49 ~ You're My Wonderwall

294 33 1
                                    

~ Doch das Leben war nun einmal nicht mein Drehbuch, sondern das Werk meiner Entscheidungen. ~

* Domen *

Hieß es nicht, dass man sich besser fühlen würde, wenn man seine Gefühle aussprechen würde? Sollte man sich nicht leichter fühlen, wenn man über das sprach, was in einem vorging? Scheinbar völliger Unsinn, denn es fühlte sich eher so an als hätte ich mich an den Worten, die meinen Mund verlassen hatten geschnitten wie an Scherben. Meine Zunge brannte und ich schluckte alle Wörter hinunter, die ich hatte noch sagen wollen. Ich konnte Lana einfach nicht die Wahrheit sagen und wünschte ich könnte meine Worte zurückholen. Doch wie es nun einmal mit dem gesprochenen Wort war, so ließ es sich nicht zurücknehmen, wenn es den Mund verlassen hatte.
Ich sollte gehen. Ich sollte noch in dieser Sekunde gehen, doch ich konnte nicht. Meine Beine bewegten sich nicht, so sehr ich es auch wollte, nichts geschah. Stattdessen blickte mich Lana völlig verwirrt an, dass ich beinahe loslachen musste. Hatte sie denn wirklich nicht geahnt, dass sie mir den Kopf verdreht hatte?

"Domen, ich vestehe absolut garnichts mehr.", seufzte Lana, welche noch immer nur wenige Zentimeter entfernt von mir stand. Nun musste ich mich entscheiden, denn ich wusste, wenn ich jetzt gehen würde, würde ich sie verlieren. Ich hatte keine Ahnung, was ich ihr sagen sollte und noch weniger hatte ich noch die Kraft dazu. Ich war einfach müde von allem. Ein Windzug brachte mich zum Frösteln und beinahe spürte ich, wie er die letzten Teile von mir mit sich nahm. Manchmal sah ich, wie Menschen bei bestimmten Wörtern oder Situationen brachen, doch es zu spüren war etwas ganz anderes. Es kam mir vor als würde ich in mir selbst ertrinken. Ein Tsunami der mich in seine Tiefen zog. Meine Schatten holten mich ein und nagten an mir, bis nichts mehr übrig blieb. Es hieß, dort wo Schatten war, schien auch Licht. Doch in mir herrschte völlige Dunkelheit.

"Denk bloß nicht daran, jetzt wieder ein Arschloch zu sein. Du kannst nicht vorgeben jemand zu sein, der du nicht bist.", sprach sie und ich nickte, denn sie hatte Recht.
"Ich will das alles nicht mehr, Lana.", seufzte ich und konnte nicht anders als ihr eine lose Haarsträhne hinter das Ohr zu streichen. Ein sanftes Lächeln umspielte ihre Lippen als sie erneut sprach "Wir kriegen das hin.", meinte sie und ich schüttelte den Kopf.
Manchmal war es zu spät für Gelegenheiten. Man konnte die Wogen der Vergangenheit nicht glätten. Ich konnte meine Fehler nicht mehr wegradieren oder rückgängig machen. Es gab keine Chance mehr, egal wie sehr Lana daran glaubte. Es war zu viel geschehen und ich hatte so viele Menschen verletzt. Ich hatte mich abgeschottet und meine Worte hatten sie nie verfehlt, ich hatte stets getroffen.

"Vielleicht musst du all die alten Wunden aufreißen, um ihnen die Chance zu geben zu verheilen.", holte Lana mich aus meinen Gedanken. Sie hatte mich keine Sekunde aus den Augen gelassen und einige Sekunden starrte ich sie einfach an. Ich dachte über ihre Worte nach, doch meine Gedanken sprachen nicht mehr meine Sprache, sondern rauschten im wilden Flüstern an mir vorbei. Beinahe hätte ich meine Hände an meine Ohren gepresst, doch ich wusste, dass es nicht aufhören würde. Das Chaos würde niemals zum Stillstand kommen, stattdessen übermahnte es mich. Doch, wenn ich in ihre Augen sah, beruhigte sich mein Kopf.

"Ich bin nicht mehr der, für den du mich hältst, Lana.", flüsterte ich und sie legte ihre Hände auf meine Schultern ab.
"Doch Domen, genau der bist du. Du bist der Bruder, der sich um seine Familie sorgt und diese beschützt. Du bist der Sohn, der seine Eltern stolz macht. Und du bist der Freund, der sich um alle sorgt. Ich werde nicht das Monster in dir sehen, welches du zu sein glaubst, Domen. ", ich lächelte bei ihren Worten. Nach allem, was ich ihr angetan hatte war sie niemals von meiner Seite gewichen.
"Denn das bist du nicht, Domen. Vielleicht bist du vom richtigen Weg abgekommen und hast dich dabei verloren, aber ich kann dich leiten, wenn du mich lässt.", flüsterte sie.
"Du bist kein Arschloch, Domen Prevc. Du bist der liebevollste, aufmerksamste, sensibelste, sorgsamste, selbstloseste und..", ich unterbrach sie in dem ich sie in eine Umarmung zog. Völlig perplex erwiderte sie diese und strich mir über den Rücken.

"Ich liebe dich.", nuschelte ich kaum hörbar gegen ihr Haar, doch ich wusste, dass sie es verstanden hatte. Ihre Hand stoppte an meinem Rücken und einen Moment lang hatte ich Angst, alles versaut zu haben. Sie löste sich von mir und sah mich so erstaunt an, dass ich schmunzn musste.
"Was hast du da gerade gesagt?", fragte sie in einem Ton, den ich nicht deuten konnte. Noch konnte ich alles retten, doch stattdessen wiederholte ich meine Worte.
"Ich liebe dich, Lana.", meinte ich etwas lauter und zitterte dabei.
"Das habe ich schon immer.", fügte ich hinzu und Lana lächelte, ehe sie mich umarmte. "Ich liebe dich doch auch", flüsterte sie. Und während ich in ihren Armen lag fühlte es sich so an, als würden alle Wunden aufreißen. Gleichzeitig fühlte es sich so an, als würde endlich wieder Licht meinen Körper erfüllen und ihn zum Leben erwecken. Der Nebel löste sich auf und der Sturm in meinem Kopf wurde leiser. Es gab Medizin, die Menschen half und Therapien. Doch meine Medizin war sie. Und zwischen allem, was geschehen war, war sie gleichzeitig mein Wunder. Vielleicht auch die Wunderkerze, welche mir von nun an den Weg leuchtete.

Zum ersten Mal seit langer Zeit war ich glücklich und schob die Zweifel aus diesem Grund ganz weit weg. Ich würde nicht mehr weglaufen, sondern versuchen alles zu retten, was noch möglich war. Egal, wie schwer es werden würde. Es war als wäre endlich der Funken übergesprungen und vielleicht hatte Lana mir auch etwas von ihrem Licht geschenkt. Dennoch wusste ich, dass ich ihr nun alles erklären musste.
Doch vorher hob ich sie hoch und drehte mich um meine eigene Achse, ehe ich meine Lippen noch einmal auf ihre drückte.
"Ich denke wir brauchen Burger, Eistee und eine Decke.", meinte ich und zuckte mit den Schultern.

Ich hatte gewusst, dass Menschen zerbrechen konnten. Hatte gesehen, wie Menschen von Leid übermahnt wurden. Doch unter all den Verletzungen zusammenzubrechen war eine ganz andere Liga. Ich wusste, dass Menschen einander reparieren konnten, doch ich hatte nicht geahnt wie schwer dieser Weg werden würde. Hätte ich gewusst, wie das alles weiterging hätte ich den heutigen Tag gestrichen, doch das Leben war nun einmal nicht mein Drehbuch, sondern das Werk meiner Entscheidungen.

Don't Let Me Down • {Domen Prevc}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt