Kapitel 17

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Ich war die gesamte Zeit wütend. Selbst nach der Schule. Sogar nach dem Putzen, wo ich Aurelian gar nicht mehr sah und in der Halle mit Delia für die Dekorationen saß. Aufgebracht schnitt ich die Formen aus. Delia merkte nach einer Weile, wie aggressiv ich war und sie warnte mich: "Pass auf, du schneidest dir gleich in die Finger. Du hast schon eine Verletzung, die reicht doch". Da ging mir ein Licht auf. Tief atmete ich durch und legte den Bastelkram zur Seite. Da nahm ich ihre Hände und fragte: "Hast du mittlerweile eine Begleitperson für Homecoming gefunden?". "Nein, wie lief es mit dir?", wurde sie leicht rot. "Die Person, die ich fragen wollte, bist du. Aber ich habe mich bis jetzt noch nicht getraut. Doch bevor dich mir jemand anderes weg nimmt, frage ich doch lieber jetzt", log ich sie an. Sie errötete noch mehr, lächelte aber weit: "Shiro... Liebend gerne... Ich dachte schon, ich sei die letzte Person, die du fragen würdest...". Gar nicht gut. Aber das realisierte mein Schildkröten-Gehirn wie immer dort nicht.

Grinsend ließ ich ihre Hände wieder los: "Gut, ich freue mich...". Es kaum glaubend nickte sie schwach: "Ich mich auch... K- kann ich dich kurz alleine lassen...?". "Geh nur", erlaubte ich ihr, in meinem immer schlimmer werdenden Plan versinkend. Aurelian hatte mir noch keine Rechtfertigung dafür gegeben, weshalb er mich so schnell ersetzen konnte. Stattdessen hatte er mich ausgequetscht. Das war das, was mich so zum rasen brachte - Ich durfte keine Antwort haben, aber er konnte mich ausfragen und auf die Knie zwingen. Wie ein kleiner Player, der sich etwas zu sehr an mich hing und nun mit Konsequenzen zu rechnen hatte. Ihm gefiel es sicherlich genauso wenig, mich so schnell mit wem Anderes zu sehen. 

Delia kam schüchtern lächelnd zurück. Eventuell hörte ich zwischen meinen Gedanken sie vor Freude Quietschen, das konnte aber auch genauso gut Einbildung gewesen sein. Plötzlich packte sie mich an meiner gesunden Hand und zog mich vom Boden: "Komm Shiro, lass uns anfangen zu dekorieren!". Sie hatte noch mehr Energie als vorher, was etwas beunruhigend war. Aber sie riss nicht das Gebäude ab, wie befürchtet. Lachend hob sie ein paar Girlanden aus einer Kiste und sah mich vor Freude funkelnd an: "Heb mich auf deine Schultern!". Ich tat, was sie sagte. So dekorierten wir auch Bereiche der Halle, an die man ohne eine Leiter nicht gekommen wäre. Nach ein paar Wänden sprang sie wieder runter und machte mir Komplimente: "Du kannst mich aber ganz schön lange tragen. Du bist richtig stark". "Nicht wirklich, du bist einfach leicht", zuckte ich mit den Schultern. "Ach komm, sei ruhig ehrlich mit dir selbst. Du bist doch bestimmt in einem Sportklub", leicht pikste sie mir in die Seite. Ich gab zu: "Ja gut, Fußball. Aber das trainiert nicht unbedingt meine Schultern". "Aber deine Beine, also wirst du doch hoffentlich mit mir beim Homecoming-Ball tanzen", sie wackelte mit den Augenbrauen.

Ich fing an zu zögern: "Ich möchte dir den Abend wirklich nicht ruinieren, aber ich tanze nicht wirklich...-". Da sprang sie zum DJ-Pult, machte Musik an, kam zu mir zurück und fing an zu tanzen: "Dann lernst du es eben bis dahin. Ist ja noch eine Woche Zeit für übrig". Etwas unbeholfen bewegte ich mich mit ihr im Rhythmus. Nur hörte ich plötzlich etwas auf dem Boden zerknacksen. Erschrocken sah ich runter auf mein nun geschrottetes Handy. "Oh nein...", wurde ich bleich. Delia fühlte sich schuldig: "Bin ich das Schuld? Oh Mann, ich hätte nicht mit dir tanzen dürfen! Es tut mir so sehr leid!". "Keine Sorge, du bist ja nicht drauf getrampelt", beruhigte ich sie, während ich mein Handy hoch hob, "Meine Eltern werden zwar sauer sein, aber es ist ja nur ein bisschen überteuertes Plastik. Ich komme auch ohne klar. Mach dir keine Sorgen darum, mit dir zu tanzen hat Spaß gemacht". Schüchtern strich sie sich eine lose Strähne hinter die Ohren: "W- wirklich...?". "Ja, ey komm schon. Unsere Generation hängt doch eh zu sehr an diesen elektronischen Geräten", mit den Worten warf ich das Handy wieder auf den Boden.

"Aber was ist mit Bildern oder so...?", fragte sie unsicher, dabei strich sie sich die gleiche Strähne immer wieder weg. "Ich lade alles so ziemlich direkt auf meinen USB Stick. Also ist das kein Problem. Lass das unsichere Gesicht, es ist alles in Ordnung", nickte ich. Weiterhin kämpfte sie mit ihrer Strähne. Ich nahm ihre Hände runter und klemmte für sie die Strähne neu in ihre Haarklammer am Hinterkopf. Sie wurde ruhiger, trotzdem behielt sie ihr Lächeln: "Weißt du...? Alle haben das total falsche Bild von dir... Es gehen sehr böse Gerüchte über dich herum und nur wenige Gute...". Ich lachte: "Es gibt gute Gerüchte über mich?". Sie wurde wieder rot: "Ja... Ich denke zumindest, dass es gut für den Ruf ist... Abigail und Emma meinen, sie waren mit dir letzte Woche im Klub gewesen und... du seist ein guter Küsser...". Nun wurde auch ich leicht rot: "K- kann sein...? Schätze...? Ich kann es nicht bewerten...". Sie fuhr fort: "Jedenfalls heißt es trotzdem, dass du ein einfacher Trottel seist. In der Schule zu kindisch und im Klub eben zu langweilig. Besonders deine Experimente haben schon so einige erbost. Aber... du bist weder noch. Eigentlich bist du doch ganz liebevoll und nett und... einfach nur selber ein Mensch...".

Ich lächelte verlegen: "Ich... wow, fühle mich geehrt. Das sind nicht die Worte, die ich in erster Linie über mich selbst höre... Danke dir...". "Manchen muss man einfach näher zuhören oder ihnen eine zweite Chance geben. Und ganz ehrlich, Shiro? Würdest du jetzt noch etwas falsch machen, würde ich dir sogar drei Chancen geben", sprach sie mir Mut zu. Kurzweilig lächelten wir uns still an, dann sprach sie wieder normal: "Na gut, wir haben heute gut etwas geschafft. Und gut etwas kaputt gemacht. Wenn du möchtest, dann kann ich dir etwas bei einer Finanzierung für ein neues Handy beisteuern". "Brauchst du wirklich nicht. Wofür denn auch?", lehnte ich ab. Sie zögerte: "Naja... Für die ganzen Rosen und sonstigen Blumen die ich von dir verlange...". "Bitte wie?", ich sah sie nicht ganz verstehend an. "Sie müssen auch nicht echt sein. Es geht darum, dass wir mindestens 25 Rosen für die Tische im zweiten Stockwerk brauchen und je nachdem mehr Rosen für hier unten oder andere Blumen... für hier unten", erklärte sie. "Das kriege ich auch so hin. Da musst du doch nicht für so etwas Teures beisteuern. Wobei du mich hierzu mehr oder weniger gedrängt hast. Aber ich habe auch Spaß, also...", lehnte ich wieder ab.

Auf einmal umarmte sie mich: "Das freut mich sehr, dass du mir hier aus hilfst. Danke, Shiro". Ich umarmte sie einfach wortlos zurück. Danach ging ich mit meinen Sache zur Tür. Nochmal drehte ich mich kurz um: "Hey... Möchtest du auch eine Rose haben? Nur für dich?". Sie schien sich fast zu verschlucken: "Ich-? Wirklich? I- ich meine, das entscheidest lieber du". Kurz lachte ich, dann nickte ich: "Du bekommst eine Rose". Dann verließ ich die Halle und machte mich auf den Weg nach Hause. Dort drückte mir Joel natürlich wieder die Hundeleine in die Hände: "Vergiss ihn nicht, Idiot!". Er streckte mir die Zunge raus, ich streckte meine ihm zurück. Unerwarteter Weise waren meine Eltern mal Zuhause. Und ich stand ungünstig. Ich hörte nur meinen Vater: "Shiro? Was hast du da am Hals?". Ich schreckte hoch: "Ihr seid Zuhause?!". Er stand mit strengem Blick auf und kam direkt auf mich zu. Panisch klatschte ich meine Hand auf meinen Hals: "Schön, dass ihr hier seid. Hallo erstmal, wie war euer Tag denn so?". Er riss meine Hand runter und sah sich skeptisch die Stelle an.

Nach Hilfe fragend sah ich zu Twix, doch dieser verweigerte sich, mir zu helfen! So ein böser Hund...!

Zusätzlich roch Vater noch an meinem Kragen und meinte dann sauer: "Das riecht nach Mädchen-Parfum!". "Ich schwöre, ich wollte nicht-! Nach was?", schob ich erst Panik, dann realisierte ich, was er gesagt hatte. Er stellte mich zur Rede: "Du hast eine Freundin und sagst uns davon nichts?!". Mein Gesicht wurde blass: "Freun... din...?". Mutter trat hinzu: "Schatz, was ist denn los?". "Unser Sohn hat wohl eine Freundin und hat uns nichts davon erzählt!", erklärte er ihr aufgebracht. Meine Mutter bekam hingegen leuchtende Augen: "Das erklärt bestimmt sein seltsames Verhalten in letzter Zeit! Shiro, lade sie bitte so schnell wie möglich ein! Wir müssen sie kennen lernen! Du kennst die Regeln ja!". "Ich...", meine Gedanken zogen nicht ganz nach. Sie lachte: "Das ist aufregend! Mit Glück haben wir schon unsere Schwiegertochter gefunden! Der Junge, der letztens hier war, dem hast du dich bestimmt anvertraut! Schatz, wir sind zu aufdringlich! Deswegen hat er es uns verheimlicht!". Wer zwang mich denn zum Beichtstuhl?! Wenn man schon davon sprach, da zwinkerte sie mir zu: "Ich kann mir jetzt schon denken, was deine Sünde war. Das sollten wir dir noch vergeben können".

Ja... Klar...

Ich war erledigt...

Vater brummte: "Ich würde sie gerne dieses Wochenende hier zum Abendessen haben". Schon?! Ich explodierte fast: "Das geht nicht!". Beide sahen mich skeptisch an: "Wieso nicht?". Nun stellte ich mir selbst Fallen: "Dieses Wochenende ist Homecoming, wir gehen gemeinsam dorthin und wir bereiten alles dafür vor. Sind immer beschäftigt, ja sehr. Keine Zeit". Daraufhin wurde Vater nur noch strenger: "Spätestens bei deiner Firmung möchte ich sie treffen und kennen lernen". Das war gerade Mal das Wochenende darauf.

Ja. Sowas von erledigt.

Oh Lord I'm GayWo Geschichten leben. Entdecke jetzt