vii Rachel

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Seine Finger bohren tiefer in meine Taille. "Ist das nicht offensichtlich, Rachel?" Er drückt mich enger an sich, so dass ich seine Erektion gegen mein Hinterteil pressen spüre.

"Ich will dich vögeln."

Mir entfährt ein hysterisches Lachen. Ich habe ja schon vermutet, worauf er hinaus will. Aber ihn das laut aussprechen zu hören ist nochmal etwas anderes.

"Adam, was ist los mit dir? Bist du high?"

Er lacht. "Ja, von dir."

Ich starre ihn mit weit aufgerissenen Augen an. "Flirtest du etwa mit mir?"

Er nimmt seine Hand kurz von meiner Hüfte weg, um meine Nase anzustupsen. Anschließend legt er sie wieder auf meiner Hüfte. Es war nur ein flüchtiger Moment. Doch ich habe sofort die Wärme seiner Hand vermisst. "Gefällt dir das denn?"

Röte schießt mir ins Gesicht. "Ok, Adam. Das reicht." Ich unternehme den vergeblichen Versuch aufzustehen. Seine Arme sind wie Ketten aus Eisen.

"Möchtest du mit mir schlafen, Rachel?", fragt er sanft.

"Wir sind Freunde, Adam."

"Sicher. Nur nicht mehr platonisch."

"Und das schlussfolgerst du aus was? Heiterem Himmel?"

Er seufzt. "Jetzt stell dich nicht so dumm als du es in Wahrheit bist. Willst du behaupten, dass du die sexuelle Anziehung zwischen dir und mir nicht spürst. Das wäre Schwachsinn."

"Du weichst ständig meine Blicke aus und bist darauf ständig bedacht, einen möglichst großen Abstand zu mir zu halten. Das nennst du eine rein platonische Freundschaft?", drängt er.

"Vielleicht weil ich jemand so Herrischen wie dich einfach nicht mag?", protestiere ich lahm.

"Rachel, wenn du eine Person nicht magst, würdest du dir gar nicht die Mühe machen, Abstand herzustellen. Du würdest die Person wie Luft behandeln, direkt durch sie schauen, als wäre sie nicht existent", trifft er genau ins Schwarze. Und ich dachte, er würde mich nicht durchschauen.

"Kann ich es mir wenigstens überlegen?", gebe ich mich letztendlich geschlagen. Ich kann nachvollziehen, warum er zu den Besten seines Feldes gehört. Er hat einen unglaublich scharfen Sinn.

Er schüttelt lachend den Kopf. "Rachel Clarke, du treibst mich echt in den Wahnsinn. Keine Frau hat mir jemals gesagt, sie müsse es sich überlegen, ob sie Sex mit mir haben will."

"Ich bin auch keine Frau, die du zufällig an der Bar getroffen hast und mit nach Hause genommen hast. Ich bin eine Frau, die dich sowohl in guten als auch in alten Zeiten bereits ertragen musste und all deine Schwächen kennt."

"Naah, bist du dir da ganz sicher? Menschen verändern sich."

"Ja, das habe ich gemerkt. Insbesondere wenn die Veränderung in die negative Richtung fällt", kontere ich.

"Hast du mich etwa beleidigt, Rachel Clarke?"

"Das war eindeutig eine erwiesen wahre Tatsachenbehauptung." Ich schüttele den Kopf in gekünstelter Verhöhnung. "Tsss, ich kann's nicht glauben, dass du das nicht erkannt hast, Adam Harris."

"Provoziere mich nicht, Rachel", knurrt er, "nicht, wenn du die Konsequenzen nicht kennst."

Die Spannung, die für kurze Zeit verflogen ist, lädt sich schlagartig wieder auf.

Ich springe von seinem Schoß auf, was er diesmal zum Glück zulässt, und haste zur Haustür. Ich schnappe mir meine Tasche von der Kommode und zwänge mich in meine schwarzen Stilettos.

"Dachte, du brauchst bisschen Raum, also habe ich ein Taxi gerufen." Er hat sich mit verschränkten Armen an der Wand gelehnt. Ein kleines Lächeln ziert seinen Mund.

"Das ist das einzig Vernünftige von allen, was du den ganzen Abend getan hast", scherze ich halb.

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In der folgenden Woche habe ich eine Besprechung nach der anderen. Wenn ich nicht gerade in einer Besprechung bin, dann muss ich mich durch zig-Akten kämpfen. Kurz um: Ich hatte eine gute Ausrede, nicht an Adam zu denken.

Ich habe Leo versprochen, mit ihm am Freitag ins Aquarium zu gehen. Nachdem ich ihn aus dem Kindergarten abgeholt habe, machen wir uns auf dem Weg. Ich war vorher noch schnell zu Hause und habe meine Bluse und meinen Bleistiftrock gegen ein T-Shirt und ein paar Skinny-Jeans ausgetauscht; außerdem meine zehn Zentimeter hohen Stilettos - ich würde mir die Füße ruinieren, wenn ich damit drei Stunden lang einem Kind hinterrenne, das dazu tendiert, bei jeder Kleinigkeit vor Begeisterung auf und ab zu hüpfen.

Leo zählt mit seinen kurzen blonden Haaren und pummeligem runden Gesicht zu dem süßesten Kind, das mir je über den Weg gelaufen ist.

Ich kaufe mir ein Ticket - für ihn ist der Eintritt kostenlos - und sobald wir im drin sind, rennt Leo davon. O je, schießt mir durch den Kopf. Ich habe mich gestern spät abends gezwungen, ins Fitnessstudio zu gehen, weil die Verspannung in meinen Schultern mich langsam echt zu schaffen macht. Zwar ist danach die Verspannung verflogen, nun leide ich aber an Muskelkater. Na super. 

Wir sehen uns verschiedene Meerestiere an. Leo zeigt sich mehr als begeistert. Schließlich lassen wir uns auf einer Bank nieder. Ich reiche ihm eine kleine Flasche Orangensaft, den ich mitgebracht habe. "Hast du Hunger?", frage ich.

Leo schüttelt den Kopf. "Ich möchte so gern mit den Tieren zusammen schwimmen", sagt er verträumt.

"Dann müsstest du tauchen lernen und eventuell Meeresbiologe werden."

"Was ist ein Meeresbiologe?"

"Jemand, der guckt, was so im Meer los ist", erkläre ich stark vereinfacht.

Leo hüpft von der Bank. "Dann will ich Meeresbiologe werden!"

Ich lache. "Was ist dann mit Feuerwehrmann? Das wolltest du letztes Mal werden."

Er macht ein grüblerisches Gesicht. "Kann ich nicht beides werden?"

"Klar doch, wenn du's schaffst." Ich tätschele ihm liebevoll den Kopf.

Er grinst breit und nimmt meine Hand. "Komm. Wir müssen weiter."

Zeit mit Leo zu verbringen erweist sich immer wieder als wohltuend. Wir bleiben für zwei Stunden im Aquarium. Anschließend setze ich ihn zu Hause ab. Claire besteht darauf, dass ich zum Essen bleibe, also bleibe ich. Es gibt eine Gemüse-Hähnchen-Pfanne mit Reis.

"Wirklich köstlich", lobe ich.

Claire schenkt mir ein Lächeln. Sie macht einen erschöpften Eindruck.

"Alles in Ordnung?" frage ich besorgt.

"Ach", winkt sie ab, "hab nur viel zu tun und mein Papas Zustand hat sich erneut verschlechtert. Die Ärzte befürchten, ihm bleibt nicht mehr viel Zeit übrig."

"Scheiße, Claire." Ich drücke ihren Arm tröstend.

Sie lächelt gezwungen. "Herzprobleme sind eben schwer zu behandeln. Ich habe mich schon seit Jahren darauf vorbereitet, insofern hat es mich nicht gravierend getroffen."

"Ach, Süße." Ich gehe zu ihr rüber und umarme sie. Ich streiche ihr sanft über den Rücken. "Wenn du jemanden brauchst: Ich bin hier, ok?"

Sie schnieft. "Danke, Rachel."


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Ich hoffe, euch gefällt das Kapitel! 

warum nicht wir beideWo Geschichten leben. Entdecke jetzt