Chapter 122

2.8K 170 42
                                    

(Bild: See in Marlborough) 

James Potter P.o.V.:

Ich kraule, wie es mir mein Vater beigebracht hat, und halte nicht inne und sehe auch nicht auf, bis ich bei Lily angekommen bin. Sie sieht mir dabei zu, wie ich mir die wirren Haare aus der Stirn streiche und tief Luft hole, dann hebt sie plötzlich die Hand und zieht nach einem kurzen Zögern ein winziges Stück Schilf aus meinem Haar.
"Wer ist sie?", fragt Lily ohne mir in die Augen zu sehen. Sie lässt stattdessen den Haltegriff der Boje los und taucht bis zum Kinn unter Wasser.
Ich runzle die Stirn. Gute Frage. "Aurélie. Sie ist sowas wie meine ... naja... ja.... meine erste Freundin, glaub ich."
"Glaubst du?", fragt Lily. Sie zieht die Augenbrauen belustigt hoch, was aber eher nachdenklich wird, als sie zum Ufer und damit zu Aurélie sieht.
"Sie ist vor fünf Jahren hergezogen und seitdem haben wir uns oft hier am Strand getroffen.", sage ich. "Also Sirius, Selena, Aurélie und ich.", füge ich rasch hinzu. Nur im letzten Jahr waren Aurélie und ich auch einige Male alleine unterwegs.
"Sel hat sie nie erwähnt."
"Wir sind auch nicht besonders dicke."
Lily sieht mich zweifelnd an. "Ich dachte, sie wäre deine erste Freundin?"
"Ach, ich weiß auch nicht, was das war. Es war irgendwie ...", ich suche nach dem richtigen Wort, "...kindisch. Nicht wirklich ernst."
"Also nur ein Spiel für dich? Ich hab von hier aus gesehen, dass sie dich gern hat.", etwas Distanzierendes liegt in Lilys Stimme, was mich zu einem ernsten Blick zu ihr verleitet. Sie erwidert ihn fast schon streitlustig. Wie sind wir nur in diese Situation geraten?
"Genau deswegen habe ich ihr damals gesagt, dass es nur eine Sommerromanze sein kann. Weil sie angefangen hat, sich richtige Hoffnungen zu machen."
Bei Lilys Blick muss ich die Augen abwenden. Auf einmal bin ich mir nicht mehr so sicher, letztes Jahr das Richtige getan zu haben. Oder ob es eine gute Idee war, ehrlich zu sein.
"Das ist ganz schön... arschig.", meint sie.
"Es war das Fairste, was mir zu dem Zeitpunkt eingefallen ist. Oder soll ich ihr etwa sagen, dass ich ein Zauberer bin, der auf dem besten Weg ist, in einen Zaubererkrieg zu ziehen?"
Lilys Kopf wirbelt zu mir herum, doch ich sehe weiter über den See.
"Sie hat mehr als einen Blutsverräter verdient, Lily. Einen Muggel außerhalb unserer Welt, der sie hübsch ausführen kann, ohne bei einem Rascheln zusammenzuzucken und den Zauberstab zu ziehen."

"Ich nehm es zurück.", meint Lily leise aber deutlich. "Das war gar nicht so arschig."
Es war aber auch nicht ritterlich. Eher notwendig. Sie hatte keine Ahnung, auf was sie sich eingelassen hatte und ich wusste, dass die aktuelle Grausamkeit in meiner Welt ihre ganze Weltanschauung in Frage stellen würde. Aurélie ist eine Träumerin und viel zu gutgläubig.

Ich kann Lily nicht ansehen, denn ich habe ihr nur die halbe Wahrheit gesagt und das kommt bei mir einer Lüge gleich.
Meine Zukunft in der Zaubererwelt war nur ein Grund, Aurélie fallen zu lassen. Der andere war sie. Es war der Gedanke an Lily, der mich nicht losließ.

"Wenn du das sagst.", ich schenke Lily ein Grinsen, das sie zögerlich erwidert.
"Du wirst also wie deine Eltern dem Widerstand beitreten?", fragt Lily nach einigen Sekunden Schweigen.
Ich sehe mich um.
Ich kann sie heute einfach nicht ansehen. Die Gefahr, dass ihr Mund ein Lächeln bildet und die Grübchen in ihren Wangen deutlich werden, ihre Augen aufleuchten, wir uns näher kommen, ist viel zu groß. Heute wäre es mein Ende, wenn sie das gleiche kaum hörbare Stöhnen wie letzte Nacht ausstoßen würde. Heute würde ich sie küssen - egal, was das aus unserer Freundschaft macht.

"Hey, du kannst mir vertrauen.", sagt Lily nachdem ich so in Gedanken abgedriftet bin. "Ich habe Sirius immerhin einen Klein-Finger-Schwur geleistet, der mich zur Rumtreiber-Anhängerin macht. Auf Nachsitzen, Folter und mein Leben, wohlgemerkt."
Ich lege den Kopf in den Nacken und grinse in den Himmel. "Das war am ersten April, oder? Als du uns geholfen hast."
"Hm"
Ich senke wieder den Kopf, weil es sich anhört, als würde Lily ebenfalls in den wolkenklaren Himmel sehen. Und tatsächlich. Sie liegt auf der Wasseroberfläche und hat die Augen geschlossen. Ihre Arme bewegen das Wasser, als sie Halbkreise zeichnet und sich damit über Wasser hält.

𝐁𝐥𝐚𝐜𝐤 𝐓𝐰𝐢𝐧𝐬 (ʰᵃʳʳʸ ᵖᵒᵗᵗᵉʳ/ʳᵘᵐᵗʳᵉⁱᵇᵉʳ ᶠᶠ)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt