Prolog

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Ein dunkler Bau. Umgeben von Ästen, Moos und Farn.

Ein schweratmender Kater lag in einem Nest. Seine Brust hob sich kaum merklich und er schien einen schlechten Traum zu haben. Er hatte seine Krallen ausgefahren und drehte sich die ganze Zeit im Schlaf.
Neben ihm lag seine Gefährtin, Mondhauch.

Die silberne Kätzin mit den dunkelgrauen Streifen hatte ihre Pfote über seine gelegt und ihr Schweif peitschte hin und her als wäre sie nervös.

Da kam ein Kater. Er war klein, schneeweiß mit ungepflegten Fell und grauen Augen. Er schien alt zu sein. Seine Haltung war gebückt, das Fell wies graue Stellen auf und er war unfassbar mager.

"Mondhauch, du musst schlafen. Sonnenstern wird auch nicht gesund wenn du an Müdigkeit stirbst!" tadelte sie der Kater besorgt.

Jetzt konnte man die strahlenden, grau-weißen Augen der Katze sehen. Sie waren nicht kränklich grau wie die des Katers sonder voller Kraft und Klugheit doch jetzt waren sie mit Tränen gefüllt und voller Trauer.

"Aber Grauauge, er hat schon wieder einen Traum. Ich kann ihn jetzt nicht alleine lassen!" flehte sie. Sie wollte ihren Gefährten nicht alleine lassen. Niemals.

"Glaube mir doch. Er...er wird diese Nacht nicht überleben wenn wir nicht gleich ein Gegenmittel finden" gab er zu und kam näher zu der Kätzin die schluchzte.

"Du musst diese Krankheit doch kennen! Du musst" weinte sie verzweifelt und drückte ihre Nase an das heiße Fell ihres Gefährten.

Sonnenstern war schweißnass und sein ganzer Körper glühte. Seine Nase lief und war groß und seine Augen zugeschwollen. Sein Körper schlaff und bis auf das leichte heben seiner Brust konnte man nicht erkennen ob der einst so muskulöse und große Anführer nicht tot war.

"Ich habe sie...Sonnenfieber genannt. Ich weiß selbst nicht was wirken kann. Ich habe alle Kräuter gegen Fieber versucht aber er kann sie weder schlucken noch können wir sie ihm sonst wie einflößen. Verstehe doch das er..." Bevor Grauauge seinen Satz beenden konnte weinte die Kätzin laut:

"Ich liebe ihn! Ich liebe ihn von ganzem Herzen. Nichts liebe ich mehr als ihn." schluchzte sie und weinte in das Fell ihres Geliebten.

Nach einem kurzen Moment des Schweigens wandte Grauauge ein:
"Was ist mit deinen Kindern? Lichtherz und Finsterdorn? Bedeuten sie dir etwa nichts?"

Als der kalte Blick der Kätzin auf den Kater fiel, bereute er seine Aussage.
"Ich liebe Sonnenstern. Und wenn ich wählen müsste, zwischen meinen Kindern und ihm...oh beim Sternenclan ich würde ihn wählen." knurrte sie und legte ihren Kopf wieder auf das Fell von Sonnenstern.

Grauauge verließ den Bau und besorgte etwas aus seinem Bau.
Er war erfüllt mit dem Duft von Kräutern und eine kleine, schildpattfarbene Kätzin lag zusammengerollt in einem Nest.

Grauauge lächelte gütig. Er mochte die kleine Heilerschülerin sehr gerne. Er ging zu ihr, leckte ihr sanft über den Kopf und weckte sie so.

"Grauauge? Was ist denn los? Es ist doch mitten in der Nacht" miaute die Kätzin verschlafen und rieb sich mit ihrer Pfote die Augen.

"Ich weiß. Wacholderpfote. Ich musste dich wecken. Tust du mir einen Gefallen und bereitest Mohnsamen und Löwenzahn vor, holst mit dem Blatt Wasser vom Bach und kommst damit in den Anführerbau? Danach kannst du weiter schlafen, versprochen" miaute der Kater sanft.

Seine Schülerin nickte, streckte sich, nahm sich das Blatt und lief aus dem Lager zum Bach in der Nähe.

Währenddessen ging der alte Heiler zu Sonnenstern und Mondhauch.

"Mondhauch. Bitte geh schlafen. Du störst hier nur" miaute der Kater bittend. Er hatte sich Borretsch aus dem Kräuterlager besorgt und war gerade dabei es gut zu zerkauen.

"Ich gehe nicht!" knurrte Mondhauch eindrücklich und beobachtete ihren Gefährten besorgt.

Da kam Wacholderpfote mit dem Wasser.
"Ich laufe gleich los und hole den Rest" miaute sie freundlich und lief in Richtung Kräuterlager.

Grauauge versuchte den Kater zu wecken, vergeblich. Er schlief tief und fest als wäre er tot, seine Lungen aber arbeiten...noch.

Der Kater ging in sich. Er konnte den Herzschlag des Kater spüren. Es schlug bereits langsamer.

Er nahm einen Schluck Wasser in den Mund und kaute kräftiger bis ein flüssiger Schleim entstand.

Wacholderpfote war gerade zurückgekehrt mit den Mohnsamen und dem Löwenzahn. Es schien als würde sie seine Gedanken durch einen Blick lesen können.
Streng befahl sie Mondhauch:
"Hilf mir. Er muss sich aufsetzen"

Sie schien zu verstehen und zusammen richteten sie den schlaffen Kater auf.

Grauauge stellte sich auf seine Hinterläufe und versuchte das Gleichgewicht zu halten während er den flüssigen, zerkauten Borretsch in Sonnensterns Mund beförderte.

Er stellte eine Pfote ab und mit seinem Kopf stemmte er den Kopf des Katers hoch damit er schlucken würde.

Er konnte es hören, Sonnenstern hatte die Masse geschluckt und sie legten ihn wieder in das Nest.

"Danke Wacholderpfote, du kannst wieder schlafen gehen." miaute er dankbar und bevor die Schülerin etwas einzuwenden hatte, nickte er mit dem Kopf in Richtung Kräuterlager.

"Sie ist eine gute Schülerin" meinte Mondhauch nachdem ein wenig Zeit vergangen war.

"Ja, sie ist die beste" erwiderte der Heiler und es folgte wieder Schweigen.

Er horchte in sich und blendete alles aus bis auf seine Ohren und die Geräusche. Der Atem des Katers war schwer, sein Herz klopfte kaum.

Grauauge wusste das er es nicht überleben würde. Er war zu schwach.

"Kannst du dich erinnern wie du Sonnenstern getroffen hast?" fragte er dann. Er wollte die Kätzin ablenken.

Sie lachte auf. "Ja, ich habe ihn gehasst. Er war ein naiver Kater. Dumm fast schon." lachte sie leise.

"Er hat dich ohne zu fragen aufgenommen und hat gebettelt und gefleht. Sein Vater hatte etwas dagegen aber er ließ nicht locker."

"Bis ich Qualmstern rettete. Ich weiß" beendete sie die Geschichte.
"Sieh nur, es geht ihm schon besser!" stellte die Kätzin mit Freuden fest.

Doch Grauauge wusste die Antwort. Er zappelte nur nicht mehr weil sein Herz langsam die letzten Kraftreserven aufgebraucht hatte. Seine Lungen konnten beinahe keine Luft mehr aufnehmen und das Fieber stieg mit jeder Minute an.

Grauauge horchte genauer hin. Ein Herzschlag. Ein zweiter. Dann nichts mehr. Der Anführer war tot. Dem Sonnenfieber erlegen.

"Mondhauch..." Er sah sie traurig an und schüttelte den Kopf.

Mondhauchs fröhlicher Gesichtsausdruck verwandelte sich zuerst in Unglauben, dann in Verzweiflung.

"Nein...nein!" wisperte sie atemlos und rüttelte an der Leiche des Anführers die langsam kälter wurde.

"Nein! Nein!" schrie sie fast schon und weinte.

Plötzlich stoppte sie. Alles war ruhig und sie fiel plötzlich um.

Grauauge stürzte zu ihr und horchte an ihrer Brust. Kein Herzschlag mehr. Nicht mehr. Auch Mondhauch war tot.

Zwei Tote in nur einer Nacht.

Die Schreie von Mondhauch hatte die anderen Clankatzen geweckt und sie versammelten sich am Eingang des Anführerbaus.

Mit dem ersten Sonnenstrahlen des neuen Tages war Mondhauchs Sonne verschwunden und sie mit ihm.
Das war der letzte Tag an dem Sonne und Mond schienen und es würde für immer so sein.

Warrior Cats-Zeit der StilleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt