Schicksalsberg

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Ich stand vor dem verborgenen Eingang zum Tempel. Wenn ich nach oben sah, bot sich mir der Anblick eines Berges. Aber ich wusste, dass das nur eine Tarnung war. Der eigentliche Berg musste demnach hinter dem Felsenkessel beginnen. Deshalb machte ich mich daran, den Felsenkessel zu umrunden. Das erwies sich als gar nicht so einfach, da der Wald sehr dicht war. Außerdem war das immer noch der Wald der tausend Ängste. Alleine fühlte ich mich wieder aus den Schatten heraus beobachtet. Ein Vorteil war aber, dass ich nun wusste, dass ich mir die Gefahr nur einbildetet. Daher ignorierte ich dieses paranoide Gefühl und bahnte mir einen Weg durchs Unterholz. Eine Weile bestand meine Vorankommen nur aus monotonem Äste und Zweige ausweichen. Ich versuchte, an nichts zu denken, um meiner Angst keine Chance zu geben.

Als ich schließlich aus dem Wald heraus war, atmete ich erleichtert auf. Scheinbar war ich auch an dem Felsenkessel vorbei, denn die Illusion der Bergspitze war nun hinter mir. Und vor mir erhob sich ein gewaltiger Gipfel in die Luft, der oben noch von Schnee bedeckt war. Ein schmaler Pfad schlängelte sich ihn hinauf. Ich nahm all meinen Mut zusammen und setzte den ersten Fuß auf den Hang. Nun hatte der wirklich schwierige Teil der Reise begonnen.

Nach kurzer Zeit bemerkte ich, dass Bergsteigen enorm anstrengend war. Ich war zwar in den Bergen aufgewachsen, aber ich war nie auf solch steile Hängen gewesen. Obwohl ich nun wirklich keine Höhenangst hatte, wurde mir ganz schwindlig, wenn ich den Hang hinunter sah. Trotzdem schritt ich unermüdlich voran. Nach einer Zeit hatte ich eine Art Rhythmus gefunden, was mir das Vorankommen etwas erleichterte. Immer weiter nach oben. Mittlerweile hatte ich eine schier atemberaubende Aussicht. Ich sah andere, kleinere Berggipfel. Ich sah Wälder, Dörfer, Bäche und noch vieles mehr. Man könnte glauben, dass man von hier aus das ganze Kaiserreich sehen konnte. Natürlich war es zu groß, um es von hier aus ganz überblicken zu können. Doch trotzdem gab einem die Aussicht ein beinahe euphorisches Gefühl, als könnte man es mit der ganzen Welt aufnehmen.

Irgendwann hatte ich schlicht und ergreifend keine Kraft mehr. Ich war nun sicher schon mehrere Stunden unterwegs. Mein einziger Trost war, dass der Gipfel schon um einiges näher war. Dennoch brauchte ich eine Pause. An einem kleinen Plateau aß ich eines der Brote, die ich mir mitgenommen hatten und trank aus einer kleinen Quelle, die wohl hier irgendwo entsprang, etwas Wasser. Wieder gestärkt machte ich mich daran, weiterzugehen.

Je mehr Zeit verging, desto näher kam das Gewitter. Ich fühlte bereits, wie etwas Wind aufkam. Die Wolken waren inzwischen schon fast über mir. In der Ferne hörte ich Donner grollen. Trotz meiner erschöpften Beine ging ich schneller, weil ich oben sein wollte, bevor das Gewitter so richtig loslegte. Ich atmete tief die frische, kalte Luft der Berge ein. Von dem schwülen Klima, das weiter unten geherrscht hatte, war nichts mehr zu spüren. Viel eher wurde es nun schön langsam klirrend kalt, weshalb ich mir auch eine Jacke, die ich mir mitgenommen hatte, anzog. Obwohl ich nicht sehr schnell fror, war es mir schlichtweg zu kalt geworden.

Nur wenige Höhenmeter später ging ich dann auch schon auf Schnee. Nun musste ich etwas vorsichtiger werden, um nicht abzurutschen und aufpassen, um keine eisigen Stellen zu übersehen. Ein Fehler und es wäre aus. Aber als wäre Eis und Schnee auf dem Weg noch nicht genug, wurde der Wind immer stärker und die immer näher kommenden schwarzen Gewitterwolken verdunkelten die Umgebung. Der Donner wurde immer lauter und ich hatte bereits die ersten Blitze erblickt. Ich sah hinauf. Der Gipfel war nun endlich nicht mehr fern. Vielleicht noch ein paar Minuten, dann hatte ich es geschafft. Die letzten Meter waren zwar sehr steil, aber wenigstens war es dann vorbei.

Doch just in dem Moment, in dem ich einen Fuß auf das letzte, steile Stück gesetzt hatte, fing es an zu schneien. Und zwar heftig. Das Schneegestöber war so stark, dass ich kaum mehr die Hand vor Augen sehen konnte. Aber es kam für mich nicht infrage, auf den letzten paar Metern einfach aufzugeben. Deshalb ging ich weiter, vorsichtig einen Fuß vor den anderen setzend. Zu meinem Glück war ich bis jetzt noch nicht abgerutscht.

Die letzte Kitsune [wird neu geschrieben]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt