Grundsätzlich hatte ich etwas gegen Vorurteile, aber bei Jax' Auftreten konnte auch ich zuerst nur den Kopf schütteln. Er hing wirklich wie ein nasser Sack vorne an der Tafel, sodass man sich fragte, wie er sich überhaupt auf den Beinen hielt. Er hatte tiefe Augenringe und seine grünen Augen hatten einen Punkt an der hinteren Wand fokussiert. Die Lehrerin hatte ihn aufgefordert, sich vorzustellen, was ich nicht besonders gut fand. Du wirst von allen erwartungsvoll angestarrt, man hörte die anderen Schüler tuscheln und denkt sich natürlich gleich, dass sie schlecht über dich redeten. Auf dir lastet doch schon genug Druck, weil du der Neue bist und niemanden hier kennst. Zum Glück war ich noch nie in dieser Situation gewesen. Vielleicht hatte ich auch etwas Mitleid mit Jax. Alle Blicke ruhten auf ihm und warteten darauf, dass er den Mund auf machte. Bis jetzt herrschte aber nur eine unangenehme Stille.
Die Lehrerin hatte wollte gerade etwas sagen, um die Situation zu retten, doch dann begann Jax tonlos zu reden: "Mein Name ist Jax King. Ich bin der Neue."
Soweit war ich auch schon. Irgendwie wollte ich brennend, mehr über diesen Typ zu erfahren. Irgendwie aber auch nicht. Die Vorurteile sagten mir, dass er kein guter Umgang war, dass er – sagen wir, wie es ist – ein asozialer Kerl war und sich am liebsten die Zeit mit Alkohol und Drogen vertreibt. Ich sollte mich von ihm fernhalten, sagte ich mir. Trotzdem war ein anderer Teil meines Gehirns, obwohl er noch ziemlich klein war, neugierig und wollte mehr über ihn erfahren.
Ohne ein weiteres Wort zu sagen oder der Lehrerin eines Blickes zu würdigen, schlurfte er in die letzte Reihe und setzte sich an einen freien Tisch. Mir fiel auf, dass die Schüler, die nah am Gang saßen, das Gesicht verzogen und sich von ihm weg lehnten. Ja, der Gestank war wirklich widerlich.
Kaum hatte Jax sich gesetzt, lag auch schon der Kopf auf seinen Armen und mich hätte es nicht gewundert, wenn er auch noch anfing zu schnarchen. Dir Lehrerin begann mit dem Unterricht, doch ich hörte nur mit halbem Ohr zu. Da ich an der Wand saß konnte ich mich prima schräg auf den Stuhl setzen, ohne dass es groß auffiel. Immer wieder warf ich einen Blick nach hinten auf Jax. Und ich war nicht die einzige. Viele Mädchen und Jungen - vor allem die, die in seiner Nähe saßen - schauten einige Male zu ihm hinüber. Ich würde nicht sagen, dass ich ihn anstarrte - ich beobachtete ihn lediglich. Ich mochte es, Leute zu beobachten. Vor allem interessante Leute und zu denen gehörte Jax auf alle Fälle dazu.
Nach Deutsch hatten wir Sport. Mittlerweile war es sogar mein Lieblingsfach, aber nur, weil wir uns hatten aussuchen dürfen, welchen Kurs wir belegten. Meine Wahl war in diesem Halbjahr auf Basketball getroffen. Lina war mit mir in diesem Kurs. Es war schon immer ihre Lieblingssportart gewesen und seit das Schuljahr begonnen hatte, war es auch meine. Früher war ich eher ein Fußballfan gewesen - ich hatte sogar früher in einem Verein gespielt - jedoch hatte ich gemerkt, dass Basketball spielen echt Spaß machte..., vor allem mit Jungs. Vor der Oberstufe hatten wir immer geschlechtergetrennt Sport gehabt, jetzt aber nicht mehr und ich war echt glücklich darüber. Es war mal eine echte Herausforderung, weil - wie soll ich das jetzt nett ausdrücken - wenn man nur mit Mädchen Basketball spielt, geht es schon etwas langsamer und nicht so aggressiv zu. Mit den Jungs zu spielen, war viel spannender. Das war auch der Grund gewesen, warum ich Lina dazu überredet hatte, freitags mit mir nach der Schule auch zu dem Wahlkurs zu gehen. Dazu aber später.
Ich zog mich blitzschnell um, weil ich mich schon riesig auf die nächste Doppelstunde freute. Lina schaute mich wegen meinem nicht verschwinden wollenden Grinsen nur kopfschüttelnd an. Ihr gefiel es nicht so, mit Jungs zu spielen, auch wenn ich das nicht verstehen konnte. Sie spielte gut, sie konnte mit ihnen mithalten.
Meine Sportklamotten bestanden aus einer kurzen schwarzen Hose und einem weißen, schlabbrigen T-Shirt. Im Gegenteil zu den meisten anderen Mädchen, die im Winter immer lange Hosen trugen, um sich nicht die Beine rasieren zu müssen. Mir war das egal. Die paar Härchen an meinen Beinen - mein Gott das war normal und ich hatte ja keine schwarzen Haare, sodass man sie eigentlich überhaupt nicht wirklich bemerkte. Außerdem sollte man sich bei Sport lieber auf das Spiel konzentrieren als auf mein bisschen Beinbehaarung. Wieso mussten wie Mädchen uns eigentlich immer die Beine rasieren und die Männer nicht. Das war doch unfair. Naja, das lag halt in unserer Kultur. Im Sommer rasierte ich mich natürlich auch, aber das auch nur wegen diesem kulturellen Zwang, der auf mir lag. Eigentlich nervte mich das tierisch und...
Ich kann nicht glauben, dass ich gerade wirklich soweit abgeschweift bin und über Haare rede.
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Er macht mich wahnsinnig!
Storie d'amoreAls Jax King an seine neue Schule kam, stank er nach Alkohol und Rauch. Seine Mitschüler blickten ihn nur angewidert an und fragten sich, wie dieser Typ, übersät mit Tattoos, es geschafft hatte auf ein Gymnasium zu kommen. Cleo hatte am Anfang diese...