Kyries Sicht
Zusammen gingen Iliana und ich zu meinem Zimmer. Auf dem Weg dorthin fragte sie mich über Eliot, Enrique, Noah, Marenia und Kilian aus. Sie wollte wissen, was sie seien, und ich erklärte ihr, dass Enrique und Eliot Dämonen sind, Noah und Marenia Nixen und Kilian ein Gestaltwandler ist. Ich musste die ganze Zeit an das denken, was wir vorhin besprochen hatten, und mir wurde flau beim Gedanken daran, dass Iliana an so einen gefährlichen Ort mitkommen wollte. Jetzt, wo ich sie gerade hatte, wollte ich sie nicht gleich schon wieder verlieren. Doch hatte ich sie wirklich? Wir hatten miteinander geschlafen, und sie meinte, dass sie mich wollte, aber fühlte sie das Gleiche für mich wie ich für sie? Ich brauche mir gar nichts vorzumachen, ich liebte sie. Aber fühlte sie genauso? Wohl eher nicht, im Anbetracht der Tatsache, wie sie reagiert hatte, als ich ihr die Gefährten-Sache erklärt hatte. Ich war so in Grübeleien versunken, dass ich gar nicht bemerkt hatte, wie ich mich auf die Couch gesetzt hatte und Iliana auf meinen Schoß gerutscht war, bis sie mir die Nase zuhielt und ich erschrak, weil ich keine Luft mehr bekam. Ich blinzelte verwirrt und sah ihren Gesichtsausdruck und musste lächeln. Lächeln? Seit sie da war, war es schon fast selbstverständlich geworden. Zuvor hatte ich immer Schuldgefühle gehabt. Doch jetzt? Jetzt erschien es mir als richtig, vollkommen richtig. „Was ist los mit dir? Worüber denkst du nach?", fragte Iliana. „Alles okay", antwortete ich schnell. Sie schüttelte energisch den Kopf und sah mich eindringlich an, was total süß aussah: „Irgendetwas hast du! Los, sag es mir! Ich will es wissen!" Ich zog sie in meine Arme und hielt sie fest an mich gedrückt. Ihre Stimme wurde weicher: „Hey, was ist los?" Sie erwiderte meine Umarmung. Ich atmete tief durch und fragte: „Wie stellst du dir die Zukunft vor?" Ich spürte, wie sie erstarrte.
Ilianas Sicht
„Wie stellst du dir die Zukunft vor?" Gute Frage. Wenn ich ehrlich bin, hatte ich mir darüber keine Gedanken gemacht, seitdem ich hier bin. Dass mein Vater mich verraten hat und zu erfahren, was ich wirklich bin, hat mich dazu gebracht, nur an das Hier und Jetzt zu denken. Um ‚danach' habe ich mir keine Gedanken gemacht. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass ich aufgehört hatte, Kyrie zu umarmen, bis ich in seine Augen sah, die mich ängstlich ansahen. Ich blinzelte ein paar Mal. „Was ist los? Wieso guckst du so?", fragte ich Kyrie erschrocken. „Du wirst mich verlassen, oder?", während er das sagte, schloss er seine Augen und ließ den Kopf hängen. „Nein, werde ich nicht, aber ...", entgegnete ich sofort, doch weiter kam ich nicht, mir fehlten die Worte. Wollte ich wieder zurück in mein altes Leben? Wenn ja, ging das überhaupt? Es war alles anders. „Ich will dich auf keinen Fall verlassen, aber ich habe mir, um ehrlich zu sein, noch keinerlei Gedanken darübergemacht, wie es weitergehen soll. Das Einzige, was ich weiß, ist, dass ich es nicht übers Herz bringen würde, von dir wegzugehen", antwortete ich wahrheitsgemäß. „Und jetzt lass verdammt nochmal nicht so den Kopf hängen und Küss mich! Ich kann es mir nicht erklären, aber irgendwie bringt es mich um, dich nicht zu berühren", forderte ich ihn auf.
Kilians Sicht
„Sie hat dich an sich gebunden", stellte Luc sachlich fest. Zu sachlich. Missbilligend. Ich lehnte mich an den Tisch und steckte meine Hände in die Hosentaschen, um sie daran zu hindern, auf irgendetwas oder vielmehr irgendjemanden einzuschlagen. „Das weiß ich selbst!", zischte ich. „Du weißt, dass du ziemlich am Arsch bist, Wenn sie sich dazu entscheidet, einfach abzuhauen und nichts von dir wissen will?" „Natürlich! Aber was soll ich denn bitte dagegen tun? Ist ja nicht so, dass ich ihr freiwillig mein Blut gegeben hätte! Nein, im Gegenteil, sie hat es sich einfach genommen!", motze ich. „Damit wir uns verstehen, ich habe nicht wirklich das Verlangen danach, dass du vor dich hinraffst, nur weil irgendeine undankbare Vampirin abhaut und dir als Andenken eine Bindung zurücklässt!" „Oh allwissender Luc, was schlagt Ihr vor, diesem Grauen entgegenzuwirken?", sagte ich voller Spott. Ich merkte, wie sich meine Gestaltwandlerseite bemerkbar machte, denn meine Hände waren kurz davor, sich in zwei Klauen zu verwandeln. Dann würde das Kätzchen dem kleinen Hündchen mal zeigen, wie scharf diese Klauen sind! Luc richtete sich auf: „Trink ihr Blut! Sie wird noch nicht ganz fit sein und deswegen mit uns mithierherkommen, du wirst es doch wohl schaffen, an ihr Blut heranzukommen. Wenn du das geschafft hast, hat sie keine andere Wahl, als bei dir zu bleiben." Ich nickte nur und verließ den Raum. Auf dem Weg zu meinem Zimmer dachte ich daran, dass ich es durchaus schaffen könnte, an ihr Blut zu kommen. Aber ob ich es wirklich machen würde, war eine andere Sache.
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Nie vergessen
Fantasy1. Teil Nie Vergessen 2. Teil Nie Versprochen Immer wieder nett, wenn man spazieren geht und neue Leute kennenlernt, nicht wahr? Einerseits ja, wenn es „die Liebe deines Lebens" ist, ob du nun willst oder nicht. Andererseits nicht, wenn man dann erf...