Bauernhofleben

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Takashi und ich gingen zögerlich in das langsam erwachende Dorf hinein. Der Weg durch das Dorf war nicht wie in der Stadt gepflastert, sondern war einfach nur plattgetretene Erde, auf der kein Gras mehr wuchs. Ich erschrak, als plötzlich zwei kleine Kinder, ein Mädchen und ein etwas älterer Junge um die Ecke einer Hütte gesaust kamen. Auch Arashi sprang erschrocken zur Seite. Der Junge trug einen ledernen Ball unter dem Arm. Beide bleiben abrupt stehen, als sie mich und Takashi sahen. Das kleine Mädchen rief aufgeregt: „Schau mal, Kano! Zwei Fremde mit Pferden!" Sie wollte schon zu uns laufen, aber der Junge hielt sie zurück. „Warte, Hina. Du könntest in Schwierigkeiten geraten, falls sie welche von diesen eingebildeten, reichen Leuten sind.", erklärte der Junge, der offensichtlich Kano hieß, dem Mädchen Hina. Hina schaute enttäuscht. Beide hatten dunkelblaue Augen und schwarze Haare. Vermutlich waren sie Geschwister. Kano hielt noch immer beschützend seine Schwester fest. Diese protestierte: „Aber vielleicht können sie unsere Freunde werden und mit uns spielen!" Begeisterung leuchtete in ihren Augen.

Diese Szene brachte mich zum Lächeln. Diese kleine Mädchen war so voller Freude und war bereit, jedem zu vertrauen. Sie konnte höchstens fünf Jahre alt sein. Ihren Bruder schätzte ich auf acht oder neun. Aber die geschwisterliche Liebe zwischen den beiden berührte mein Herz. Ich fragte mich, wie mein Leben wohl mit einem Bruder oder einer Schwester gewesen wäre. Wenn ich die beiden so ansah, konnte ich mir ein Leben mit einem Geschwisterchen gut vorstellen. Bedingungslose Hingabe füreinander. Das war etwas, was ich leider nie erleben werden.

Ich ging, Arashis Zügel immer noch in der Hand, zu den beiden hinüber. Um ihnen keine Angst zu machen, kniete ich mich hin. Ich spürte Takashis drängende Blicke in meinem Rücken, aber ich ignorierte sie. „Hallo ihr beiden! Ich habe gehört, dass ihr über mich und meinen Freund geredet habt. Ich bin Yuna.", stellte ich mich vor. „Ich bin Hina!", rief das Mädchen erfreut und befreite sich aus dem Griff ihres Bruders. Sie rannte zu mir und schlang ihre kleinen, dünnen Arme um mich. Ich umarmte sie ebenfalls. Das strahlende Lächeln der Kleinen brachte mein Herz zum Schmelzen. „Willst du mit uns spielen?", fragte Hina. „Vielleicht später. Zuerst müssen ich und mein Freund irgendwo unterkommen." Hina legte den Kopf schief, sodass ihr ein paar ihrer langen Haare ins Gesicht fielen. Dann meinte sie triumphierend: „Ihr könnt bei uns übernachten! Mami und Papi haben einen großen Bauernhof mit vielen Boxen und Zimmern."

Bevor ich etwas sagen konnte, mischte sich ihr Bruder ein: „Hina, Papa sagt immer, wir sollen diesen reichen, schick gekleideten Leuten nicht vertrauen. Die wollen uns nur ausnutzen." „Aber Yuna und ich sind schon allerbeste Freunde!", widersprach Hina. Ich konnte nicht anders als über die Kleine zu lächeln. Sie war einfach herzallerliebst. „Ich bin keine von diesen reichen Leuten.", versicherte ich dem Jungen Kano. „Ich bin auf einer Hütte in den Bergen aufgewachsen.", erzählte ich. Nun wurden die Augen der beiden groß. Kano fragte erstaunt: „Du hast in den Bergen gelebt?" Ich nickte. „Wie war es da?", hakte nun Hina neugierig nach. „Wir haben von Pflanzen, Beeren und Fisch gelebt. Im Winter war es immer ziemlich kalt, aber ich war trotzdem oft im Wald. Dort habe ich sogar schon Wölfe gesehen!" „Wahnsinn!", meinte Kano. Er wirkte zutiefst beeindruckt. Scheinbar hatte er sein anfängliches Misstrauen mir gegenüber verloren.

„Und, dürfen wir bei euch übernachten?", fragte ich Kano. Nachdenklich schaute er mich an, dann meinte er: „Na gut, aber nur, wenn du mir mehr über die Wölfe erzählst." „Abgemacht!", versprach ich ihm. Dann drehte ich mich zu Takashi um. Der sah wenig begeistert aus. Ich warf ihm einen eindringlichen Blick zu. Er seufzte und begab sich zu mir. „Kommt mit!", forderte Hina und auf, ihr zu folgen. Ohne zu Zögern nahm sie meine Hand und zog mich mit. Bereitwillig ließ ich mich von ihr führen. Takashi trottete hinter uns her und murmelte irgendwas Unverständliches. Wahrscheinlich hatte er erwartet, in einem luxuriösen Zimmer wie dem seinem zu übernachten. Da hatte der feine Herr wohl Pech gehabt.

Die letzte Kitsune [wird neu geschrieben]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt