Kapitel 16

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Schon wieder saß Aurelian nicht im Bus. Aber Delia setzte sich wieder neben mich: "Morgen Shiro, kannst du diesmal heute die Deko mit mir zusammen erarbeiten?". Ich nickte etwas nachdenklich. Sie nahm meine Hand und lächelte: "Komm, mehr Positivität zeigen! Du hast immer diesen düsteren und negativen Blick!". "Weil zur Zeit nichts so läuft, wie es sich gehören sollte. An sich wäre es ja aufregend, weil es eine Herausforderung wäre. Aber so langsam gehe ich an meine Grenzen...", murrte ich sauer. Nachdenklich ließ sie meine Hand wieder los: "Wenn es dir wirklich nicht so gut geht, dann solltest du nicht zum Homecoming erscheinen... Am Ende wäre ich Schuld, wenn es dir noch schlechter geht... Das will ich nicht". "Manche Dinge sind unvermeidlich", zuckte ich mit den Schultern. "Also kommst du trotzdem?", fragte sie unsicher nach. "Ich habe wirklich nichts mehr zu verlieren", sprach ich gelangweilt.

"Dann solltest du dir so langsam eine Begleitung einfangen. Glaube mir, zu solchen Veranstaltungen will man nicht alleine hin", wurde sie schnell wieder heller. Ich umging das eher: "Hast du denn schon jemanden?". "Ich suche fleißig", zwinkerte sie mir zu, "Hast du jemanden im Sinn?". Also... Wenn ich letztendlich doch dorthin ging... Er wäre sicherlich auch glücklich gewesen, hätte ich zugesagt. Um aber das Herzbrechen zu vermeiden, würde ich ihm klar deutlich machen, dass das kein Date für mich war. Ich war nur gezwungen da. Also nickte ich Delia verzögert zu. Sie stand wieder auf: "Dann wünsche ich dir viel Glück! Ich drück dir die Daumen!". Ich dachte nicht, dass ich dafür Glück gebraucht hätte. Schließlich hatte Aurelian mich zuerst gefragt. 

Daher machte ich mich in der Schule schon auf die Suche nach ihm. An seinem Spind fand ich ihn. Nur wie machte ich das jetzt am geschicktesten? Moment mal, er hatte ja nicht sauer auf mich zu sein. Ich hätte eigentlich jedes Recht gehabt, auf ihn sauer zu sein. Die Zusage war mir doch schon sicher. Also machte ich mich locker und ging zu ihm rüber. Hinter seiner Spindtür versteckt "sprach" ich ihn an: "Wuff". Verwirrt und leicht erschrocken sah er mich an: "Sh- Shiro...?". Ich wiederholte: "Wuff". "Was... wird das...?", fragte er schüchtern. "Ich bin doch ein Hund, nicht wahr?", lächelte ich ihn an. Ihm stand die Überraschung ins Gesicht geschrieben: "Es tut mir wirklich leid... Das ist mir aus Frust so raus gerutscht...". "Ist schon gut. Ich bin auch frustriert gewesen. Hör zu, wegen letzter Woche Donnerstag. Ich habe jetzt fest gestellt, dass...", ich sah, wie ein blonder und großer Junge hinter Aurelian zielstrebig auf uns zukam. Aurelian drehte sich um: "Ist etwas? Oh, hey Eddie". Er grüßte grinsend: "Morgen Aurelian". 

"Es ist gerade etwas ungünstig... Ich bin in einem Gespräch...", versuchte Aurelian ihn höflich wieder weg zuschicken. Doch dieser Eddie blieb noch: "Ja, alles gut. Ich bleibe auch nicht lange. Ich wollte dich nur fragen, was du von dem hier hältst?". Aurelian wurde leicht rot: "Der... würde dir sicherlich gut stehen...". "Wirklich? Dann gehe ich den heute Nachmittag kaufen. Ich freu mich voll! Vor allem freue ich mich darauf, dich in einem Anzug zu sehen", lachte er fröhlich. "Zum letzten Mal, ich werde keinen richtigen Anzug tragen...", nuschelte er den Blick von allem abwendend. "Du bist so schüchtern", schmunzelte Eddie und legte locker seinen Arm um Aurelian. Dann wand er sich an mich: "Shiro, richtig? Hast du auch schon jemanden zum Homecoming?". Aurelian schluckte eingeschüchtert: "Er geht nicht dorthin...". "Aw, schade! Hübsche Jungs sind auf diesen Veranstaltungen immer gerne gesehen", bemitleidete er. Mir fehlten die Worte. So drehte ich mich um und ging einfach.

Mir tat alles weh. Wie ein schlimmer Muskelkater oder als sei ich von fünf Metern aus der Luft mit dem Gesicht voraus auf den Boden geklatscht. Das wäre fast noch peinlicher geworden, als es schon war. Hätte ich die Frage schon ausgesprochen gehabt, das wäre noch seltsamer geworden.

~~~

Chemie war der Horror!

Was ein Glück, dass wir an dem Tag keine Partnerarbeit zu machen hatten! Aber ich saß fast eine ganze Stunde so nah an ihm... Punkt genau auf die Klingel schmiss ich meine Sachen in meinen Rucksack und warf ihn sogar noch geöffnet auf meinen Rücken. Aber Mister Johnson hielt mich auf: "Collins, kommst du bitte kurz?". "Nein!", rief ich panisch. "Shiro", sprach er drohender. Ich knurrte stark aufgebracht und schliff mich zu seinem Pult. Dann wurde es noch schlimmer, als er rief: "Shelton, du bitte auch". Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich wirklich das Bedürfnis, einen meiner Lehrer umzubringen. Aber so wirklich ernst gemeint. Und dann auch noch meinen Chemielehrer. Als Aurelian auch dabei stand, sprach er genau das an, was ich umgehen wollte: "Ihr habt euch heute ungewöhnlich ruhig verhalten. Normalerweise seid ihr beide im Unterricht sehr lebhaft und redet gerne. Auch jetzt, wo ihr Laborpartner geworden seid. Doch heute schien es so, als hättet ihr euch mit Absicht ignoriert". Ich verschränkte meine Arme und schnaubte: "Was hat sie das denn anzugehen?". "Ich bin auch der Vertrauenslehrer dieser Schule", erinnerte er mich.

Er stand auf: "Ich weiß, dass unser Schulsystem manchmal wirklich für mentale Probleme bei Schülerinnen und Schülern führen kann. Und wenn andere Probleme zu vermeiden oder zu lösen sind, dann ist es mein Job, dies möglichst zu tun, damit die jungen Leute hier nicht total verzweifelt einen Jahrgang verlassen. Am schlimmsten wäre es, den letzten Jahrgang unmotiviert und deprimiert zu verlassen, da es dann ins richtige Leben geht. Von daher würde ich gerne darüber informiert werden, wenn ich bei einem Problem helfen kann". Ich schüttelte stark mit dem Kopf: "Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir das Problem nicht lösen können". Aurelian versuchte es eingeschüchtert: "Doch, wir können sicherlich nochmal reden...". "Vergiss es! Es ist vollkommen verständlich, wenn du nicht alleine zum Homecoming möchtest! Aber du hast mich erst vorgestern gefragt! Vorgestern! Und jetzt hast du schon jemanden gefunden, mit dem du gehen kannst! Muss ja echt ein klasse Kerl sein, wenn du mich so schnell ersetzen konntest! Ja natürlich, ich bin der Hund!", ich hielt meine Emotionen nicht mehr unter Kontrolle und sprach genau das aus, was ich dachte.

"Shiro, ich habe nicht...", er sah mich verzweifelt und entschuldigend an. "Mir egal!", rief ich laut dazwischen. Mister Johnson ging dazwischen: "Jungs, ihr habt Recht, da kann ich wirklich nicht mitreden. Aber ich bitte euch, das wenigstens leise zu klären. Ich denke nicht, dass irgendjemand es gerne hat, wenn die ganze Schule über die privaten Probleme Bescheid weiß". "Sorry...", zischte ich leiser. Der Lehrer nahm seine Tasche und machte sich auf den Weg: "Sollte ich doch helfen können, dann sprecht mich jederzeit an". Er verließ das Klassenzimmer, da wollte ich folgen. Doch Aurelian packte mich an der Kapuze und hielt mich dort fest: "Bleib mal hier". "Wir haben Unterricht!", knurrte ich abweisend und riss mich los. Ich stand schon kurz vor der Tür, da haute Aurelian die Tür zu und schloss sogar ab. Im Klassenzimmer war keiner mehr, außer uns beiden. Er senkte seine Stimme zum leichten Drohen: "Du. Bleibst".

Er packte mich an den Schultern und drehte mich so, dass mein Rücken gegen die Tür knallte. Mit funkelnden Augen durchbohrte er mich: "Das ist nicht, was du mir vorhin sagen wolltest, Collins. Und ich lasse dich nicht gehen, ehe du mir nicht gesagt hast, was du wolltest". Weigernd drehte ich meinen Blick weg. "Von mir aus bekomme ich nochmal Ärger fürs Zuspätkommen. Von mir aus tanzen meine Eltern hier nochmal an. Aber was ist mit dir? Willst du das wirklich riskieren? Oder willst du mir nicht lieber sagen, was dein Anliegen eben war und wir sind schneller hier raus?", drängte er mich. Ich knurrte leise: "Ich wollte dich...!". Seine Oberhand fiel und er machte große Augen: "Bitte was?". "Dich als meine Begleitperson zum Homecoming-Ball! Du hast mich nicht ausreden lassen!", wurde ich lauter und stark rot im Gesicht, "Ich helfe bei den Dekorationen und nun wurde ich auch gedrängt, dorthin zu gehen! Ich dachte mir, wenn ich eh schon dorthin gehe, dann sollte ich dich fragen! Mit irgendwen anderes würde ich nicht dorthin wollen... Du bist der einzige, den ich kenne...". 

"Du kennst mich also", wurde er skeptisch. "Ja?", weiterhin sah ich ihn nicht an. Er stützte sich mit seinen Armen über mir ab und sah auf mich herab: "Das ist alles?". "Ja!", blieb ich stur. Plötzlich küsste er meinen Unterkiefer und fragte nochmal nach: "Und du bist jetzt wirklich nur sauer, weil ich dich so schnell... ersetzt... habe?". Mein Stand wurde unsicherer: "E- es ist wirklich unhöflich!". "Wäre es so unbedeutsam für dich, dann wäre es dir vollkommen egal...", senkte er seine Stimme immer weiter. Ich bekam Gänsehaut. Und Übelkeit. Diese aufgedrängte Nähe war mir nicht Recht! "D- du weißt jetzt, was mein Anliegen war! Lass mich gehen!", stotterte ich leicht. Es klingelte zur nächsten Stunde. Aurelian schloss die Tür wieder auf und meinte nachgiebig: "Wir werden sagen, dass wir noch in einem Gespräch mit Mister Johnson waren". Böse und doch unsicher sah ich ihn an.

Oh Lord I'm GayWo Geschichten leben. Entdecke jetzt