Er hatte alles soweit durchdacht und eine Entscheidung getroffen.
Das mit Rezo musste ein Ende finden, sonst würde Toni gefühlt noch ewig leiden. Entschlossen verließ er sein Zimmer und suchte Nia. Der wiederum spielte gerade mit ihrem neuen Hund Wolke auf der Couch, als er Toni sah begrüßte er ihn mit einem lockeren „Hey.".
„Hey, du sag mal können wir mal kurz reden?", fragte Toni ruhig.
„Als ob du da fragen müsstest, Bro. Natürlich.", lächelte Nia und setzte Wolke auf den Boden. Die Hündin schaute kurz verwirrt, ging dann aber ihres Weges. Toni setzte sich zu Nia, welcher sich auf der Couch neu positionierte, damit sie sich besser unterhalten konnten.
„Was gibt's?", wollte Nia wissen. Toni atmete noch einmal kurz durch.
„Puh, also... ich muss unbedingt mal mit Rezo sprechen wegen dieser ganzen Sache und da hab' ich gedacht ich lade ihn mal hierher ein.", Nia nickte.
„Ok, klingt definitiv nach einem Plan. Hoffentlich kannst du alles klären.", sagte er vorsichtig. Toni wandte seinen Blick ab.
„Ja hoffe ich auch.", sein Blick richtete sich wieder auf Nia. „Na jedenfalls dachte ich, wir fragen ihn ob er Lust hat was mit uns zu drehen, aber ich würde ihn schon vorher einladen wollen um mit ihm zu sprechen. Er kann ja, im schlimmsten Fall, gehen wenn alle Stricke reißen."
„Was hoffentlich nicht passiert.", fügte Nia ein.
„Ja, mal schauen. Wäre es da ok für dich, wenn du uns an dem Abend allein lassen könntest?", bat Toni.
„Na klar, ich frag mal rum, ob mir jemand obdach gewährt.", grinste Nia.
Erleichtert atmete Toni aus. „Danke Bro."
„Kein Ding. Aber weißt du, ich hoffe wirklich, dass ihr im Guten auseinander geht, falls es nicht gut ausgehen sollte.", sagte Nia. Toni gab nur ein schwaches Lächeln und setzte seinen Plan in die Realität um. Es dauerte auch nicht lange, bis Rezo zurückschrieb.
„Na endlich hast du mal Zeit für mich.", schrieb Rezo mit einem frechen und einem traurigen Smiley dahinter.
„Sorry, war ziemlich eingespannt in letzter Zeit. Also, Lust zu kommen?"
„Du weißt schon wie zweideutig diese Aussage gerade war, oder?", schrieb Rezo wieder mit diversen flirtenden Smileys dahinter. „Aber sicher Diggi.", fügte er noch hinzu.
„Ok, dann sehen wir uns dann.", schrieb Toni noch und legte sein Handy wieder weg. Nia schaute ihn die ganze Zeit erwartungsvoll an.
„Nia? Können wir zur Sicherheit irgendwie ein Zeichen vereinbaren? Ich würde dir einfach dann am nächsten Morgen schreiben wie es gelaufen ist, ok? Dann weist du auch, wann es günstig ist wieder heim zu kommen."
„Check."
Die Tage verstrichen wie im Flug. Dank ihrer süßen Hündin konnte sich Toni auch gelegentlich ablenken und etwas Ruhe finden vor dem Sturm. Er malte sich die verschiedensten Szenarien aus. Das optimalste wäre natürlich, wenn Rezo ihm sagen würde, dass das alles kein Problem wäre und sie wie immer weitermachen könnten. Die Möglichkeit, dass Rezo ihm seine auf Gegenseitigkeit beruhende Liebe erwidern könnte, hatte er bereits im Vorfeld begraben. Je mehr er sich das einredete, umso weniger störte es ihn. Er hatte mental schon eine Mauer zu diesen Gedanken gezogen, nur dass diese Mauer Fenster hatte, durch die trotzdem noch das Licht der Hoffnung schimmerte. Das Rezo möglicherweise auch ein bisschen bi war, oder zumindest bi genug um mit Toni etwas anfangen zu wollen.
Ja auch diese Erkenntnis akzeptierte Toni mittlerweile. Er gestand sich ein mit einem Mann eine Beziehung eingehen zu können, scheiß doch drauf was die anderen sagen.
Nia half ihm den Abend etwas vorzubereiten. Es sollte nicht wie in einem Krimi wirken, sondern wie immer gemütlich. Sie kauften Snacks und ein paar Getränke und räumten so gut es ging auf. Gegen Nachmittag verabschiedete sich Nia, er hatte die Zusage einer Freundin bekommen die Nacht bei ihr zu bleiben. Wolke nahm er mit, außer ein wenig Futter fehlte es ihr dort an nichts. Er wollte auch Toni eine Auszeit gönnen, damit er sich voll und ganz seinem Gast widmen konnte. Die Anspannung war schon den ganzen Tag zu spüren.
Zum Abschied umarmten sie sich noch einmal.
„Du schaffst das.", sprach Nia, dessen Kinn noch immer auf Tonis Schulter lag.
„Jetzt mach es nicht schlimmer, als es ist. Ist ja nicht so, als könnten wir Dinge nicht sachlich klären.", antwortete Toni ihm sarkastisch, doch Nia hörte die Nervosität in der Stimme seines Freundes. Beide lösten sich und Nia ging los. Die besagte Freundin wohnte nicht weit von ihnen weg, deshalb ging er zu Fuß.
Seufzend schloss Toni die Wohnungstür und schaute auf die Uhr.
„Er müsste schon auf dem Weg sein.", dachte er sich.
Nervös ging er einige Minuten ziellos durch die Wohnung, nicht wissend was er machen konnte, bis ihm seine Gitarre einfiel. Das besagte Instrument lag auf der Couch. Toni setzte sich und spielte einige Akkorde an, bevor er ein paar Lieder sang. Musik machen entspannte ihn schon immer, er konnte sich kein Leben ohne vorstellen. Vertieft in die Melodie ignorierte er das Klingeln an der Tür, erst nach dem zweiten und dritten Klingeln, einige Sekunden später, legte er das Instrument hastig beiseite und ging schnellen Schrittes zur Tür.
„Hey. Schön gesungen.", sagte Rezo, gewohnt fröhlich und aufgeweckt.
„Hey. Hast du wohl gehört?", antwortete ihm Toni. Beide umarmten sich freundschaftlich und Toni bat seinen Gast herein. Das Gespräch jetzt zu führen wäre noch etwas unpassend, daher wartete Toni noch auf den richtigen Moment. Beide setzten sich erstmal auf die Couch und quatschten über Gott und die Welt. Zwischendurch griff Rezo Tonis Gitarre und spielte ein paar Akkorde, zu denen Toni irgendwelche Texte sang.
Es war so schön, ihre Freundschaft eigentlich perfekt. Zu wissen, dass sie heute Abend endete bereitete Toni Unwohlsein. Das schien Rezo zu bemerken, nachdem die Akkorde, die er spielte, von Tonis eher nachdenklichen und melancholischen Stimme begleitet wurden. Als sie verklangen legte besagter Musiker das Instrument beiseite und betrachtete Toni.
Er sagte nichts, lächelte ihn nur, so wie es aussah, eher gezwungen an. In seinen Augen blitzte nicht wie üblich die Freude nach dem Musizieren.
„Alles ok bei dir, Diggi?", fragte Rezo ruhig. Wie konnte die Stimmung so schnell kippen?
Toni versuchte sich wieder auf andere Gedanken zu bringen und lächelte Rezo erneut an.
„Ja alles gut, ich könnte nur langsam was zu essen vertragen. Wollen wir was bestellen?", versuchte er das Thema zu ändern. Rezo schaute ihn noch einen kurzen Moment skeptisch an und antwortete auf seine Frage, bejahend.
„Was war das eben?", dachte sich Rezo. Irgendwas stimmte nicht, das konnte er spüren.
