Freundschaft bleibt

72 4 1
                                    

Bevor die Blondine ihre Papiere für die Entlassung bekam, gab es noch einmal eine venöse Flüssigkeitszufuhr und ein psychische Beratung.
Glücklicherweise hatte die Kollegin gerade keine Beratung und nahm ihren Auftrag bezüglich eines Abbruchs wahr.
„.... Ich will es einfach nicht! Nicht jetzt!", antwortete die Blondine als die Frau zu ihr kam und vorsichtig dieses Thema besprechen wollte, „Ich werde es abtreiben lassen und da brauchen Sie mich auch nicht bequatschen und Zeit verschwenden.".
„Frau Fischer! Sie wissen es erst seit ein paar Stunden. Wollen Sie es nicht erst einmal mit ihrem Partner besprechen?" - „Nein. Davon brauch er erst gar nichts wissen! ... Mein Leben ist schon turbulent genug gerade....", antwortete die junge Frau.
Die Frau versuchte im laufe des Gesprächs dann über einen Umweg die Blondine zu erreichen, während sie alle Punkte ausgesprochen hatte weswegen sie sich dagegen entschlossen hatte.
„Das sind doch zwei völlig verschiedene Paar Schuhe und hat nichts mit dem anderen zu tun. Ihr Ex Freund ist in guten Händen, wenn ich das richtig verstanden habe......".
Im weiteren Verlauf allerdings kam die Erleuchtung der jungen Frau. Quasi hatte sie diese Schwangerschaft selbst herausgefordert.
„Wie meinen Sie das?" - „Kurz nachdem ich mit Christoph zusammen gekommen bin, hab ich die Spirale verloren. .... Ich wollte die Zeit bis zur neuen erstmal mit der Pille überbrücken und ...." - „Sie haben es auf gut deutsch verschlampt und quasi ohne alles mit ihrem Partner geschlafen?".
„Ja.", seufzte Helene bedrückt und fing an sich irgendwie schuldig zu fühlen. Denn es hätte verhindert werden können.
„Und glauben Sie denn, das ihr Partner dieses Kind auch nicht wollen würde?".
Sofort schüttelte Helene den Kopf, denn war sie sich sogar ziemlich sicher das Chris sich sehr darüber freuen würde.
„Ich kann Sie zu nichts zwingen! Aber schlage ich vor, das Sie erstmal in Ruhe mit ihrem Partner darüber sprechen sollten. Und erst dann entscheiden. Es ist Ihr gemeinsames Baby.".
„Eher unser gemeinsamer Unfall.", scherzte die Blondine nun sarkastisch und sah zu ihrem noch flachen Bauch.
Aber die Erfahrungen von früher, fühlten sich dazu auch sehr real noch an.
„Na wenigstens können Sie schon mal scherzen.", musste die Frau auch über Helenes Aussage schmunzeln, „Und ich denke Ihre große Tochter wird sich auch freuen über ein kleines Geschwisterchen.".
„Ich hoffe es. Mir fehlt soviel Zeit mit ihr, welche ich versuche irgendwie nachzuholen. Aber immer kommt etwas dazwischen.".
Bei dem Wort nachholen hakte die Frau nach, weshalb Helene ihr in Kurzfassung erklärte was damals geschehen war.
„Und jetzt haben Sie bestimmt Angst das so etwas noch einmal geschieht, oder?".
Bedrückt nickte Helene.
Worauf die Frau ihre Hand auf Helenes legte und sie zuversichtlich anlächelte.
„Das dies sich wiederholt glaube ich nicht! Ihr Partner wird sich freuen denke ich.".
„Aber die Erinnerungen bleiben trotzdem! Damals hatte ich mich auch wahnsinnig gefreut und wurde so bitter enttäuscht!" - „Trauen Sie es ihrem Partner zu, das er ....", hakte die Frau weiter nach und dann klopfte es kurz bevor Chris dann freudig hinein kam.
„Hey....", trat er zu Helene um sie mit einem liebevollen Kuss zu begrüßen.
Die Frau beendete daraufhin das vertrauliche Gespräch und legte Helene dringend noch einmal ans Herz sich alles gut zu überlegen, bevor sie dann ging.
„Hm. Hab ich etwas verpasst?", war Chris ein wenig verwundert.
„Nein. Alles gut.", antwortete Helene schnell.
Dann war die Infusion auch durch und der Zugang wurde von einer Schwester gezogen. Kurz darauf erhielt die Blondine ihren Arztbrief noch und ein paar Folsäure Tabletten mit.
„... Ist ja lustig. Sowas bekommen doch nur schwangere ....", lachte er süffisant.
„Ich.... Ich hab einen Mangel daran, deswegen.".
„Ah. Na dann ist ja gut. Ich dachte schon.", antwortete Chris und half Helene in ihre Jacke hinein.
„Möchtest Du keine Kinder?", fragte Helene da er seine Aussage mit einem komischen Unterton unterstrich.
„Später vielleicht mal, aber momentan überhaupt nicht! Ewig dies Geschreie und Windeln wechseln, nee das ist nicht so meins.", antwortete Chris und ging dann mit seiner Freundin los.
„Aber Laura..." - „Laura ist was anderes! Sie ist schon groß und pfiffig. Babys sind nicht so meins.".

Stillschweigend fuhr das Paar dann nach Hause oder, wo Helene sich augenblicklich in ihrem Bett verkroch und unheimlich traurig ins Grübeln kam.
„Möchtest Du was Schatz, etwas essen oder so?" - „Danke. Lass mir einfach etwas meine Ruhe.", antwortete Helene nur kurz und knapp.
So zog sie ihr Handy hervor um sich näher mit dem Thema der Abtreibung zu beschäftigen.
Ein Beratungsgespräch mit entsprechenden Schein hatte die Blondine im Krankenhaus gehabt bevor sie entlassen wurde.
Aber war ihre Angst größer und Chris Aussage auch nicht wie erhofft gewesen.
Deswegen zögerte Helene nun nicht lange mehr und setzte sich mit einer Klinik in Verbindung die sowas durch führt.
Drei volle Tage mussten zwischen der Beratung und dem Eingriff stattfinden. So musste einmal der Besuch bei Nico ausfallen. Dachte Helene erst. Aber würde niemand Verdacht schöpfen, wenn sie den Eingriff in Frankfurt machen würde.
Also rief sie gezielt dort in der Klinik an und bekam auch einen Termin in den Tagen wo sie sich bei Selma aufhält. Dort würde dann ein Alibi mit einer alten Freundin herhalten, da dies ambulant durchgeführt wird und Helene bis zum Abend wieder zurück ist.
Danach hieß es nun abwarten und die Tage gut überbrücken.
Diese Entscheidung fühlte sich für Helene sehr richtig an und wird es auch für alle beteiligten sein.
Sorgsam legte sie dann die Unterlagen und den Termin sicher weg und entschied dann erstmal ausgiebig duschen zu gehen.
Auf keinen Fall wollte sie Chris damit belästigen oder ihre frische Beziehung aufs Spiel setzen und so zeigte die Blondine sich in den nächsten Tagen unauffällig um sich nichts anmerken zu lassen.

Eilig lief die Blondine dann abends durchs Haus, um an ihr Handy zu kommen das nicht aufhörte zu klingeln.
„Selma?", war Helene ein wenig aus der Puste und grinste.
„Ja. Endlich! Mensch ich hab Dir schon geschrieben deswegen. Schau mal das Foto Dir an!".
Gesagt getan. Und Helene staunte nicht schlecht was sie sah.
„Nico ... Er ... Er ist wach?", hielt Helene das Handy in ihrer Hand und zitterte vor Aufregung dabei, „Ist das wirklich wahr?".
„Ja. Ja das ist er und er hat keine Schäden davon bekommen! Also Nico kennt uns alle und er fragte schon nach Dir.".
Vor Freude das alles zu hören fing die Blondine an bitterlich zu weinen.
Sie konnte es nicht steuern und es sprudelte nur so aus ihr heraus.
„Helene.... Überstürz jetzt nichts und Du fährst ganz normal wie geplant los! Chris hat mir erzählt was vor ein paar Tagen geschehen war. Krass was so ein Mangel alles auslösen kann.".
Selma wusste es nicht anders und Helene verlor kein Wort zu irgend jemandem wegen ihrer Schwangerschaft.
„Was? Ach so ja."........
Noch eine Weile telefonierten die Frauen zusammen und Helene konnte nicht anders und sprach immer wieder von Nico.
„Also dann bis übermorgen Helene! Und bitte versprich mir das Du nicht überstürzt los fährst!" - „Ich geb mir Mühe. Aber ich freu mich so sehr.".
Überglücklich natürlich setzte Helene dann Laura und Chris in Kenntnis von dem was sie gerade erfahren hatte.
Laura war ebenso glücklich über diese Neuigkeit. Bis auf Chris, der das alles sehr skeptisch betrachtete und genau wusste das er seine Freundin nun nicht mehr halten kann. Und falls er es doch versuchen sollte, Helene ihren Kopf durchsetzen wird und zur Not abhaut.
Irgendwie stellte er sich gerade wirklich die Frage, ob sie ihn wirklich liebt oder ihn nur als Ersatz für Nico gewählt hatte.
„Also fährst Du doch wieder!", knurrte er darauf hin.
„Na klar werd ich fahren! Chris ich hab Dir doch gesagt das ich für ihn da sein werde!".
„Sag mal, mit wem bist Du eigentlich zusammen? Mit mir oder mit ihm? Bei allem Verständnis für seine Situation, aber langsam übertreibst Du es doch." - „Was? Was soll das Chris? Was willst Du denn noch von mir verlangen!".
Helene war es von vorne hin klar das Chris ihr wieder aufs Dach springen wird, sobald er den Namen Nico hört.
„Gar nichts Helene! Ich verlange gar nichts von Dir! Anscheinend bin ich nur Dein Trostpflaster und darf Deine Fehltritte richten." - „Das stimmt doch gar nicht! Ich habe mich für Dich entschieden und liebe dich Chris! Warum bist Du nur so eifersüchtig?".
Es regte Helene unendlich auf wie er nur so denken konnte, warum er so eifersüchtig auf einen sterbenskranken Menschen sein kann.
„Ich werde jedenfalls Morgen früh fahren, ob es Dir passt oder nicht!", war das Gespräch für die werdende Mutter somit beendet.
Augenblicklich ging sie dann wieder ins Schlafzimmer und knallte die Tür.
Chris machte das alles unheimlich wütend.
Deswegen übernachtete er in dieser Nacht auch im Wohnzimmer und bemerkte jedoch nicht, als Helene am nächsten Morgen in aller frühe aus dem Haus ging.
Zuvor schrieb sie noch ein paar Zeilen auf ein Blatt Papier nieder was sie sehr beschäftigte und legte dieses samt einem wichtigen Bild für ihn in Sichtweite.

Der Weg ist das Ziel Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt