14.05.2016
Ich zähle keine Kalorien mehr, sondern ich versuche, mir ein normales Essverhalten anzugewöhnen. Manchmal esse ich aber doch noch zu viel.Seitdem ich keine Kalorien mehr zähle, fühle ich mich dicker und als hätte ich ein Stück Kontrolle verloren.
Deshalb glaube ich, dass ich dieses Keine-Kalorien-Zählen nicht mehr lange durchhalte.05.06.2019
[...] Heute hatte ich einen Essanfall mit Bananenbrot und einem 200g-Glas Nuss-Nougat-Creme. Ein verdammtes Glas! Ich bin nicht gerade stolz. Viel mehr bin ich enttäuscht, dass ich nicht normal essen kann. Fast das ganze Bananenbrot habe ich gegessen. Nein, verschlungen! Und das auch noch im Stehen!Abends sind meine Eltern mit mir Essen gegangen und ich habe eine Gemüsepizza gegessen. Psychisch habe ich mich danach nicht gut gefühlt.
Übrigens zähle ich doch wieder Kalorien, um die Kontrolle nicht zu sehr zu verlieren. Ich kann es einfach nicht lassen. Dabei will ich doch einfach nur normal essen können! Verdammt.
Zu lange versuche ich schon, abzunehmen und keine Fressanfälle zu bekommen, aber es funktioniert nicht. Ich bin am Verzweifeln.-----------------------------------------------------------------------
Nun war ich also zum wiederholten Male bewusst im Kaloriendefizit. Ich lernte nicht aus meinem Fehler, meine Kalorien zu reduzieren und starken Hunger auszuhalten, sondern war stattdessen der festen Überzeugung, dass es an meinem Durchhaltevermögen lag.
Ich müsse den Hunger aushalten, um Gewicht zu verlieren, dachte ich. Den Hunger irgendwie akzeptieren.
Doch je länger ich den Hunger aushielt, desto aggressiver wurde ich.
Hunger macht jeden aggressiv. Das liegt an den Hormonen, die der Körper im Hungerzustand ausschüttet bzw. nicht mehr ausschüttet.
Regelmäßiges Hungern bedeutete also regelmäßige Wutausbrüche.12.06.2016
Die letzten zwei Wochen war ich körperlich schwach. Von Tag zu Tag wurde es schlimmer. Das lag zum einen am Wetter und zum anderen wahrscheinlich an meiner Ernährung. 1600-1700 kcal täglich plus Sport. Meinem Körper mangelt es wahrscheinlich an Energie, obwohl ich eigentlich immer denke, dass das Kaloriendefizit doch gar nicht mehr so krass ist. Es sind ja nicht mehr 1.100 Kalorien. Aber weil ich im Moment so schwach bin, will ich meinem Körper jetzt am liebsten etwas mehr Energie geben. Ich habe nur Angst, dass ich dann viel zu viel zunehme.In der Schule dachte ich, ich kippe jederzeit um, so schwach und tot fühlte ich mich. Als ich nach Hause kam, war ich so erschöpft und hungrig, dass ich schon richtig gereizt und wütend war. Mama und Nico haben das leider zu spüren bekommen, obwohl sie ja nichts dafür konnten. Ich habe mir Karotten gedämpft und Tofu ohne Öl angebraten und wurde noch wütender, als ich gesehen habe, dass meine Alnatura Tomatensoße Toskana fehlte. Weil ich so schwach war, wollte ich schnell irgendwas essen, also habe ich in den Kühlschrank geguckt und nach dem kalorienreichsten Lebensmittel gegriffen, welches ich finden konnte. Vegane Schokolade. Die ganze Tafel habe ich in wenigen Minuten verschlungen. Etwa 550 Kalorien.
Als die Karotten fertig waren, wollte ich sie nicht mehr essen, weil mich kalorienarmes Essen nicht mehr interessiert, sobald ich einmal in einem Essanfall gefangen bin, also habe ich sie in meiner enormen Wut auf den Boden geschmissen und bin in mein Zimmer gerannt. Ich verließ die Küche in einem kleinen Chaos.
Aus lauter Verzweiflung habe ich meinen Schoko-Rohkostriegel gegessen, den ich mir eigentlich noch aufheben wollte, bis nach meinem freiwilligen Praktikum in der Tierklinik. Trotzdem habe ich ihn gegessen. Etwa 200 Kalorien.
Ich habe meine Zimmertür verschlossen, mich auf meine Yogamatte gelegt und kein einziges Geräusch von mir gegeben, weil ich wollte, dass sich meine Mutter Sorgen macht. In dem Moment spielte ich einen Toten. Gleichzeitig wollte ich unbedingt einer sein.
Nach etwa 15 bis 20 Minuten habe ich meine Tür wieder aufgeschlossen und wurde von meiner Mutter in den Arm genommen. Es war das, was ich eigentlich die ganze Zeit wollte. Liebe, Geborgenheit, Wärme. Ganz viel davon. In diesem kurzen Moment gab es Mamas Depressionen und Tic-Störung nicht mehr. Doch wenige Minuten später fing dieses nervige Räuspern wieder an. Zurück in die Realität.
Für sie ist es wahrscheinlich noch schlimmer, weil ich mich immer mehr von ihr distanziere, aber ich muss mich nunmal auch irgendwie schützen können, obwohl ich mich gleichzeitig nach der Liebe meiner Mutter sehne. [...]
DU LIEST GERADE
Wer nicht (auf seinen Körper) hören will, muss fühlen
Ngẫu nhiênEine sehr persönliche Geschichte, die durch sämtliche Höhen und Tiefen einer Essstörung und deren Genesung geht. Realitätsnah. Emotional. Echt. (TRIGGERWARNUNG: Gewicht, Kalorien, Depressionen, Selbsthass)