Die Verhandlung - Teil 2

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Noch einmal änderte sich die Stimmung. Es war, als würden alle Anwesenden auf einmal nach Luft schnappen. Alle außer mir, denn ich hatte das Gefühl das Atmen verlernt zu haben. Es war schlimmer als vor dem Beginn der Verhandlung, denn plötzlich war ich vollkommen machtlos. Am liebsten hätte ich jetzt einfach die Augen geschlossen und erst wieder geöffnet, wenn alles vorbei war oder es sich herausgestellt hätte, dass ich nur träumte.

„Das ist eine schwere Anschuldigung", meinte der Richter, welcher sich wieder gefasst hatte.

Doch Darcy lächelte nur. „Musa hat unsere Schwester ermordet."

„Das war Notwehr", rief Stella zu meinem Überraschen. Ihre Augen funkelten vor Zorn.

„War es nicht", meinte Darcy gelassen. „Stormy hatte sie nicht angegriffen, sie stand einfach nur da. Ich denke, ihre Freundinnen können das bezeugen."

Ich sah zur Seite. Keine der Winx blickte mich an. Und keine sagte ein Wort.

„Es war ein Unfall", sagte ich mit voller, klarer Stimme, denn eine musste ja sprechen. Ich konnte und durfte diese Anschuldigungen nicht auf mir sitzen lassen. Die gesamte Zeit hatte ich versucht, Stormys Tod so gut es ging zu verdrängen, denn ich fühlte mich schuldig, das tat ich tatsächlich. Aber nicht in dem Sinne, dass ich die Aktion bereute oder mich in irgendeiner Art und Weise des Mordes für schuldig befinden würde. Schon vor sehr langer Zeit hatte ich gelernt, dass unnütze Schuldgefühle einen zerstören konnten. Und in den letzten paar Tagen wurde es mir wieder vor die Augen geführt, mehr als einmal. Ich musste stark bleiben.

Darcy blickte mich an, das Lächeln verschwunden, als hätte ich nicht das geringste Recht, zu sprechen.

„War es einer?", fragte sie und ließ mich nicht aus den Augen. „Deine Freunde würden das sicher nur alt zu gerne bestätigen. Aber dabei vergisst du, dass all die Jahre nichts als Hass und Verachtung zwischen uns geherrscht hat. Besonders du hast Hexen schon immer verabscheut, Stormy am meisten von allen. Und da möchtest du jemandem weiß machen, dass es ein Unfall gewesen ist?"

Ich zog tief die Luft ein.
Alles, was sie sagte, klang ... sehr belastend. Ich wusste nicht, was ich erwidern sollte. Zumindest nichts, dass irgendwie aussagekräftig wäre.

Darcys Augen verließen mich und sie ging zum Richter. Dieser schaute erneut verwundert drein, ließ sich aber auf ein kurzes Gespräch ein. Für einen Moment hatte ich Angst, dass sie ihn verhexen könnte, aber dann wurde mir klar, dass Magie hier wahrscheinlich gar nicht wirkte. Nicht, dass ich das bemerken könnte.

Als sie fertig war, nickte der Richter nur und Darcy ging wieder an ihren Platz.

Der Richter räusperte sich und sah dann zu mir: „Ich habe eben einen interessanten Vorschlag erhalten. Die Aussagen dieser jungen Dame sind in der Tat sehr belastend, aber natürlich nicht ausreichend. Ich würde somit möglicherweise auf eine Mordverhandlung verzichten. Unter der Bedingung, dass Sie weiterhin auf Ihre magischen Kräfte verzichten."

Ich schluckte. Spielte er tatsächlich auf eine solche Entscheidung an?

„Genauer gesagt", fuhr der Richter fort, „bedeutet dies, dass Sie bei einer Verhandlung - sollten Sie diese wählen - im Falle einer Verurteilung nicht nur Ihre Kräfte verlieren würden, sondern auch mit einer Freiheitsstrafe rechnen müssten."

„Und wenn ich gewinne, bekomme ich meine Kräfte wieder?"

„Ja, sicherlich", meinte der Richter. „Sollten Sie gewinnen, gäbe es für uns keinen Grund, Ihnen Ihre magischen Kräfte nicht zurückzugeben."

Ich atmete tief ein und aus bevor ich meine Antwort verkündete: „Ich wähle die Verhandlung."

Plötzlich wurde es laut im Saal. Alle begannen zu reden und ich hörte die Winx neben mir auf mich einreden, aber ich beachtete sie nicht. Mein Blick war auf Icy und Darcy, welche mich voller Entsetzen und Zorn anstarrten.

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