𝒔𝒊𝒙

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❀ ANNA MAGDALENA | 25. Februar 2020 ❀


Genervt stehe ich vor dem großen Bürokomplex und weiß nicht genau, wo ich jetzt hin soll. Heute Morgen hatte ich das Gefühl, Zuhause würde mich etwas erdrücken und bin dann ins Büro, aber dort war es nicht viel besser, weswegen ich nur zwei Stunden geblieben bin. Ja, und jetzt stehe ich hier. Ich will nicht nach Hause, habe aber sonst auch keine Anlaufstellen. Zu Erik kann ich nicht, immerhin ist sein Zuhause auch fast meins, denn sie liegt direkt neben meiner und ist komplett gleich aufgebaut. In einem der vielen Cafés kann ich aber auch nicht ewig bleiben. Kann ich zu Jannis? Wird er mich für ein paar Tage bei sich wohnen lassen und will ich das überhaupt? Ach, ich versuche es einfach und wenn er es nicht möchte, nehme ich mir halt ein Hotel, das war ja auch kein Problem für mich. Und ein, zwei Sachen zum Anziehen kann ich mir auch da kaufen, dabei habe ich ja nichts und nach Hause möchte ich jetzt auch nicht noch. Auf dem Weg zum Bahnhof buche ich mir auf der App einen Platz für den nächsten Zug, der zum Glück schon in dreißig Minuten fährt. Mein Vater hat mir vor ein paar Jahren, als ich noch im Internat war, eine BahnCard 100 gekauft. Zwar fand ich es damals übertrieben, dass er dafür fünftausend Euro bezahlen musste, oder ich finde es heute immer noch übertrieben, aber dafür muss ich nie wieder was für Bahnfahrten bezahlen und zwischendurch gibt es Phasen, in denen ich oft durch Deutschland fahre, ob privat oder geschäftlich. Erst kurz bevor der Zug in den Kölner Hauptbahnhof einfährt, nehme ich mir mein Handy und wähle die Nummer von Jannis.

„Anna? Was gibt's denn? Du meintest doch heute Morgen, dass du heute den Tag über auf der Arbeit verbringen willst.", spricht Jannis, nachdem er nach dem dritten Tuten rangegangen ist.

„Es gab eine Planänderung... Bist du in Köln? Ich bin gerade in der Bahn und gleich am Hauptbahnhof.", meine ich und hoffe, das er mir sagt, dass er da ist und mich sofort bei sich aufnimmt.

„Oh, nein. Ich bin in Dortmund, aber du kannst herkommen, das ist überhaupt kein Problem. Du kannst auch sicher ein bisschen länger hier bleiben, nur wärst du dann mit Julian alleine, ich fahre heute Abend wider nach Köln, weil ich flieg morgen nach Wien um mit einem Kumpel ein paar Fotos zu machen.", bietet er mir an.

„Das wäre echt nett, wenn ich ein bisschen bleiben könnte.", seufze ich und bin Jannis in diesem Moment dankbar wie nie. Mir ist es auch egal, dass ich dann mit seinem Bruder zusammen wohne, Hauptsache weg von meinem Alltag.

„Wann kommst du denn hier an? Weißt du überhaupt welchen Zug du nehmen kannst? Und soll ich dich dann abholen?", fragt Jannis.

„In eineinhalb Stunden, ich kann in meinem Zug bleiben, der fährt auch nach Dortmund. Und nein, du brauchst mich nicht abholen, schick mir einfach die Adresse, ich find schon zu euch.", antworte ich ihm. Er tut gerade schon genug für mich, da brauch er sich nicht noch die Mühe machen und mich abholen.

„Na wenn du meinst... Ich schicke sie dir dann jetzt gleich ja?", höre ich ihn sagen, dann verabschieden wir uns auch schon und ich lege auf. Als ich dann nach einer Weile endlich aussteige, bin ich froh wie sonst was.

„Anna.", höre ich jemanden meinen Namen sagen und schaue mich suchend um, jedoch sehe ich niemanden, den ich kenne. Vielleicht habe ich es mir auch nur eingebildet, oder ich war gar nicht gemeint, immerhin ist es kein seltener Name. Jedoch höre ich dann nochmal jemanden meinen Namen sagen und kurz darauf werde ich an meiner Hand zurückgezogen. Erschrocken zucke ich zusammen und bin ein bisschen erleichtert, als ich Julian vor mir sehe, der sich eine schwarze Cap aufgesetzt hat, sodass ich ihn dadurch wahrscheinlich vorher nicht erkannt habe. „Sorry, ich wollte dich nicht erschrecken."

„Kein Problem, ich hätte ja auch vorher schon reagieren können.", meine ich und versuche ein Lächeln aufzusetzen, was mir sogar gelingt. „Was machst du eigentlich hier?"

„Jannis hat mir eben erzählt, dass du vorbeikommst und ich war gerade vom Training auf dem Weg nach Hause und dachte, dass ich dich dann gleich einsammeln kann.", lächelte und sah mich einmal von oben bis unten an. „Hast du denn gar kein Gepäck dabei? Ich hab es so verstanden, dass du länger bleibst."

„Es war eine ziemlich kurzfristige Entscheidung, ich wollte nicht mehr nach Hause. Ich geh mir morgen einfach ein paar Sachen holen.", seufze ich und sehe ihm an, dass er was sagen will, jedoch macht er es nicht. Zusammen gehen wir zu seinem Auto, welches draußen auf dem großen Parkplatz steht. Jannis hat recht gehabt, er hat genau das gleiche Auto wie ich.

„Hast du denn Zuhause schon Bescheid gesagt, dass du dir eine kleine Auszeit nimmst? Nicht, dass sie sich Sorgen machen.", fragt Julian nach einiger Zeit, in der wir still im Auto sitzen und der Musik lauschen, die Julian leise spielen lässt. Stimmt, ich muss Erik noch informieren. Heute Morgen hat er mir noch gesagt, dass er jetzt um diese Zeit Training hat, also rufe ich Mara an.

„Anna? Na was gibt's? Dass du anrufst, das kommt ja nicht gerade oft vor.", lacht sie, was auch stimmt. Meist rufe ich eher Erik an und nicht sie, aber eigentlich gehe ich sowieso rüber zu denen und klingele schnell, als das ich anrufe.

„Ich wollte dir nur sagen, dass ich für die nächsten Tage nicht in Frankfurt bin. Für wie lang weiß ich noch nicht wirklich. Ich wollt bloß nicht, dass ihr dann verzweifelt vor der Tür steht und euch sorgt, gerade Erik.", murmel ich und höre Mara auf der anderen Seite leise lachen, im Hintergrund ist das Gebrüll von Emily zu hören.

„Kein Problem, ich sag es Erik dann auch, sobald er Zuhause ist. Bist du in München?", erkundigt sie sich.

„Nein, ich bin nicht in München. Ich brauch ein bisschen Abstand von... dem Ganzen. In München würde ich den nicht haben. Ich hab überlegt, vielleicht an die See zu fahren, dort wo ich in die Schule gegangen bin, oder nach London, um ein paar aus meiner Studienzeit zu treffen. Ich weiß noch nicht genau.", seufze ich.

„Mach das, was du am besten für dich findest. Es geht hier um dich und auch um deine Gesundheit, lass dir da von niemanden was reinreden, ja? Und im Moment hast du ja auch noch die Möglichkeit, dir solch eine Auszeit zu erlauben, also mach das auch. Pass nur auf dich auf, ja? Erik und ich, wir wollen dich heile zurück.", sagt Mara und ich höre ihr Grinsen bis hier, auch wenn ein trauriger Ton in ihrer Stimme mitschwingt. Traurig lächelnd bejahte ich es, bevor wir und verabschiedeten.



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hello und da ihr es wahrscheinlich am morgen lesen werdet: guten morgen :)

ich weiß auch nicht so genau, warum ich das gefühl hatte, ich müsse das kapitel um zwei uhr morgens hochladen, aber najaaa. ich hab meinen normalen schlafrythmus in den letzten wochen sowieso verloren haha

die heutige frage: was macht ihr so während der quarantäne? vielleicht finde ich dann ja was gegen meine stetige langeweile :)

also dann, frohe ostern und bis mittwoch :)  btw bin ich die einzige, die durch das ganze drumherum nicht annähernd ein osterfeeling hat?

see you <3

don't let it break your heart  ❀  julian brandtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt