Kapitel 16 - Nach dem Kampf

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Stumm lief ich durch die Straßen New Yorks. Trümmer lagen überall verstreut. Autos versperrten einem den Blick. Gebäude drohten jeden Moment einzustürzen. Dumpf hörte ich die Schreie von Menschen.

Langsam wandte ich mich um und entdeckte eine Frau mit zwei kleinen Kindern unter mehreren großen Steinen. Zögernd lief ich los und kniete mich neben sie. Gehirnerschütterung, offene Wunden am Bauch, gebrochene Beine ... die Frau war so gut wie tot. "Bitte !" flüsterte sie schwach und reichte mir ihre Kinder. "Passen sie auf sie auf ..." ihre Stimme brach.

Sie war gegangen. Das Mädchen drückte sich ängstlich an mich. Tränen liefen den beiden über das Gesicht. Ich blendete alles um mich herum aus und nahm sie auf den Arm, machte mich auf den Weg. In meiner linken Hand lag die kleinere rechte des Jungen. Es dauerte, aber irgendwann kamen wir vor einer alten Fabrikhalle zum stehen.

Mein Blick huschte zu den blauen Augen des Mädchens. Angst und Trauer lagen in ihnen. Sie erinnerte mich an mein altes ich. Nein, ich würde auf sie aufpassen. Ihnen sollte nicht das passieren, was mir wiederfahren war. Dafür würde ich sorgen. Komme was wolle ...

Ein müdes lächeln huschte über mein Gesicht. Ich war jetzt das letzte was sie hatten. Keine Verwandte, auf sich allein gestellt. Ohne mich ... ein gefundenes Fressen für Strucker und Hydra.

Ein quietschen ertönte, als ich die schwere Eisentür aufschob. Vorsichtig stellte ich das Mädchen auf ihre Beine, erschuf eine Lichtkugel und sah mich um. "Ja, hier können wir erstmal bleiben !" sagte ich leise und schloss die Tür hinter mir. Danach führte ich die Geschwister durch die Halle zu einer Treppe.

Die Kugel schwebte neben uns her, als wir die Treppen hinauf stiegen. Oben angekommen führte ein langer Gang zu einer schmalen alten Holztür. Auf der anderen Seite standen zwei neben einander stehende Pritschen und an der gegenüberliegenden Wand lehnte eine Matratze.

Wortlos ließ ich die Matratze auf die Metallgestelle schweben und setzte die zwei auf das provisorische Bett. Danach setzte ich mich ihnen gegenüber auf den Boden und nahm Maske, sowie Kapuze ab. "Mein Name ist Emilia, ich ..." mitten im Satz brach ich ab. Was sollte ich den zwei erklären.

Überfordert vergrub ich den Kopf in meinen Händen. Eine kleine Hand legte sich auf meinen Arm, eine zweite folgte. Der Junge hatte sich vor mich gesetzt. "Mummy wird nicht wieder kommen, oder ?" fragte er und sah mich mit seinen großen unschuldigen Augen an. Langsam schüttelte ich den Kopf. "Die Engel kümmern sich um sie, jetzt ist sie ..."

Vorsichtig erhob ich mich und lief zu einem der eingestaubten Fenster. Mit einem meiner Wurfmesser, öffnete ich es. "... jetzt ist sie im Himmel und schaut von dort zu euch hinunter, wacht über euch !"
Ich senkte meinen Kopf und betrachtete die beiden wie sie Hand in Hand neben mir standen und in den Himmel hinauf sahen.

Wortlos wandte ich mich wieder um und scannte das Zimmer einmal mit meinen Augen ab. Neben dem Bett, lag eine große aber leicht zerschlissene Decke. Sorgfältig schüttelte ich sie im Flur aus und legte sie auf die Matratze.

"Passt du jetzt auf uns auf ?" fragte die kindlich hohe Stimme des Mädchens. Ein zögerliches Lächeln huschte über mein Gesicht. "Ja, ... ja das werde ich !" Sie nickte und schlüpfte unter die Decke. Ihr älterer Bruder zog sie an sich. "Versucht zu schlafen, okay ?!" Behutsam strich ich die Decke glatt und setzte mich schräg gegenüber der Tür an die Wand.

Zeit verstrich, es wurde dunkel. Die Geschwister schliefen. Lautlos stand ich auf und lief zum Fenster. Die Fabrik befand sich am Stadtrand. Ein paar hundert Meter entfernt, begann eine Reienhaussiedlung. Am Horizont, sah man die Lichter der Skyline New Yorks. Ein hell strahlendes A fiel mir ins Auge. Die Avengers.

Nachdenklich strich ich über die Kette an meinem Hals. Steve. Trauer drohte mich zu überrollen. Angestrengt drängte ich die ungewohnten Emotionen zurück. Ich musste stark bleiben. Verdammt ich war der Ghost Soldier, ich ließ mich nicht unterkriegen ! Tief holte ich Luft und versuchte mich wieder unter Kontrolle zu bringen.

Ein rascheln weckte meine Aufmerksamkeit. Er hatte einen Albtraum. Vorsichtig drang ich in seinen Kopf ein und veränderte den Traum zu etwas schönem. Wenigstens im Schlaf sollten sie ihre Ruhe haben.

Seufzend setzte ich mich neben sie auf die Bettkante. Sie waren noch so jung. Wie alt sie wirklich waren wusste ich nicht. Ich würde warten bis sie es mir von alleine erzählten. Es fühlte sich nicht richtig an, in ihre Gedanken einzudringen, um nach den Informationen zu suchen.

Es begann zu dämmern und als die Sonne vollständig aufgegangen war, begannen die zwei langsam aufzuwachen. "Guten Morgen !" sagte ich leise und half den zweien aus dem Bett. "Was machen wir jetzt ?" wollte der Junge wissen und sah mich fragend an. "Jetzt gehen wir uns was zu essen holen !" erwiderte ich und öffnete die Tür.

Ohne ein Wort zu wechseln, liefen wir in Richtung Innenstadt. "James und Emily" kam es zwischendurch von James. "Wir heißen James und Emily !" Unsere Blicke kreuzten sich und ich umfasste vorsichtig seine Hand, welche er in meine gelegt hatte. Das gleiche machte seine Schwester Emily auf der anderen Seite.

Ein großes weißes und überfülltes Zelt stand zwei Straßen vom Stark Tower entfernt. Essen wurde ausgeteilt, Verletzte wurden versorgt. Auf den Gesichtern der Kinder machte sich Angst breit. "Hey !" flüsterte ich so beruhigend wie möglich und hockte mich hin "Es wird alles gut, dass verspreche ich euch !"

Emilys dünnen Arme schlangen sich um meinen Oberkörper und auch James legte seine Arme um mich. "Ich bin da, euch wird nichts passieren !" murmelte ich. Mehrere Menschen sahen zu uns hinüber, sahen vermutlich die große Schwester oder Mutter in mir und verzogen mitleidig ihre Gesichter.

Ich wandte meinen Blick ab und löste mich aus der Umklammerung. "Aber jetzt gibt es erstmal etwas zu essen !" sagte ich und lief zur Essensausgabe. Dort standen wir eine gute Viertelstunde an und setzten uns danach etwas weiter entfernt auf einen herumliegenden Trümmerhaufen.

Mein Essen überließ ich den beiden, ich hatte keinen Hunger. Das Angebot bestand aus einem Becher Milch und einem Brötchen mit einer Scheibe Käse oder Wurst. Stumm aßen James und Emily zuende. Während sie die letzten Bissen hinunterschluckten, sah ich mich um.

Die Atmosphäre hatte sich verändert, es lag etwas in der Luft. So als würde jeden Moment etwas passieren. Systematisch suchte ich den Platz ab und entdeckte daraufhin mehrere Männer, die schwarz gekleidet und maskiert durch die Massen liefen. Alle trugen einen Rucksack in denen ... mehrere Bomben, ein Anschlag !

Schnell sprang ich auf die Füße und drehte mich zu meinen Schützlingen. "Wir müssen gehen !" sagte ich hektisch und warf einen Blick zurück. "So schnell es geht !" "Was ist denn los ?" fragte Emily und sah verschreckt umher. Ein verrückter Gedanke geisterte in meinen Kopf umher. Ich konnte doch ...

Angestrengt kniff ich die Augen zusammen und konzentrierte mich auf die Männer. James und Emily zog ich dabei eng zu mir. "Macht die Augen zu !" zischte ich besorgt. Sie taten was ich ihnen sagte und vergruben ihre Gesichter in meiner Seite.

Alle Männer drückten gleichzeitig auf einen Knopf in ihrer Hand. Zeitgleich dazu ließ ich sie in die Luft schießen und drehte, die Geschwister schützend an mich gepresst, den Explosionen den Rücken zu. Mehrere Druckwellen fuhren durch die Luft. Es regnete Blut. Dann herrschte Stille.

Soulmates - The Zeta after X 《1》Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt