sich auch nicht um etwas Gebrochenes wie dich kümmern. Also sage ich es dir einmal: Halte dich von Aiden fern. Ich will ihn nicht in deiner Nähe sehen. Verstanden?"

Ihre Worte schockieren mich und ich schnappe tief nach Luft. Ich schlucke meine Verzweiflung runter und nicke abwesend. Was soll ich auch darauf antworten? Aidens Schwester will mich nicht in seiner Nähe und irgendwie kann ich sie verstehen. Ich verdiene Aiden überhaupt nicht. Ich kann ihn nicht zusätzlich mit meinen Problemen belassen. Sophie hat Recht, ich werde mich wirklich von Aiden fernhalten. Selbst wenn er die Wahrheit gesagt hat und mich wirklich nicht als Wette angesehen hat. Es ist besser für alle wieder mein altes, einsames Leben aufzunehmen.

Der Tag vergeht heute wirklich quälend langsam. Aiden und seine Freunde habe ich heute gar nicht mehr zu Gesicht bekommen. Auch Liam und sein Anhängsel habe ich nicht gesehen. Was mich ziemlich wundert ist, dass Abby sich heute komplett von mir ferngehalten hat. Sie hat mir manchmal kurze Blicke zugeworfen, aber beließ es dabei.

Nach meinen Vorlesungen mache ich mich mit gesenkter Laune auf dem Weg zu meinem Auto. Es steht immer noch an derselben Stelle wie gestern. Schmerzlich erinnere ich mich daran, wie sorgenlos ich heute Morgen mit Aiden zur Schule gefahren bin. Kaum merklich schüttle ich meinen Kopf und fahre nach Hause. Meine nächste Prüfung findet in wenigen Tagen statt und ich habe kaum gelernt. Diese Prüfung werde ich mit Sicherheit nicht schaffen, das weiß ich schon jetzt.

(...)

Nach einigen Stunden beschließe ich nach draußen zu gehen und mich umzusehen. Meine Laune hat ihren absoluten Tiefpunkt erhalten und ich habe Hoffnung, dass ich heute wenigstens Aidy begegnen würde.

„Aidy?", rufe ich laut und blicke zum Wald. Einige Minuten warte ich, doch niemand erscheint. Er ist ein Wolf, vielleicht ist es auch besser so.
Als ich wieder ins Haus hineingehen möchte, höre ich hinter mir ein schmerzverzerrendes Winseln. Voller Sorge betrachte ich den weißen Wolf, der mit seinen letzten Kräften auf mich zu lauft. Er winselt und kann sich kaum mehr auf seinen Beinen halten. Ich bücke mich zu ihm und versuche irgendeine Wunde zu finden. Doch sein Fell ist makellos weiß.

„Was hast du? Du scheinst nicht verletzt zu sein." Er atmet sehr schwer und ich habe in diesem Moment einfach keine Ahnung, was ich machen soll. Ich bin mit dieser Situation einfach überfordert. Ich kann keinen Wolf zum Tierarzt bringen, wer weiß was die mit ihm dort anstellen.

„Glaubst du, du schaffst es nach oben ins Bett zu gehen? Wie gestern, weißt du noch?" Er sieht mich kurz an und nickt. Dass er mich wirklich versteht, schockiert mich jedes Mal.

Oben in meinem Bett legt er sich auf alle viere hin und beobachtet mich. Ich setze mich zu ihm und er legt direkt seinen riesigen Kopf auf meinen Schoß. Ich fange an ihn zu streicheln. „Was hast du Aidy? Ich hoffe, dass es dir morgen wieder besser geht. Ich weiß nicht, was ich für dich tun kann. Ich will dich nicht verlieren, ich brauche dich einfach an meiner Seite."

Die Lesenacht beginnt schon früher als geplant, ich werde aber nicht das nächste Kapitel in einer Stunde oder so posten. Sondern es werden alle Kapitel der Lesenacht direkt gepostet.
1/4 (Ja, es sind vier Teile geworden.)

Mögt ihr Sophie?

Was hat Aidy?

Die Wolfsgefährtin (Aiden & Mia)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt