Meine ganzer Körper zitterte. Ich konnte keine Bewegung mehr kontrollieren und mein Schluchzen hallte laut durch den Hausflur. Tränen rannen unaufhörlich über meine Wangen; hinterließen heiße Spuren. Für mich war gerade alles zu viel. Die Gedanken an meine Vergangenheit mit Tom, die anscheinend eine innige Lüge gewesen war, brachte mich stark an meine Grenzen.
Neben mir seufzte John laut auf, ehe er seine starken Arme um mich schlang. Die ganze Zeit über hatte er kein Wort gesagt. Damit hatte er mir unheimlich geholfen, obwohl er einfach nur da war. Denn es war genau das, was ich brauchte; Stille und stummer Beistand. An seine Brust gelehnt lauschte ich seinem Herzschlag, welcher mein schnell schlagendes Herz mehr und mehr beruhigte.
Ich mochte Tränen und Traurigkeit überhaupt nicht, vor allem vor fremden Menschen. Doch momentan rückte diese Abneigung weitgehend in den Hintergrund; obwohl mir immer mehr bewusst wurde, dass in den gesamten letzten Wochen, ich viel zu oft geweint hatte.
„Ich würde dir ja sagen, dass alles wieder gut wird", murmelte John und legte seinen Kopf auf meinem ab, „aber das macht es gerade nicht besser."
Damit strich er mich vorsichtig über meinen Rücken. Die Berührung fühlte sich so leicht an, wie der Flügelschlag eines Schmetterlings, und hinterließ eine Gänsehaut auf meinem gesamten Körper. In diesem Moment fühlte ich mich wohl in meiner Haut, auch wenn die Minuten vorher der pure Albtraum gewesen waren. Für mich zählte grade mehr als alles andere, dass der blonde Mann mich stützte und mir beistand. Denn von ihm hatte ich es anfangs überhaupt nicht erwartet.„Lass uns von hier verschwinden", schlug er vor, als er Schritte vernahm, die die Treppe herunter hasteten. Ich wollte nicht, dass einer meiner Nachbarn mich so sah; mit verschmierter Mascara und blutunterlaufenen Augen. Auch wenn das für genug Gerüchte rund um Tom sorgen würde. Aktuell wünschte ich ihm alles schlechte an den Hals, auch wenn ich eigentlich gar nicht der Typ dafür war.
Doch wir konnten uns nicht schnell genug von einander lösen. Somit stolperte Emily fast in uns rein. Auch ihre Augen waren verschmiert und zeigten mehr als nur deutlich, dass sie ebenfalls unter all dem litt. Für sie musste es noch schlimmer gewesen sein, schließlich waren sie und Tom bereits verheiratet. Ihrerseits bekam ich nur ein erzwungenes Lächeln, womit sie mir ein bisschen Unterstützung signalisieren konnte.
„Es tut mir unendlich Leid", sagte sie, obwohl ihre Stimme ebenfalls zitterte. Dennoch straffte sie ihre Schultern und versuchte etwas gefasster auszusehen. John hatte mich derweil immer noch nicht losgelassen, sondern blickte mit einem wütenden Gesichtsausdruck hinter Emily. Denn Tom stand dort; zwar mittlerweile angezogen, doch immer neu mit einem reumütigen Blick zu mir.
„Dir brauch nichts leid tun", gab ich von mir; denn es war die Wahrheit. Wenn jemand nichts dafür konnte, dann waren es Emily und ich. Schließlich hatte Tom sich das Ganze eingebrockt; vollkommen egal waren ihm dabei unsere Gefühle.
„Ich wünsche dir das Beste", flüsterte Emily, bevor sie sich ruckartig aus ihrer Starre löste und nach draußen hastete. Dort stieg sie in einen silbernen Wagen, der mit quietschenden Reifen davon fuhr. Nur Tom, John und ich blieben zurück.John löste sich vorsichtig von mir und strich mir mit seiner rauen Hand über die Wange. Dabei wechselte sein Ausdruck von wütend zu besorgt. Er schien abzuwägen, ob ich bereit war zu gehen ohne mich noch einmal einer Rede von Tom zu unterziehen. Ehrlich gesagt würde ich das nicht ertragen.
„Können wir bitte auch gehen?", fragte ich, um auch endlich von hier zu verschwinden. Auch wenn ich nicht wusste, wo ich hin sollte oder wie mein Leben nun weiter gehen würde. Ich stand vor einem Abgrund, der so tief und dunkel schien, dass ich mir unsicher darüber war wie ich ihn überqueren sollte.Meine Frage verleitet den blonden Lockenkopf dazu meine Hand in seine zu nehmen. Diese kleine Geste löste eine Wärme in mir aus, die ich nicht wirklich beschreiben konnte. Viel zu sehr konzentrierte ich mich auf den Mann, der mein Leben mit nur einem Wimpernschlag zerstört hatte und immer noch in meinem Rücken stand. Etwas sagen wollte ich allerdings nicht, denn dabei wären keine netten Worte über meine Lippen gekommen.
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Kingdom. || Bonez MC
ФанфикJeder kann etwas besitzen, darüber bestimmen und verfügen. Doch nicht alles lässt sich besitzen oder gehorcht. Sein Königreich war die Straße. Seine größte Liebe waren die Drogen. Und seine Rettung war die Musik. Aber niemand kann ganz alleine mit...