~ Im Laufe der Jahre hatte ich gelernt, dass man Schmerz mehr als fühlen konnte. Man konnte ihn förmlich hören und sehen, denn er war Teil von einem selbst geworden. ~
* Lana *
Es war später Herbst und ich hatte mich kurzer Hand zu einem Spaziergang entschlossen, denn ich musste unbedingt meinen Kopf frei bekommen. Ich genoss die Ruhe und lauschte dem Vogelgezwitscher. Die Sonne schien zwischen den Bäumen hervor und begann allmählich unterzugehen. Hin und wieder begegnete ich einigen Bewohnern aus dem Dorf, welche ich freundlich grüßte.
"Ach Lana, das ist aber lange her, dass wir dich gesehen haben.", fügte eine alte Dame hinzu und mir wurde klar, wie lange ich keinen Schritt in das Dorf gewagt hatte. Seitdem ich mich mit Domen gestritten hatte, wagte ich mich kaum noch heraus, denn ich wollte nicht darauf angesprochen werden. Es war Jahre her, dass ich die Straße dem Waldweg vorzog. Doch heute hatte ich das gebraucht.
Natürlich hatte ich den Weg nicht grundlos gewählt, denn ich konnte mich nicht ewig verstecken. Außerdem kannte ich den Wald nun in und auswendig. Ich betrachtete die Häuser und die kleinen Läden. Das Treiben auf dem Sportplatz und....war das Cene? Tatsächlich war er mit auf dem Platz und sah mir geradewegs in das Gesicht."Willst du noch mehr kaputt machen?", fuhr er mich an. Ich war erstaunt über die Härte seines jungen Gesichts. Er schien voller Hass und ich wusste, dass dieser aus ihm sprach. Er war verzweifelt und ließ sich davon leiten, so viel wusste ich von Peter. Trotzdem schmerzten seine Worte.
"Du bist Schuld an allem. Du hast meine Familie zerstört...du...bist so erbärmlich.", schrie er auf mich ein.
"Cene, hör auf.", hörte ich plötzlich Dares Stimme. Cene sprach weiter, doch seine Worte erreichten mich nicht mehr. Ich sah wie er schrie und sich gegen seinen Vater wehrte, doch ich hörte nichts mehr. Stattdessen begann ich zu rennen als ginge es um mein Leben. Ich rannte so weit, wie mich meine Beine trugen. Vorbei an den Häusern und Einrichtungen. Vorbei an Domens Zuhause und durch den Wald. Dort ließ ich mich nieder und begann zu weinen.Seit Monaten sehnte ich mich nach Stille in meinem Kopf, doch er war so laut, dass ich nichts mehr hörte. Wie ein Gewitter donnerte es in meinem Kopf so laut, dass ich meine Gedanken kaum noch hören konnte. Es herrschte Chaos und es trieb mich in den Wahnsinn. Mit Domen hatte ich alles aussprechen können, was in meinem Kopf herumspukte, doch nun staute sich dort alles seit Jahren an. Ich hörte mich selbst nicht mehr. Manchmal raubten mir meine Gedanken den Schlaf, obwohl ich sie nicht mehr verstehen konnte. Sie schienen mir so fremd geworden zu sein. Nur Domen hatte es geschafft Ordnung in das Chaos zu bringen, er hatte meinen Kopf zum Schweigen gebracht. Natürlich war er nicht der Sonnenschein, doch er bewahrte mich wie ein Regenschirm. Wie konnte eine einzelne Person ein Leben so schlagartig verändern? Ich wusste, wie sehr diese Familie litt und es war lächerlich zu weinen. Warum konnte nicht alles so sein wie früher?
Immer wieder sah ich Cenes Gesicht vor mir und es hatte den selben Ausdruck wie Domens."Ich hasse dich, Lana."
"Du bist so erbärmlich."
"Ich brauche dich nicht!"Ich hielt mir die Ohren zu, denn ich wollte mich nicht an die Worte erinnern, die Domen mir vor Jahren zugerufen hatte. Doch sie fanden sich immer wieder zurück und stürmten von Zeit zu Zeit wie Wellen auf mich ein. Sie ließen mir keine Ruhe, er ließ mir keine Ruhe. Am liebsten hätte ich geschrien, so laut, dass ich somit meinen Schmerz übertönte. Im Laufe der Jahre hatte ich gelernt, dass man Schmerz mehr als fühlen konnte. Man konnte ihn förmlich hören und sehen, denn er war Teil von einem selbst geworden. Ich sah ihn quasi jeden Morgen im Spiegel und er war mir ein treuer Begleiter wie mein eigener Schatten geworden.
"Der Ort ist immer der selbe, aber das Plätschern des Wassers an den Steinen klingt immer anders. Menschen sehen gleich aus, doch verändern sich unbemerkbar. Doch dieser Ort und das hier und Jetzt gehört für immer uns."
Wie so oft schlugen Domens Worte wie ein plötzlicher Regenschauer auf mich ein. Die Erinnerungen und seine Worte hatten sich mit der Zeit in meinen Kopf gebrannt und traten zum Vorschein, wenn ich mich verloren fühlte. Denn immer dann war Domen für mich da gewesen, denn nur bei ihm konnten ich alle Masken fallen lassen. Ich wollte nicht mehr weinen, doch seitdem Domen und ich getrennte Wege gingen, wusste ich nicht mehr, wer ich war. Und genau davor hatte ich immer große Angst gehabt.
"Du bist du selbst und das wirst du immer sein, das kann dir niemand nehmen außer du dir selbst. Manchmal ergänzen Menschen sich, aber niemals verschmelzen sie zueinander. Sollten wir uns jemals verlieren, bist du immernoch du, Lana." War einer der Sätze, den Domen mir gepredigt hatte. Ich streckte vorsichtig meine Hand nach dem Wasser aus als ich ein Knacken hinter mir wahrnahm. Langsam drehte ich mich um, doch ich konnte nichts erkennen. Es war bereits etwas dunkler geworden, nur die kleine Laterne, die wir einst gebaut hatten, spendete etwas Licht an meinem Sitzplatz. Obwohl mir etwas unbehaglich zumute war, blieb ich sitzen. Zuhause würde mir ohnehin die Decke auf den Kopf fallen, das wusste ich. Vielleicht hätte ich Alex, Mark oder Flora fragen können, ob wir feiern gehen wollten, doch danach war mir absolut nicht zumute. Im Gegenteil. Aber vielleicht war es das, was ich brauchte. Etwas Alkohol, der meine Sinne betäubte und laute Musik, die meine Gedanken übertönte. Seufzend beschloss ich meine Freunde am morgigen Tag danach zu fragen, denn ich sehnte mich furchtbar nach Stille in meinem Kopf.
Schritte näherten sich und eine Gänsehaut überzog meinen Körper. Ich redete mir ein, dass ich mir das Knistern der Äste einbildete.
"Während die einen im Licht sind, stehen die anderen im Schatten. Um man siehet die im Lichte, die im Schatten sieht man nicht.", drang es an mein Ohr und mit einem Mal vermisste ich die Rätsel in denen Domen sprach. Ich hatte geglaubt alles wäre beim Alten, wenn er zurückkehrte, doch ich hatte mich getäuscht.Und dann erkannte ich seine Facette im schwachen Licht und vergaß beinahe, wie man atmete. Ich öffnete meinen Mund, doch statt zu sprechen starrte ich ihn einfach nur an.
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Don't Let Me Down • {Domen Prevc}
Fanfic"Domen du kannst nicht vorgeben etwas zu sein, was du nicht bist." lächelte Lana mit gläsernen Augen. Er nickte seufzend "Ich will das nicht." sagte Domen mit zitternder Stimme und sie nahm in in den Arm. "Manchmal kommt es anders als erwartet." spr...