Die Wahrheit

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Als ich wieder zu mir kam, befand ich mich nicht mehr in dem großen Höhlenraum. Stattdessen war ich zusammen mit den anderen Winx, den Spezialisten und der Verbindung des Lichts in einer der Höhlengänge, doch sowohl in der einen Richtung als auch in der anderen versperrten Gitterstangen den Weg. Einen anderen gab es nicht. Wir wurden gefangen genommen. Valtor und Co. Hatten gesiegt.

Niemand schien so recht zu wissen, was genau geschehen war. Es hatte einen lauten Knall gegeben, sie wurden zu Boden gerungen, und waren hier in diesem kalten und spärlich durch eine kleine Lichtkugel beleuchteten Gefängnis aufgewacht. Valtor hatte wohl ein Ass im Ärmel gehabt und wir waren in seine sorgfältig vorbereitete Falle getappt. Und nach wie vor hatte sich das Gefühl, dass alles meine Schuld war. Nein, ich wusste, dass ich an diesem Schlamassel schuld war. Ich wollte mich entschuldigen, doch die Worte wollten meinen Mund nicht verlassen. Ich schwieg, eine ganze Weile lang, und beobachtete die anderen, welche anscheinend keinen Entschuldigung hören wollten.

Flora war so fertig, dass sie an Layla gelehnt eingeschlafen war. Tecna versuchte verzweifelt, irgendwo irgendetwas zu empfangen oder zu messen oder was auch immer. Stella, recht still, saß bei Brandon und erzählte mit ihm. Ich hatte das Bedürfnis, auch mit Brandon zu reden. Über den Falschen-Brandon und alles, was damit zusammenhing, doch ich wollte die beiden nicht stören.
Bloom saß bei ihren Eltern und Saladin und Griffin unterhielten sich flüsternd. Griffin machte einen recht wütenden Eindruck. Verständlich, immerhin wurde sie nicht zum ersten Mal von Valtor weggesperrt. Faragonda saß etwas abseits und schien in Gedanken versunken. Erst jetzt viel mir auf, dass Hagen gar nicht da war. Vielleicht war es erst gar nicht mitgekommen. Oder konnte fliehen. Oder ... nein, ihm durfte nichts geschehen sein. Das durfte nicht sein. Einfach aus Prinzip.
Die anderen Jungs saßen zusammen, alle recht mitgenommen. Riven jedoch saß etwas abseits. Ich spürte, dass er mich ansah, doch ich blickte nicht zurück. Ich wollte keinen Augenkontakt, mit niemandem. Die Wunde an seiner Schulter sah verheilt aus; vermutlich war sie in Alfea behandelt worden. Jedoch zierte nun eine blutende Schramme sein Gesicht, gefährlich nah am Auge. Ihm schien das jedoch nichts auszumachen.

„Na, wie gefällt euch euer Zimmer?"

Alle wurden je aus ihren Gedanken oder Handlungen gerissen. Valtor stand auf einer Seite der Zelle und sah uns mit einem schadenfrohem Lächeln auf dem Gesicht an. Griffin war sofort auf den Füßen und starrte ihn voller Hass an. Oritel stand auch auf, blieb jedoch ruhig.

„Sehr schön, Valtor", sagte er. „Lässt sich nicht meckern. Mit dem fehlendem Sonnenlicht und Luxus kommen wir schon klar."

„Ich hab nicht viel Zeit für Ironie, Oritel. Sonst gern, aber heute hab ich schon was vor. Möchtet ihr nicht wissen, was?"

„Wir sterben vor Neugier", sagte Stella.

„Dann wähle ich die kurze Version", sagte Valtor. „Ich werde eure Schulen einnehmen und ihre magischen Formeln an mich nehmen. Dann erobere ich ganz Magix, danach alle anderen Planeten der magischen Dimension und werde am Ende über alles und jeden herrschen."

„Und deine treuen Freunde werden mit leeren Händen dastehen zuschauen, wie du die magische Dimension an dich reißt?", fragte Oritel. Er sah Valtor urverwandt an.

„Lass das meine Sorge sein. Du und deine Freunde haben gerade größere Probleme." Er machte eine Pause. „Ich bin mir sicher, ihr möchtet erfahren, wie es dazu kommen konnte."

„Du wirst es uns doch eh erzählen", sagte Bloom mit zusammengebissenen Zähnen. Sie sah Valtor nicht an, sondern hatte ihm den Rücken zugedreht, als würde dadurch deine gesamte Anwesenheit an ihr abprallen.

Valtor schien das bemerkt zu haben, denn er sah Bloom eine Weile an, bevor er zu sprechen begann: „Nun, es wird Zeit, die wirkliche Wahrheit zu erzählen."

Jetzt sah er mich an und ich starrte zurück. Was meinte er mit der 'wirklichen Wahrheit'? War alles, was er erzählt hatte, eine Lüge gewesen? Bloom hatte recht gehabt, als sie einmal gesagt hatte, Valtor wäre durch und durch ein Lügner.

Valtors Augen blickten nun wieder in die Runde.

„Alles hat damit angefangen, dass die Trix mich und meine Gefährten wiederbelebt haben. Mit nichts weiter als einem blauen Diadem. Doch wie das so mit dieser Art von Magie ist, gibt es seine Tücken. Der Zauber war instabil. Wir konnten diese Höhlen hier nicht verlassen. Also mussten wir diesen Zauber stabilisieren. Dazu brauchten wir etwas, dass nicht leicht zu finden ist: Gute Magie, die nicht rein genutzt wird." Er machte eine dramatische Pause. „Madragora, so naiv wie sie ist, wollte die Magie einer Fee nehmen, die diese aufgrund von jugendlicher Eifersucht oder Wut benutzt hat. Doch das ist zu schwach. Also brauchten wir einen Plan. Das ist, wenn du dazu kommst, Musa."

Jetzt sah er mich wieder an, doch ich sagte nichts, sondern starrte voller Hass zurück.

„Musa hat als einzige von den Winx eine dunkle Vergangenheit und eine nicht allzu reine Persönlichkeit. Zudem ist ihre Magie weder wirklich gut noch böse. Perfekt also. Jedoch war es schwer, bei ihr einen reizbaren Punkt zu finden. Riven ist einer der wenigen. Also schickte ich Darcy verkleidet, um es so aussehen zu lassen, als würde Riven fremdgehen. Und das vor den Augen aller."

Ich schloss kurz meine Augen. Ich wollte mir das nicht anhören, ich konnte es nicht. Mein Kopf schien vor Gedanken und Gefühlen zu explodieren. Ich wünschte, ich könnte diesen Moment einfach stoppen, diese Geschichte wie ein Buch hier und jetzt zuschlagen, weil sie einfach zu schrecklich und zu demütigend ist. Ich wünschte, mein Herz wäre aus Stein, sodass ich nichts mehr fühlte.

„Natürlich tat er das nicht freiwillig. Darcy sorgte dafür, dass er vorher einen Trank zu sich nahm. Saladin, euer Sicherheitssystem lässt auch zu wünschen übrig. Egal, auf jeden Fall küsste er Darcy vor aller Augen, auch vor Musas. Musa machte das fertig, aber das reichte noch nicht. Als nächstes musste Darcy Musa einen Trank untermischen, damit diese einen Selbstmordversuch unternahm. Hut ab, Faragonda, euer Sicherheitssystem lässt nicht zu wünschen übrig. Glücklicherweise hörte Darcy wie Flora nach Kräutern suchte, um Musa einen Tee zu kochen, und verzauberte eben diese Kräuter. Und was dann geschah, wissen wir alle. So, eine kurze Pause, bevor ich zum Showdown komme, irgendwelche Fragen oder Einwürfe?"

„Ja, hier", sagte eine Stimme aus der Ecke. Faragonda meldete sich zum ersten mal zu Wort. „Ich würde gern die Geschichte zu ende erzählen."

Zuerst sah Valtor überrascht aus, dann fand ein Lächeln wieder Einzug auf sein Gesicht.

„Bitte, ich übergebe an dich."

„Als nächstes habt ihr auf euch aufmerksam gemacht, damit wir von eurer Rückkehr erfahren. Wie du erwartet hattest, schickte ich die Winx - ohne Musa - los. Ihr habt sie überwältigt. Als nächstes würden die Spezialisten und Musa nachkommen. Ihr habt darauf gewartet und als die Trix das Schiff sahen, schossen sie es ab. Ich nehm' jedoch an, dass ihr versucht habt, Musa dabei zu verletzen. So würdet ihr die Gruppe spalten. Brandon und Helia blieben mit Musa zurück und kamen später nach. Währenddessen habt ihr Riven entkommen lassen, damit das Spiel weitergehen konnte.
Das Helia seinen eigenen Weg fand, hast du wohl nicht mit eingeplant, aber gestört hat es dich auch nicht. So konntest du einfacher Brandon gefangen nehmen und dich als ihn ausgeben. Um darauf zu warten, dass Riven erscheint und Musa noch weiter zu verwirren."

Faragonda ging nicht näher darauf ein, doch ich hatte das Gefühl, dass sie genau wusste, was geschehen war. Ob Riven ihr davon erzählt hatte? Musste er wohl, wie sollte sie es sonst wissen.

„Riven ließt du erneut entkommen, dieses mal, um uns zu holen. Musa jedoch nahmst du gefangen und hast ihr vermutlich eine schöne Lüge erzählt, um sie noch mehr zu verwirren und damit sie dich mehr hasst. Dann kamen wir und ein Kampf begann. Und nahmst also das blaue Diadem und versuchtest in Musas Blickfeld zu geraten. Als sie dich sah, war sie voll von Hass und Rache, Eigenschaften, die gegen eine gute Fee sprechen und für die gute Magie nicht geschaffen ist. Der Zauber war nun vollständig, ihr seid wieder voll und ganz da und als kleinen Trumpf sind eure größten Feinde eure Gefangenen. So richtig?"

Valtor musste Lachen. „Nicht schlecht. Ich hätte es ausführlicher erzählt, aber selbst mit deinen Vermutungen hattest du recht. Nun, wir haben Zeit gespart. Entschuldigt mich, ich muss mal eben die magische Dimnesion bezwingen."

Und er verschwand.

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