Der Pfad wurde mit der Zeit immer schmaler und es ging immer steiler hinauf. Irgendwann mussten Takashi und ich absteigen und unsere Pferde führen, weil sie sonst abrutschen könnten. Mittlerweile erdrückte mich meine Angst beinahe. Ich hatte das Gefühl, dass die Bäume immer näher kamen und die Schatten nach mir griffen. Stur richtete ich meine Augen auf den Pfad vor mir. In Gedanken wiederholte ich immer wieder, dass es hier nichts gab, wovor ich mich fürchten müsste. Jedoch half mir das nicht wirklich. Meine Angst war beinahe greifbar in dieser dunklen Nacht. Weder Sterne noch der Mond waren zu sehen, da noch immer Wolken den Himmel bedeckten. Das einzig Gute war, dass es aufgehört hatte zu regnen. Denn wenn uns jetzt auch noch die vom Himmel fallenden Tropfen die Sicht behindern würden, würde selbst ich nichts mehr sehen können.
In der nächsten Zeit war außer dem Klappern der Hufe, das unheimlich zwischen den Bäumen widerhallte, zu hören. Kein Rascheln, kein Wind, keine Tiere. Diese Abwesenheit von Geräuschen war untypisch für einen Wald. Normalerweise huschten jetzt die nachtaktiven Tiere emsig herum. Doch hier war es still. So still, dass selbst der Aufprall eines Kieselsteins ohrenbetäubend wirken würde. Das verstärkte meine Angst nur noch. Es war untypisch für mich, ausgerechnet in einem Wald Angst zu haben, doch irgendetwas hier war nicht natürlich. Ich wusste nicht was. Und herausfinden wollte ich es schon gar nicht.
Nach kurzer Zeit wurde der Pfad wieder flacher. Erleichtert, endlich wieder halbwegs gerade zu gehen, beschleunigte ich meine Schritte. Takashi hinter mir tat es mir gleich. Aber wir konnten nur kurz so schnell voranschreiten, da wir abrupt abbremsen mussten, als wie aus dem Nichts vor uns eine Felswand aufragte. Ich ließ meinen Blick nach oben wandern und stellte fest, dass sich die Wand weit oben zu einer Bergspitze verjüngte. Verwirrt sah ich mich um. Es stand außer Frage, dass wir uns geirrt hatten. Vorsichtig versuchte ich, meine Hand auf das Gestein zu legen. Ich atmete auf, als meine Hand hindurchglitt.
Zögernd gingen Takashi auf die Wand zu, die immer noch aussah, als wäre da nichts außer massivem Fels. Aber als wir, ohne auf den geringsten Widerstand zu stoßen in den Fels hineingingen, spürte ich nur ein leichtes Prickeln auf meiner Haut. Nun sah ich, dass wir gerade eine Art Tunnel durchquerte. Es dauerte nicht lange, bis wir den Tunnel verlassen hatten.
Ich hielt den Atem an, als ich den Anblick sah, der sich mir bot. Ein riesiger Felsenkessel, in dem sich mehrere Gebäude und sogar ein kleines Wäldchen befand. Über mir befand sich, anders als erwartet, der Himmel. Und das, obwohl, ich von außen gesehen hatte, dass wir in einen Berg gegangen waren. Das erste Gebäude, dass mir aufgefallen war, war komplett in weiß gehalten. Große, hölzerne Flügeltüren führten ins Innere. Vier meterhohe Säulen trügen eine Verlängerung des Daches. Rechts neben dem Gebäude, das wahrscheinlich der Tempel war, stand ein etwas kleineres Gebäude, das ebenfalls weiß war. Allerdings sah man hier schon Schmutz und es wirkte schon älter. Links neben dem Tempel befand sich augenscheinlich ein Gemüsegarten. Links und rechts konnte man erkennen, dass sich hinter dem Tempel auch noch etwas befand. Entweder ein anderes Gebäude oder ein Zubau.
Ich zuckte zusammen, als mit einem lauten Knarzen eine der Flügeltüren des Tempels aufging. Heraus kam ein kahlköpfiger, alter Mann. Doch obwohl er sicher schon einige Jahre auf dem Buckel hatte, schritt er energisch voran. Auf seinem Gesicht lag ein herzliches Lächeln. Takashi und ich blieben stehen, unsicher darüber, was wir nun tun sollten. Der Mann kam kurz vor uns zum Stehen. Er trug eine schwere, dunkelblaue Robe, auf der Sternbilder eingestickt waren. Mit einem Nicken begrüßte er uns und sprach: „Seid gegrüßt, Yuna und Takashi. Wir haben uns schon gefragt, ob und wann ihr kommen würdet." Verdutzt sahen wir ihn an. Als hätte er unsere Gedanken erraten, fuhr er fort: „Willkommen im Tempel der sprechenden Sterne. Falls ihr euch fragt, warum wir euch bereits erwartet haben: Unser Seher hat eure Ankunft vorausgesehen." Noch immer brachten weder ich noch Takashi ein Wort heraus. Das ließ den Mann schmunzeln. „Keine Sorge, ich werde euch schon noch alles erklären. Aber fürs erste reicht es, wenn ich euch meinen Namen verrate: Ich bin Yusei. Ihr seid sicher erschöpft. Kommt mit, eure Betten stehen schon bereit." Mit einer Handbewegung bedeutete er uns, ihm zu folgen. „Was ist mit den Pferden?", fragte ich. „Lasst sie einfach frei, sie kommen hier nirgends hinaus und der Wald hier drinnen ist nicht groß. Ihr werdet sie bestimmt wieder finden." Widerwillig folgten Takashi und ich seiner Anweisung. Dann gingen wir mit ihm zu dem kleineren Gebäude.
Im ersten Raum befand sich ein großer, hölzerner Tisch mit Sesseln rundherum. Daneben befand sich eine im Vergleich zum Tisch kleine Küche. Wir durchquerten den Raum, der von einer einsamen Kerze beleuchtet wurde. Wir kamen in einen Gang, in dem sich links und rechts Türen befanden. Ich schätzte, dass das die Schlafräume waren. Bei einer Türe ziemlich am Ende des Ganges blieben wir stehen. „Hier werdet ihr für die Dauer eures Aufenthalts nächtigen." Er nickte uns noch einmal freundlich zu, dann verschwand er. Zögerlich drückte ich die Türklinke herunter. Auch in dem Raum brannte eine Kerze. Rechts hinter der Türe befand sich ein beinahe deckenhoher Kasten. Links stand ein kleiner, runder Tisch mit zwei bequem aussehenden Lesesesseln darum. An der rechten und linken Wand befand sich jeweils ein Bett. In der Mitte der zwei Betten befand sich ein Fenster und ein länglicher Nachttisch. Das Zimmer war zwar klein, aber wirkte gemütlich. Nun, da die Angst und somit auch das Adrenalin abgeklungen war, spürte ich, wie müde ich eigentlich war. Auch Takashi konnte sich ein langgezogenes Gähnen nicht verkneifen. Zu müde, um sich noch irgendwie zu unterhalten oder auch nur nachzudenken, legten wir uns beide todmüde in unsere Betten und schliefen beinahe sofort ein.
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Ich weiß, ich hab zwar gesagt dass das nächste Kapitel am Wochenende kommt, aber ich hatte vor meiner Fahrstunde noch ein wenig Zeit, deshalb habe ich ein kurzes Kapitel geschrieben. Ich habe heute übrigens meine erste Autobahnfahrt, wünscht mir also bitte Glück.
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Die letzte Kitsune [wird neu geschrieben]
FantasyBand eins Yuna lebt mit ihrer Großmutter abgeschieden in den Bergen. Von der Welt abseits ihres Zuhauses weiß sie nichts. Auch Magie existiert für sie nur in den Geschichten ihrer Großmutter. Eines Tages jedoch stirbt ihre Großmutter unter mysteriös...