Kapitel 46 (Ribiselzweig)

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Die cremefarbene Kätzin kam aus dem Wald zurück ins Lager uns sah sich um.

Die ersten Katzen gingen schlafen und der Mond erhellte die Nacht, doch es war dunkler als normalerweise.

Nur noch ein paar Sterne leuchteten am Himmel und die Dunkelheit schien sie Stück für Stück zu verschlingen.

Besorgt betrachtete Ribiselzweig den Nachthimmel als sie plötzlich etwas aus dem Anführerbau hörte.

Es war Laubfall.

Leise schlich sie sich an den Eingang heran und belauschte interessiert das Gespräch.

"Wie müssen hier weg. Sofort!" miaute Laubfall aufgebracht.

Klare Wut schwang in seiner Stimme mit, als würde er seit Stunden versuchen die Anführerin zu überreden.

"Nein. Die Sterne verschwinden nicht. Anscheinend bist du blind und siehst nicht mehr was vor deinen Augen passiert" antwortete Finsterstern ruhig aber verächtlich.

"Ich habe mit...mit Sternenclan Katzen gesprochen. Wir müssen hier weg" flehte er dringlich.

"Meine Antwort lautet nein und dabei bleibt es" zischte Finsterstern verließ aufgebracht ihren Bau.

Ribiselzweig versteckte sich schnell und sah wie die schwarze Kätzin an ihn vorbei stampfte.

Langsam kam sie aus ihrem Versteck hervor und sah Laubfall, den Tränen nah, im Anführerbau.

Vorsichtig betrat sie den dunklen Unterschlupf und lächelte ihn zaghaft an.

"Willst du es mir erzählen?" fragte sie und Laubfall trocknete schnell seine Tränen.

"Nein. Ich...ich darf nicht" miaute er kleinlaut.

Jetzt fiel Ribiselzweig seine Haltung auf.
Er war gebückt, sein Kopf dem Boden geneigt. Fast unterwürfig.
Sein Rückenfell stand zu Berge und seine Augen wechselten dauernt verängstigt die Position.

Langsam kam die Kriegerin näher und legte ihre Schnauze auf seine Schulter.

"Du darfst mir alles sagen" schnurrte sie beruhigend doch der Heiler wich zurück.

"Nein! Du verstehst das nicht. Der Sternenclan wird mir schlimme Dinge antun wenn...wenn ich es irgendjemandem verrate"

Erneut bildeten sich Tränen in den grün-braunen Augen des Katers.
So kannte Ribiselzweig ihn nicht. Er war verändert.

"Was wollen sie dir antun?" fragte sie sanft und mit gedämpfter Stimme.

"Sie...sie wollen mir das Augenlicht nehmen. Meine Sicht. Adlerblick hat gesagt ich sähe zu viel und wenn andere lernen würden zu sehen, wäre dies meine Zukunft..." schluchzte er panisch.

//Was hat dieses Monster ihm angetan?//
fragte die Kriegerin sich und betrachtete ihren Freund besorgt und mitfühlend.

"Das...das ist schrecklich. Aber der Sternenclan ist gut. Er würde dir soetwas niemals antun" versuchte ihn Ribiselzweig zu überreden.

Langsam hob sich sein Blick und er starrte ihr kalt in die Augen.
"Du weißt gar nichts, Ribiselzweig. Du weißt nicht was sie getan haben und was sie tun werden!" schrie er beinahe. Seine Stimme war kalt und strahlte seine ganze Wut und Furcht aus.

Sein Blick senkte sie und er stieß sich an der Kätzin vorbei.

Verständnislos starrte sie ihm nach.

Du weißt gar nichts, Ribiselzweig

Diese Worte waren so kalt und ehrlich gewesen, es hatte der Kätzin das Herz gebrochen sie aus Laubfalls Mund zu hören.

Eine Träne rann der Kätzin herab und landete auf dem Boden des Baus.

Was war aus ihrem Freund nur geworden?
Was war von dem alten Kater übrig den sie so gemocht hatte?
Was war aus dem Kater geworden, dessen Liebe sie nicht erwiedern konnte?

Ribiselzweig fühlte sich nutzlos, unwissend, dumm.

Die Worte des Katers flossen in ihr Herz und erweiterten den Riss darin.
Wie konnten Worte nur so schmerzen?

Da kam ihr eine Idee.
Sie musste zu Minzblatt.

Eilig rannte sie aus dem Lager zur Grenze. Ohne nachzudenken übertrat sie diese und rannte ins hohe Gras.

Sie schnaufte. Der Weg war weiter als gedacht, aber sie ließ nicht locker.

Sie musste Minzblatt finden, koste es was es wolle. Sie war wohlmöglich die einzige die Laubfall retten konnte.

Da war es, das Lager des Sonnenclans.

Vorsichtig betrat sie es und fand gleich den Weg zum Heilerbau.

Langsam und leise betrat sie auch diesen und sah sich nach der Heilerin um.

"Minzblatt?" fragte sie in die Dunkelheit und eine dreckige Kätzin mit verfilzten Pelz sah ihr in die Augen.

Sie hatte schildpattfarbenes Fell, das aber lange nicht mehr gewaschen wurde.
Ihre Haut hing an ihren Knochen als hätte sie Tage nichts mehr gegessen und ein grauer Schimmer hatte ihre Augen glasig gemacht.

Ebendiese Augen schielten an Ribiselzweig vorbei und sie fragte ungläubig:
"Minzblatt?"

Die Kätzin antwortete nicht. Sie blickte nur auf den Boden ohne die Kriegerin zu bemerken.

Tiefe Schatten umrahmten ihre Augen und ließen sie alt und eingefallen wirken.

Ihre Pupillen waren rund und vor Tränen errötet.

An manchen Stellen fehlte ihr einst so schöner Pelz und sie atmete flach.

"Ribiselpfote" sprach sie kratzig und sah die Kriegerin nun direkt an.

Ihre Lippen zitterten und ihre Stimme klang alt und wie die eines Raben, kratzig.
Sie hatte wohl Tage nichts mehr gesagt.

Ruhig kam Ribiselzweig näher und betrachtete die Heilerin.

"So heißt du doch" fragte Minzblatt ohne das es wie eine Frage klang. Eher als wäre es ihr gleichgültig.

Ihre Augen ließen von der Kriegerin ab und sie betrachtete den Boden wieder.

Keine Regung war in ihrem Gesicht zu entdecken und sie sah aus wie eine lebendige Leiche.

"Finde den Winter in dir. Finde ihn und führe den Clan..." sprach sie ihr Kopf senkte sich.

Ihre Augen erstarrten zu Glas und ihre Glieder entspannten sich.
Ein letztes Mal hob sich ihr Brustkorb bis er erschlaffte und nur einen leblosen Körper, eine Hülle, zurück ließ.

Ribiselzweig starrte die Leiche ungläubig an.
Was war mit der Heilerin geschehen?

Dann wusste sie es plötzlich.
Jemand hatte von Minzblatt und ihrem Bruder berichtet, die eine Leiche getragen hatten. Ihren Schüler Taubenpfote.
Sie war vor Trauer gestorben, eingegangen.
Wie eine Blume ohne Wasser.

Erschrocken verließ die Kätzin den Bau und lief.

Sie rannte so schnell ihre Beine sie tragen konnten zurück in das Lager des Mondclans.

Alles fügte sich zusammen. Sie wusste was sie tun musste, was ihre Aufgabe war.

"Alle Katzen des Mondclans versammeln sich hier, unter der großen Weide!" rief sie und mit einem eleganten Sprung hatte sie den Baum erklommen.

Die Katzen versammelten sich verschlafen und als alle da waren begann Ribiselpfote zu sprechen...

Warrior Cats-Zeit der StilleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt