54 ~ Back To The Roots

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~ Du bist mir ein Rätsel geworden, das ich nicht mehr lösen kann. ~

* Domen *

"Gib ihm Zeit.", seufzte Peter und starrte Cene hinterher.
"Es ist schön, dass du wieder da bist.", schob er hinterher und klopfte mir auf die Schulter. Nun erhob sich auch mein Vater und zog mich in eine kurze Umarmung.
"Wilkommen zurück.", lächelte er sanft. Mittlerweile saßen alle im Wohnzimmer und starrten mich an wie einen Außerirdischen. Und vielleicht war ich das geworden. Ein Fremdkörper, welcher nicht mehr in diese Familie passte. Die Stimmung war angespannt, doch ich würde nicht noch einmal wegrennen und ihnen die Herzen nacheinander brechen. Ich hatte so viel kaputt gemacht.
"Wir haben uns solche Sorgen gemacht.", brachte meine Mutter vorsichtig hervor. Sie sprach so sanft, dass man glauben könnte, sie hätte Angst. Sie fürchtete sich davor, dass sie mit einem falschen Wort eine Lawine auslösen würde, die mich ertränkte. Und vielleicht hatte sie damit Recht.
"Du bist gestern so wütend verschwunden, dass wir...", sie setzte den Satz nicht fort und ein Blick in Peters Gesicht gab mir die Bestätigung in meiner Vermutung. Sie hatten wirklich geglaubt, ich würde mein Leben beenden. Erst jetzt wurde mir klar, was ich angerichtet hatte.

" Ich...", ich dachte kurz nach, ehe ich seufzte "Ich war bei Lana.", gab ich zu und der Blick meiner Mutter wurde sanfter.
"Bei Lana?", fragte mein Vater nun irritiert und ich nickte.
"Ja... äh. ..sie hat mich quasi aufgefangen als ich gefallen bin.", gab ich viel zu ehrlich von mir. Peter legte mir bestätigend die Hand auf die Schulter. Meine Mutter starrte mich entsetzt an und ich begriff, dass ich eine sehr unangebrachte Redewendung genutzt hatte.
"Ich wollte mich nicht umbringen.", gab ich von mir, aber überzeugte damit nicht einmal mich selbst. Zwar war ich ohne Ziel an die Abgründe mit dem Ausblick gefahren, aber als ich dort stand, kam mir der Gedanke, wie leicht es wäre, wenn ich einfach aufhören würde. Meine Mutter blickte mich zweifelnd an, doch sie beließ es dabei. Es war nicht mein Plan gewesen, sondern nut ein Gedanke, der mir in diesem Moment gekommen war.

"Was ist mit deinen Arm passiert?", fragte sie stattdessen und ich biss mir ertappt auf die Lippe. Ein winziges Lächeln schlich sich auf Peters Lippen als ich nur auf mein Zimmer deutete.
"Versprich mir, dass du nie wieder verschwindest, Domen.", verlangte meine Mutter verzweifelt und ich nickte "Ich verspreche es.", sagte ich aufrichtig und Nika stand wütend auf.

"Weißt du, was du noch versprochen hast?", schnaubte sie und stampfte mit dem Fuß auf.
"Du hast mir versprochen, dass du mir das Fliegen beibringst. Erinnerst du dich?!", schimpfte sie und ein Kloß bildete sich in meinem Hals. Ich konnte den hasserfüllten Blick meiner Schwester nicht ertragen.
"Natürlich.", sagte ich nur und sie sah mich enttäuscht an.
"Du hast es gebrochen, Domen.", schrie sie und begann zu weinen, während sie die Treppe hocheilte.
"Ich mach das schon.", besänftigte mich Peter und rannte meiner Schwester nach. Ich hatte wirklich alles vermasselt. Ich griff mir an den Kopf und eilte zur Tür. Meine Mutter sah mich panisch an und ich seufzte. Sie hatte jegliches Vertrauen in mich verloren.

"Ich brauche nur... ein wenig Luft.", seufzte ich und schloss die Tür hinter mir. Meine Eltern hatten durch mich einen Teil on jedem ihrer Kinder verloren und ich war schuld daran.
"Domen?", hörte ich irgendwann die Stimme meines großen Bruders hinter mir.
"Lauf nicht weg.", sagte er sanft und so blieb ich stehen.
"Sie müssen sich erst daran gewöhnen, Domi. Die Situation war schwierig für uns alle.", seufzte er und ich nickte.
"Du warst zwar da, aber trotzdem fort. Wir waren dir nah, aber du warst uns so unglaublich fern. Wir waren kein Teil mehr deines Lebens. Du hast jedem hier gefehlt.", fuhr er fort und ich konnte erneut nur nicken.
"Das wird schon wieder.", munterte er mich auf. Ich seufzte, denn daran glaubte ich nicht so recht.
"Ich werde gleich Mija abholen.", sagte er mit diesem sanften Lächeln, wann immer er über seine Freundin sprach.
"Ist das Baby schon da?", fragte ich und das schlechte Gewissen meldete sich erneut. Peter nickte. Ich hatte also die Geburt meines Neffen verpasst!
"Schon seit einem Monate. Milan freut sich sicher sehr, seinen Onkel kennenzulernen.", lächelte er und deutete auf seinen Wagen.
"Was ist? Kommst du mit?", fragte er und ich nickte überrascht.
"Wenn du mich dabei haben willst.", flüsterte ich und Peter legte eine Hand auf meine Schulter.
"Domen. Du bist mein Bruder und mein Freund. Ich will dich immer dabei haben.", sprach er ehrlich und öffnete den Wagen.

Peter behandelte mich so, als wäre nie etwas geschehen. Als wäre ich kein Arschloch gewesen. Aber das war ich nun einmal und ich wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte. 
Ich hatte Mija schon seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen, aber ich musste eben für das, was ich getan hatte gerade stehen.
"Erkläre ihnen, warum du so warst, wie du warst. Sie werden es verstehen, Domen.", sagte mein Bruder während der Fahrt.
"Das kann ich nicht.", flüsterte ich. Peter lächelte.
"Erstaunlicherweise waren genau das deine Worte als du das erste mal auf Skiern standest. Und jetzt fliegst du besser als ich.", meine Mundwinkel zogen sich nach oben. Ich vermisste die Schanze und das Gefühl der Schwerelosigkeit. Mir fehlte mein Team und die vielen Reisen. Ich musste unbedingt mit meinem Trainer sprechen.

"Glaubst du, Gorazd nimmt mich zurück ins Team? ", fragte ich kleinlaut und in Peters Blick lag Überraschung.
"Meinst du, das ist momentan das Richtige?", fragte er vorsichtig und ich nickte.
"Ich brauche Bretter unter den Füßen und den Wind der mir um die Ohren pfeift. Ich brauche die Schwerelosigkeit und Freiheit zurück. Ich brauche das Adrenalin und..", Peter lachte "Schon gut, ich habe es verstanden. Er wird dir auf jeden Fall eine Ansage halten.", meinte er und ich nickte.
"Nicht nur eine.", murmelte ich und Peter lachte auf.

"Du bist mir ein Rätsel geworden, das ich nicht mehr lösen kann. Früher waren wir unzertrennlich Domen. Was ist seitdem passiert? ", seufzte Peter nach einiger Zeit, aber erwartete keine Antwort.
"Wir hatten gehofft, dass du wiederkommst, aber nach drei Jahren haben wir wohl alle den Glauben daran verloren. Und dann stehst du wie ein Wunder plötzlich im Haus.", sprach er und ich wusste, dass er genau so überfordert war, wie ich. Und ich wusste, dass er wusste, dass das Wunder einen Namen trug.
"Es ist schön, seinen kleinen Bruder wieder zu haben.", er streckte die Hand aus und wuschelte mir durch das Haar, wie er es früher immer getan hatte um mich zu ärgern.

Ich war so lange nicht mehr bei Peter zuhause, dass ich mich kaum an sein Haus erinnerte. Es stand auf der anderen Seite von Kranj auf einer ruhigen Straße umgeben von Feldern. Mija trat aus der Tür und hatte den kleinen Milan auf dem Arm. Peter und ich stiegen aus dem Auto und nachdem Mija ihren Freund begrüßte, sah sie mich entsetzt an.

"Domen?!", fragte sie mehr zu sich selbst und ich hob meine Hand zur Bestätigung. "Du bist wieder da.", lächelte sie zufrieden "Guck mal, Milan. Das ist Onkel Domen." stellte sie vor und Milan grinste breit. Er sah wirklich aus wie ein kleiner Peter. Ich machte mich auf den Weg meinen Neffen zu begrüßen und strich ihm über die weiche Hand.
"Hi Milan."

Don't Let Me Down • {Domen Prevc}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt