v Rachel

1.6K 60 5
                                    

"Guten Tag, Ms Clarke", begrüßt mich Natalie, die junge Dame an der Rezeption von Harris & Partners.

Ich nicke ihr zu. "Sie haben ein gutes Gedächtnis", lobe ich. Es liegt zwei Wochen zurück, seitdem ich das letzte Mal hier war.

Sie errötet ein wenig.

Süß.

Sie führt mich zu der bekannten Räumlichkeit.

"Rachel." Adam erhebt sich von seinem Stuhl und kommt auf mich zu. Die obersten zwei Knöpfe seines weißen Hemdes sind geöffnet, so dass seine glatte, gebräunte Haut zum Vorschein tritt. Er hat die Ärmel hochgekrempelt. Beim Anblick seiner kräftigen Oberarme schlucke ich hörbar. Mit jedem Schritt, den er sich mir nähert, schlägt mein Puls schneller. Ich wage nicht, in seine Augen zu sehen. Ich befürchte, er würde das Gefühlschaos, das sich momentan in mir schlägt, erkennen.

Er bleibt nur wenige Zentimeter vor mir stehen. "Hi", sagt er sanft.

Meine Atemzüge geraten außer Takt, weil sein Aftershave mich umhüllt. Instinktiv weiche ich einen Schritt nach hinten und stoße prompt gegen die Tür.

"Bleib dort", schneide ich ihm das Wort ab, "drei große Schritte zurück."

Er zieht verwirrt die Augenbrauen hoch, gehorcht aber meiner Anweisung. Ich schließe kurz die Augen, um mein wild schlagenes Herz zu beruhigen.

"Alles okay?", fragt er amüsiert.

"Seit wann bist du so aufdringlich?" Ich durchquere den Raum und setze mich an dem großen Tisch, um den acht Stühle verteilt sind. Sein Büro fungiert sogar als Konferenzraum. Auch nett.

Er lacht leise und nimmt neben mir Platz. Nachdem ich mein Laptop und die Akten aus der Tasche hervorgeholt habe, beginne ich ohne weiteres, meine bisherigen Überlegungen darzulegen. Ich rede und rede, bis mir irgendwann auffällt, dass von Adam keinerlei Rückmeldung kommt. Er beobachtet mich nur still und schweigend. Sein Blick ist derart intensiv, dass ich Gänsehaut bekomme.

"Adam?", frage ich tentativ und fasse ihn leicht am Arm.

Falsche Entscheidung. Jetzt fühle ich seine harte Muskeln. Ich entziehe meine Hand sofort wieder.

"Hört sich gut an", sagt er, "der Fall ist sowieso eher dein Gebiet. Ich mache nur die Scheidungspapiere fertig und gut ist's."

"Atkinson's Ehefrau zum Unterschreiben zu bringen wird aber schwierig werden", entgegne ich skeptisch.

"Im Endeffekt wird sie das tun. Dafür werde ich sorgen." Er macht einen entschlossenen Ausdruck.

"Was hast du vor?", frage ich mehr interessiert als misstrauisch. Wir Rechtsanwälte wissen schon, was wir tun, also wird es schon nicht gegen das Gesetz verstoßen.

Er lächelt schelmisch. "Sagen wir mal so: Die Mrs Atkinson ist nicht so unschuldig und bemitleidenswert, wie sie vor gibt."

In seinem Tonfall schwingt ein gewisser Grad an Bedrohlichkeit mit, die mich frösteln lässt.

"Gott sei Dank sind wir nicht Gegner", entgegne ich. Ich hege die starke Vermutung, Adam würde skrupellos zu jedem erdenklichen Mittel greifen, um die andere Partei komplett fertig zu machen.

Er verschränkt die Arme vor der Brust und betrachtet mich interessiert: "Ach ja? Was sind wir dann?"

"Ähm." Ich greife etwas unbeholfen zu der Wasserflasche, die auf jedem Platz vorzufinden ist, und nehme hastig einen Schluck.

Meine Wange fängt an zu glühen unter seiner intensiven Inspektion.

"Hör auf, mich anzustarren, Adam", stammele ich.

warum nicht wir beideWo Geschichten leben. Entdecke jetzt