Der See

99 5 0
                                    

Endlich fühlte ich mich wieder frei, und das konnte ich natürlich am besten mit Musik genießen. Also verbrachte ich die nächsten Tag damit ohne Unterbrechung meine Lieblingslieder zu hören und selber welche zu komponieren. Es war ein wunderbares Gefühl, welches noch doch die schulfreien Tage, die ich bekommen und mir auch verdient hatte, unterstützt wurde.

Die meiste Zeit befand ich mich auf der Couch, die Kopfhörer aufgesetzt und meine Musik voll aufgedreht. Nur zum kurzen Plaudern mit den anderen Mädchen unterbrach ich diese Idylle für ein paar Minuten.
Gerade kam Flora aus ihrem Zimmer und hatte bereits einen Blick im Gesicht, welcher sagte, dass sie gern reden wollte, also stellte ich die Musik aus und nahm ich meine Kopfhörer ab.

Sie setzte sich in den Sessel gegenüber von mir und schwieg für einen kurzen Moment bis sie sanft sagte: „Wie sieht es eigentlich bei dir und Riven aus?"

Am liebsten hätte ich sofort wieder meine Musik angestellt, denn Riven passte so gar nicht in meine momentan positive Lage. Zwar wollte ich mit ihm reden - und ihn vor allem wiedersehen - aber ich wusste, dass es keineswegs einfach werden würde. Vielleicht war ich feige, aber das durfte ich mir auch mal erlauben. Und irgendwann würde ich mich schon mit ihm treffen.

„Ganz okay", meinte ich schulterzuckend zu Flora, wissend, dass dies nicht ganz der Wahrheit entsprach, denn ich kannte die Wahrheit nicht.

„Meinst du nicht, ihr solltet euch einfach mal zusammensetzen und reden?", fragte Flora, wobei sie leicht besorgt aussah.

„Flora", erwiderte ich mit einem leichten Lächeln, „ich finde es toll, dass du dich immer so um andere sorgst, aber lass das bitte mein und Rivens Problem sein, okay? Wir machen das auf unsere Art."

„Weil das ja auch immer so gut funktioniert hat", meinte Flora leicht angespannt, was sie wohl bemerkte hatte, weswegen sie hinzufügte: „Sorry, so hab ich das nicht gemeint."

„Schon gut", sagte ich. „Du hast recht. Deswegen werden wir es diesmal anders machen müssen. Und wenn am Ende bei raus kommt, dass es nicht weitergeht, dann ist da so. Du kannst nicht immer alle retten."

Es sah so aus, als würde Flora etwas erwidern wollen, aber sie sagte nichts mehr, sondern nickte bloß und verließ wieder den Raum.
Ich blickte noch eine ganze Weile starr geradeaus und dachte über meine eben ausgesprochenen Worte nach, welche in meinen Ohren doch so fremd klangen. Es hörte sich so erwachsen an, sehr reif, aber gleichzeitig auch traurig. Würde ich wirklich so reagieren, wenn es zwischen mir und Riven für immer zu Ende war? Ich wollte ihn nicht verlieren, niemals, aber etwas zu erzwingen würde auch nichts bringen, denn das hatte es noch nie getan.
Ich wollte reifer wirken, aber jetzt wurde mir klar, dass diese Reife mir vielleicht meine Beziehung zu Riven kosten könnte.

Sofort spürte ich, wie meine Stimmung schlechter wurde. Also schaltete ich die Musik wieder an, doch ich bereute es gleich wieder, denn das nächste Lied war Rivens Lieblingssong.

*

So eine schöne, heiße Dusche war etwas tolles, aber nicht wenn vor der Tür die ganze Zeit eine gewisse Stella stand und einen nicht in Ruhe lassen könnte.

„Musa, du musst unbedingt rauskommen", sagte sie zum gefühlt hundertsten Mal. „Ich hab was für dich."

Ich war nicht sonderlich daran interessiert, was Stella für mich haben könnte, also ignorierte ich sie einfach. Leider mochte sie es nicht, wenn man sie ignorierte, wodurch ihr Klopfen und ihre Stimme nur noch lauter und nerviger wurden, weshalb ich mich entschied, einfach nachzugeben.

Also stieg ich aus der Dusch, trocknete mich kurz ab und band mir ein Handtuch um meinen Körper.
Als ich die Tür öffnete, blickte Stella für einen Moment verdutzt drein, da sie wohl erwartet hatte, ich würde aus Protest noch einige Stunde im Bad verbringen.
Dann jedoch grinste sie und hielt mir einen Brief hin.

Problem Liebe Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt