Der Raum ist von Dunkelheit erfüllt. Die schweren Möbel scheinen jedes Licht zu schlucken und die dunklen Vorhänge sind undurchdringlich.
Eigentlich macht mir Dunkelheit nichts aus. Ich würde sogar fast sagen, ich habe sie lieben gelernt. In den vergangenen Monaten, waren Boris und ich lieber nachts wach als tags, wir beobachteten lieber die Sterne, als die Sonne und die Dunkelheit gab uns die Sicherheit und den Schutz die Wahrheit zu sagen. Zumindest fast.
Du hättest es ihm sagen sollen.
Du hättest es ihm sagen müssen.
In Las Vegas hatte ich mich immer auf den Moment gefreut, in dem die Sonne, die immer erbarmungslose Sonne, die jedes Geheimnis aufgedeckt sehen wollte, endlich unterging und die Dunkelheit uns umhüllte. Oft hatten wir uns zum Sonnenuntergang nach draußen gesetzt, auf die Schaukeln auf unserem Spielplatz, nur um dann jeden einzelnen Stern nacheinander am Himmel zu begrüßen.Boris und ich, wir beide, waren keine guten Sterndeuter, das einzige Sternzeichen, dass ich erkennen kann, ist der Wagen (obwohl Boris immer noch darauf beharrt, dass es der Bär ist), und doch kamen wir uns immer schrecklich wichtig vor, wenn wir die Sterne anschauten.
Die Sterne machten die Dunkelheit erträglich. Und wenn wir später in meinem Zimmer waren, und ich mal wieder Gespenster in den Schatten sah, und keine Sterne da waren um mich zu trösten, dann war Boris da. Boris war immer da, wenn ich ihn brauchte. Boris war da um halb drei, wenn ich verschwitzt aus einem Albtraum hochschreckte, Boris war da, um Mitternacht, wenn mein Vater sturzbesoffen nach hause kam und mich anschrie, Boris war da, um drei uhr nachmittags, wenn die Schule mich deprimierte und ich keinen Sinn mehr sah. Keinen Sinn mehr in irgendwas. Und Boris sorgte jedesmal dafür, dass ich wieder einen fand.
Aber jetzt war ich allein - mutterseelenallein - im wahrsten Sinne des Wortes. Doch ich war nicht bloß mutterseelenallein, ich war auch borisseelenallein. Ich war gegangen. Obwohl er das einzige war, was mir gebleiben war.
Hier zurück in New York, zurück bei Hobie, erinnert mich alles an Pippa. Die Küche mit den verscheidenfarbigen Stühlen, der Geruch nach Zimt und Sommer, die Bilder an der Wand, die Haargummis im Badezimmer (Hobie hatte sich wohl nie die Mühe gemacht sie zu entsorgen) und die Stille im Haus, die hier nicht gewesen war, als sie noch hier war.
Ich erinnere mich nicht mehr wie ihre Stimme klingt. Ich habe vergessen, wie ihr Lachen klingt.
Ich habe Angst, dass ich seines auch vergesse. Laut, kindisch, übertrieben, plötzlich.Hobie hatte mir ein Gästezimmer gegeben, vollgestopft mit lauter unterschiedlichen Möbeln aus dunklem Holz, mit dunkelgrünen Wänden und weinroten Kissenbezügen. Es hätte schön sein können, wenn nicht alles so leer gewesen wäre.
Hier waren keine Sterne, die mich aufmunterten. Aber noch viel schlimmer war - hier war kein Boris. Und erst jetzt, viel zu spät, wurde mir bewusst, dass ich gar nicht mehr ohne Boris schlafen konnte, solange hatte ich nicht mehr allein in einem Raum geschlafen. Meistens schliefen wir fest aneinander gekuschelt ein, wie zwei hilflose Kinder, die sich an einem Traum festhalten. Ich will ihn zurück haben. Ich will ihn hier bei mir haben. Ich will ihn im Arm halten. Ich will das er mich im Arm hält. Ich brauche ihn.
Die Dunkelheit droht mich zu verschlucken. Mal wieder. Er hat mich jedes Mal aufgefangen, jedes Mal zurück ins Licht gezogen. Wer fängt mich jetzt auf?
Und wer wird ihn auffangen?Ich halte es nicht aus. Die Stille ist erdrückend, dabei sollte hier doch eigentlich Boris' belustigte Stimme sein, der Raum ist kalt, dabei sollte er eigentlich voller Leben sein.
Er ist so voller Leben.
Mit wem wird er sein Leben verbringen?Ich stehe auf, meine nackten Füße auf dem kühlen Parkett. Ich blicke zu Popper, der tief und fest am Fußende des Bettes schläft.
Boris hat Popper geliebt.
Hat er mich auch geliebt?Ich schleiche mich aus dem Raum, tapse durch den Flur bis zum Wohnzimmer. Das Wohnzimmer ist ein unbelebter Raum. Voll mit Möbeln, aber unbelebt. Hobie ist meistens in der Werkstadt oder in der Küche. Er hat keine Zeit für ein Wohnzimmer-Leben. Er hat keine Zeit fernsehen zu gucken oder feine Leute zum Tee einzuladen. Der einzig belebte Gegenstand in dem Raum ist das Bücherregal an der linken Wand. Ich weiß nicht was ich hier mache, aber ich bin froh nicht mehr allein mit meinen Gedanken in diesem dunkeln Zimmer eingesperrt zu sein.
Das Wohnzimmer hat bloß blassblaue Vorhänge, sodass der Raum in das Blau eines sonnigen Wintertages getaucht ist.
Ich fahre mit meinem Finger über die Bücherrücken. Etwas, dass meine Mutter immer getan hat, wenn wir früher in der Bücherei waren. Wir haben nicht genug Zeit im Leben um all die Bücher zu lesen, Theo, hatte sie mir erklärt, als ich sie mal gefragt hatte, aber so kann ich wenigstens von jedem Buch ein kleines bisschen mitnehmen.
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wind, sand und sterne // boreo
Fanfictionboreo fan-fic / oneshots weil ich sie lieeebe und theo und boris sich auch ganz ganz dolle lieeeeben <<3