Kapitel 7

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Zu meinem Glück trat der Direktor aus: "Aber Leute, beruhigt euch doch alle etwas. Wir klären das alles geordnet und ruhig in meinem Büro. Folgt mir doch bitte". Wir setzten uns hin und ich atmete tief durch. Er eröffnete das Gespräch: "Also, Mister Johnson hat mir die Situation soeben ausführlich erklärt. Mister und Misses Collins, beide Misses Shelton - Ihre Söhne haben im Chemieunterricht eine Explosion mithilfe von Glycerin erzeugt". Da unterbrach meine Mutter fassungslos: "Habe ich das richtig verstanden? Söhne? Dieser Junge hat lesbische Eltern?!". Aurelian hob ebenfalls seine Stimme: "Was ist daran verwerflich?!". Entsetzt lachte mein Vater und Mutter war einfach nur aufgebracht. Plötzlich packte Aurelian mich beim Kragen und fragte mich äußerst sauer: "Was ist daran verwerflich, Collins?!". "I- ich...", zögerte ich stark. Drohend sprach mein Vater mich an: "Shiro...!". 

Ich kniff meine Augen zu und biss mir auf die Zähne: "Na alles eben...".

Aurelian zischte, stand auf und ging. Einer seiner Mütter folgte ihm. Ich konnte das nicht. Jetzt noch diese Position verteidigen und mit meinen Eltern harmonieren? Aber genauso wenig hatte ich den Mut, ihnen zu widersprechen. Ich stand ebenfalls auf und rief zum Direkter, während ich aufgelöst den Raum verließ: "Ich habe das Feuer gelegt! Aurelian trägt keine Schuld! Ende!". Aus der Tür raus konnte ich aber weder ihn, noch seine Mutter finden. Hätte ich jetzt sowieso mit ihm reden können? Hätte er mir noch geglaubt...?

Ich wusste nicht, wohin ich lief. Am Ende landete ich einfach in den Umkleiden und weinte dort. Was sollte ich aufgeben? Meine Familie oder einen möglichen, treuen und humorvollen Freund? Ich wollte weder noch. Da hörte ich Schritte. Durch die Tränen sah ich, wie Aurelian da stand. Leise sprach er: "Ich habe gesehen, wie du weinend hier rein gerannt bist...". Stur wischte ich mir die Tränen weg und versuchte aufzuhören: "Ist ja lustig, dass ich heule, du aber nicht!". "Darüber habe ich schon genug Tränen vergossen", kratzte seine Stimme, "Denkst du, du seist der Erste, den ich wegen so was ganz schnell wieder verlieren würde?". "Ich will das aber nicht...!", knurrte ich. "Was denn?", fragte er nach. Wieder kamen die Tränen: "Dass wir uns verlieren! Du siehst ja, wie unbeliebt ich hier bin und du bist mal jemand, der mich nicht schief ansieht! Selbst nach mehreren Meinungsverschiedenheiten... Denkst du jemand hat es mal mehr als zwei Mal versucht, mit mir klar zu kommen? Nur mein bester Freund... Und der wohnt jetzt meilenweit von mir weg...! Ich versuche wirklich eine Freundschaft zu dir aufzubauen... Aber meine Eltern würden selbst das nie im Leben akzeptieren...".

Er kniete sich vor mir nieder und seufzte: "Ich weiß... Ich weiß aber nicht, wie oft ich dir noch sagen sollte, dass ich deine Position kenne. Ich weiß nicht, wie ich dir weiter helfen kann obwohl ich so gerne möchte. Du weißt wahrscheinlich, ich persönlich würde dir raten, sofort aus der Kirche aus zutreten. Aber ich kann nicht in dein Leben eintreten-". Feste packte ich sein Handgelenk und nuschelte: "Du bist doch schon längst in mein Leben eingetreten... Wer weiß, wie anstrengend und langweilig jetzt alleine diese Tage gewesen wären, hättest du mich einfach ignoriert...? Zwar überfordere ich mich selbst damit, aber ich brauche jeden Tag Chaos, den ich nicht verstehe... Ich will dich wirklich an meiner Seite haben... Egal wie...". "Egal... wie...?", wiederholte er schluckend. Ich zuckte mit den Schultern.

Auf einmal strich er mir die Tränen von der Wange. Langsam beugte er sich zu mir rüber. Moment! Da gab es eine Misskommunikation! Ich meinte, dass ich ihn mit jedem Mittel an meiner Seite haben wollte und nicht-! Ach egal! Seine Lippen berührten meine. Mehrmals küsste er mich sanft, ich ließ es aber auch zu... 

Wie lange machten wir das? Weder er, noch ich, hörte auf. Ich blendete alles um mich herum aus. Es mochte durchaus daran liegen, dass ich noch nie zuvor jemanden wirklich geküsst hatte. Damian nahm es nur als Spaß, aber ich wollte das wirklich für das Gefühl fortführen. Nicht wirklich, weil es Aurelian war. Mittlerweile saß er schon in meinem Schoß. Mit der einen Hand hielt er meinen Rücken fest, mit der anderen meinen Nacken. Ich hielt seine weichen Haare und seinen Arm, mit dem er mich am Nacken hielt. Es hätte ewig so weiter gehen können! Nur irgendwann ertönte eine eher fremde Frauenstimme: "Seid ihr hi-? Aurelian!". Wir zuckten auseinander. Zum Glück war das nur einer seiner Mütter! Das hätte ganz, ganz übel enden können! Mit meinem Vater zum Beispiel. Sie redete etwas auf ihn ein: "Du kannst ihn doch nicht einfach küssen! Seine Eltern sind katholisch, möchtest du in noch mehr Ärger geraten?". "Also auf diese Art... ja...?", war er eher schüchtern.

Leiser werdend sah sie sich kurz um, dann trat sie uns näher: "Macht das doch wenigstens irgendwo, wo ihr nicht so leicht entdeckt werden könnt! Gleich hat ihr eine Klasse Sport! Außerdem müsstet ihr zum Gespräch mit dem Direktor! Ihr schwänzt somit gerade!". Aurelian stand auf und ging mit gesenktem Kopf voraus: "Muss doch keiner wissen...". Ich folgte ziemlich stolpernd. Zurück im Büro trat ich nur mit verschränkten Armen rein, als meine Eltern mich vorwurfsvoll ansahen. Direkt sprach ich stur: "Ich habe meine Aussage schon getätigt. Ich habe die Explosion gezündet, aber Aurelian dazu angestiftet, das Zeug zu holen, während ich den Lehrer ablenke. Mithilfe eines Geheimnisses habe ich ihn dazu erpresst, dann auch noch auf normal zu tun. Er trägt pure Unschuld. Ich akzeptiere die Strafe dafür jetzt schon ohne Widerworte". Mutter fragte mich: "Warum schützt du ihn?! Du siehst doch, wie er lebt! Vor Gott ist er ein Sünder!". "Gott ist mir egal und das weißt du! Außerdem habe ich es gezündet! Zu lügen ist doch wohl die größere Sünde! Sei doch froh, dass ich die Wahrheit sage! Nur um ihn zu erniedrigen kann ich doch nicht lügen!", rechtfertigte ich mich.

Ja, das war widersprüchig. Ich weiß. Denn alles war die reinste Lüge, was ich dort sagte.

Da schüttelte auch Aurelian mit dem Kopf: "Shiro, nein. Das warst nicht du. Ich hatte die Idee und ich habe gezündet". Einer seiner Mütter schreckte auf: "Nie im Leben würdest du so etwas tun! Du bist doch unser Engel!". Die andere schnaufte: "Du brauchst ihn nicht zu schützen!". Die Nachlässigere war auch die, die uns in der Umkleide auffand. Sie wand sich an den Direktor: "Tut mir leid Mister Wright, aber Aurelian ist ein unbeschriebenes Blatt. Nie im Leben würde er seine Mitschüler absichtlich in Gefahr bringen". Der Direktor stimmte ein: "Ich verstehe. Shiro Collins war ja auch schon die ganzen letzten Jahre für die Vorliebe der pyromanischen Experimente in der Schule bekannt und mehrmals registriert". Ich nickte: "Sag ich doch, ich war es". "Und das, obwohl dein bester Freund nicht mehr zur Schule geht?", fragte er mich. Leicht zischte ich: "Ich muss ihn doch in Ehren halten. Schließlich ist er nicht tot. Ich wette, dass er in Australien ebenfalls Unsinn im Unterricht anstellt!". "Nun gut", er sank im Stuhl zurück, "Natürlich, wie jedes Mal, wird deiner Familie eine Geldstrafe verhängt. Zusätzlich darfst du nach der Schule dein Training ausfallen lassen, um putzen zu kommen. Mit dürfen versteht sich müssen, aber das weißt du ja alles schon". Knapp nickte ich es ab.

"Ihr seid entlassen", nickte auch er. Vater packte mich direkt am Arm und zerrte mich vor die Tür. Dort schnauzte er mich erstmal an: "Was fällt dir eigentlich ein?! Hat es dir damals nicht gereicht, als du mit Damian die Fensterscheiben hast raus fliegen lassen?! Jetzt dürfen wir wieder wahrscheinlich tausend Dollar blättern! Du denkst auch, das Geld würde auf den Bäumen wachsen, oder?! Ich gehe hart täglich dafür arbeiten, damit du abwechlungsreiches Essen auf dem Tisch stehen und ein warmes Zimmer hast! Und am schlimmsten ist das mit diesem Jungen! Was bist du?! Schwul?!". Gab es da nicht mal einen Weg, um Lügen zu umgehen? Ich kreuzte meine Finger hinter meinem Rücken: "Natürlich bin ich das nicht! Das habe ich euch damals mit Damian schon erklärt, das war mir falsch raus gerutscht, als es rüber kommen sollte! Aurelian ist mein neuer Laborpartner, dafür kann ich doch nichts! Ich habe mich dazu entschieden, das so hinzunehmen, da er viel Ahnung von Chemie hat und mir wirklich als Ticket ins College behilflich sein könnte!".

Da schockte meine Mutter mich: "Die Schule ist offensichtlicher Weise kein gutes Umfeld für dich! Eventuell sollten wir dich einfach auf eine Privatschule versetzen und das College und jegliche Treffen mit Damian kannst du dann auch streichen!". "Bitte was?!", schrie ich laut, "Das könnt ihr nicht tun!". "Oh doch, das können wir, denn du bist noch nicht volljährig!", bestritt mein Vater, "Und keine Abers! Wir entscheiden!". Mutter schnaubte, während sie schon zum Ausgang ging: "Sieh zu, dass die Beziehung zu diesem Aurelian nur schul-intern bleibt und dass ihr nur dann redet, wenn es nötig ist! Ansonsten bekommst du Privatunterricht! Und Damian wirst du nie wieder sehen!". Aufgebracht atmete ich schnell, mein Herz raste vor Wut. Sie konnten mir doch nicht einfach mein freies Leben nehmen! Ich spürte auf einmal eine Hand auf meiner Schulter und Aurelian sprach sanft: "Möchtest du etwas zusammen schlagen...?". "Oh ja!", knurrte ich laut.

"Komm mal mit...", er nahm meine Hand und führte mich. Also wieder mehr schwänzen? Ach, war mir jetzt auch egal.


Oh Lord I'm GayWo Geschichten leben. Entdecke jetzt