Freundin zum Zuhören

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Als ich das nächste Mal erwachte, saß Layla an meiner Seite und wrung gerade meinen Lappen über der Schüssel aus, um ihn mir wieder auf den Kopf zu legen. Als sie bemerkte, dass ich aufgewacht war, schenkte sie mir ein Lächeln und fragte: "Wie geht's dir?"

Ich war ziemlich erschrocken, wie gebrochen meine Stimme klang – meine  arme Stimme – als ich ihr antwortete: "Ach, ganz gut. Meine Kopfschmerzen sind schon fast verschwunden."

Sie sah mich schweigend an und ich wusste, was sie von mir wissen wollte. All die unausgesprochenen Fragen auf ihrem Gesicht, allen voran: Hattest du wirklich vor, dich umzubringen?

Doch ich wollte und konnte ihr nicht antworten, jetzt zumindest noch nicht. Nicht nur, weil ich es unangenehm fand, sondern auch, weil ich selbst noch nicht ganz begriffen hatte, was geschehen war. Und es interessierte mich auch nicht wirklich, die Antworten zu wissen … War das Angst?

Im Moment lag mir jedoch nur eine Frage auf der Zunge, welche ich auch, im Gegensatz zu Layla, ohne Umschweife aussprach.

"Weiß Riven davon?"

Die Erleichterung, dass ich die Stille gebrochen hatte, verschwand gleich wieder von Laylas Gesicht, nachdem sie den Inhalt der Frage realisiert hatte. Es war vollkommen finster geworden. Das verhieß nichts Gutes.

"Nein", sagte sie und mir wurde leicht ums Herz. "Wir hatten nicht mehr mit ihm geredet, seit er - na ja..."

"...mich betrogen hat?", vollendete ich den Satz in recht nüchternen Ton.

"Nun ... ja. Und anscheinend hielt auch niemand sonst es für angebracht, ihn zu informieren. Vielleicht wäre es aber besser, es nachzuholen und-"

"Nein, nein", erwiderte ich rasch, so rasch, dass Layla mich verwundert ansah.

"Ich mein, ich denke nicht, dass er sich gerade freuen würde, dass zu hören, oder? Außerdem habe ich keine Lust, dass er sich nur wegen Schuldgefühlen durch meinen Selbstmordversuch bei mir entschuldigt, sonder deshalb, weil er es so meint." Als ich das Wort aussprach, zuckte Layla kurz zusammen, doch es machte mir nichts aus. Ich fand es eher befreiend, es endlich auszusprechen.

Und plötzlich hatte ich das Gefühl, reden zu wollen.
Alles wollte ich los werden und so begann ich Layla von meiner schlaflosen Nacht, dem See und meinen unbeschwerten Gedanken dabei zu erzählen, von dieser Verlockung und dem Gefühl, als wäre ich jemand anders. Und auch von der Angst, die ich davor hatte, es auszusprechen und dass ich es jetzt doch so befreiend fand.
Ich hatte noch nie jemanden so sehr meine Gefühle anvertraut, Layla war womöglich auch eine der wenigen Personen, bei denen ich es tun würde. Sie unterbrach mich nicht, machte keine Anzeichen, dass sie mich für verrückt halten würde oder ähnliches. Sie zeigt ganz einfach Verständnis, hörte aufmerksam zu und versucht, mich nicht zu unterbrechen, außer, sie konnte sich nicht mehr halten, weil ihr die Fragen auf der Zunge brannten.
Ja, Layla war wirklich eine tolle Freundin. Ich wusste nicht, ob ich es einem der anderen Winx so hätte erzählen können. Stella hätte versucht, Witze zu reißen, Bloom hätte mich womöglich die ganze Zeit aufgemuntert, Tecna hätte mir wahrscheinlich erklärt, weshalb ich so reagiert hatte und Flora hätte immer wieder beteuert, wie sehr sie mich doch verstand und das sie mir alle helfen würden. Das waren zwar alles ebenfalls recht rührende Punkte, aber nichts davon hätte ich jetzt gebrauchen können.

Als ich geendet hatte, saßen wir beide eine Weile stumm da, bis Layla meinte: "Vielleicht sollten wir es Riven doch sagen."

Ich sah sie erschrocken und verwundert zu gleich an. Wieso?
Layla schien die Frage von meinem Gesicht abgelesen zu haben.

"Ich denke, er sollte wissen, was er dir angetan hat. Er sollte dafür bestraft werden und wenn ihn jemals etwas an dir gelegen hat, dann wird ihn das nicht kalt lassen. Und dann darfst du ihm nur nicht nachgeben. Vergiss ihn und lass ihn in seinem Selbstmitleid schmoren." Wie wütend Layla klang. Hätte nicht eigentlich ich das sein müssen? Aber sie hatte schon immer einen gewissen Hass auf Männer, auch wenn nicht ganz so schlimm, wie es das Wort 'Hass' eigentlich beschrieb. Obwohl ich das Gefühl hatte, dass sie durch Nabu etwas wärmer geworden war.

Ich wusste nicht, was ich antworten sollte. Einerseits hatte sie schon recht. Riven sollte bestraft werden, aber gleichzeitig tat es mir auch weh, wenn ich daran dachte, dass er leiden könnte. Doch mir war klar, dass ich Riven nicht verzeihen dürfte, ich hatte es zu oft getan und er hatte nie dazu gelernt.
Gleichzeitig kam in mir die Frage auf, ob ich Riven überhaupt verzeihen müsste. Vielleicht wollte er dieses Mal gar nicht zurückkommen. Und vielleicht würde ihm mein Selbstmord-Versuch auch nicht so viel ausmachen, wie ich glaubte.

Ich antwortete Layla nicht und sagte stattdessen: "Ich bin müde und würde gern meine Ruhe haben."

Sie stand, wenn auch etwas widerwillig, auf und verließ mit noch einem letzten Blick auf mich das Zimmer.

Nun lag ich allein da und sah, wie der Himmel draußen langsam rot wurde. Wurde es Tag oder Nacht? Ich hatte überhaupt kein Zeitgefühl. Wie lange ich hier wohl schon lag? Wusste die ganze Schule Bescheid, vielleicht auch die anderen oder ganz Magix? Wenn ja, würde ich wahrscheinlich gleich nochmal einen Versuch starten, mich umzubringen … Ich musste über meine zurückgekehrte Ironie grinsen und legte mich wieder ins Kissen.
Obwohl ich schon lange geschlafen haben musste, wurde ich recht schnell dösig und schlief etwas später wieder ein.

Meine Träume kehrten jedoch zurück und nun kam immer öfter der See darin vor. Ich sah Wasser über Wasser, Riven, Layla, Hexen, die mich über meine Schwäche auslachten, Feen, die mir helfen wollten und Jungs, die mich ansahen und meinten, sie könnten mich um ein Date fragen, jetzt wo ich doch wieder single war...

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