Ab in die Röhre

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Wieder laufen wir einige Zeit durch lange weise Gänge und passieren zahllose Türen. Ich spüre Gordons ruhige Präsens hinter mir und halte mich ein wenig daran fest um zu verhindern, dass ich allzu nervös werde. Als wir uns zu einigen weiteren Personen in einen engen kleinen Fahrstuhl quetschen müssen, fängt mein Blickfeld allerdings wieder an zu flackern. Als der Fahrstuhl ein Stockwerk weiter unten anhält und einer unserer Mitfahrer sich nach draußen drängen will, ist es mit meiner Beherrschung beinahe vorbei. Ich stolpere rückwärts aus dem Fahrstuhl und hebe instinktiv die Hände. Bevor ich weiter in Abwehrhaltung gehen kann, ist Gordon bei mir.

„Oliver es ist alles gut, beruhigen sie sich.“

Obwohl ich durch die Worte zumindest wieder auf dem Boden der Tatsache ankomme, dass mich hier niemand angreifen wird, bin ich immer noch am Hyperventilieren.

„Ganz ruhig. Einatmen und ausatmen und einatmen und ausatmen…“

Allmählich fange ich mich wieder. Erschöpft lasse ich mich gegen eine Wand fallen und auf den Boden rutschen. Ich bin physisch und psychisch komplett am Ende. Der Stress, die Anspannung, der Schlafmangel – all das macht mir weitaus mehr zu schaffen, als ich es mir eingestehen will. Gordon kommt langsam auf mich zu und hockt sich vor mich, legt mir eine Hand freundschaftlich auf den Arm. Die Armada aus Ärzten steht mit einigem Abstand hinter ihm. In ihren Gesichtern lese ich alles. Von Überraschung und Unverständnis bis hin zu absoluter Geschocktheit.

„Geht’s wieder?“

„Ja, ich denke schon. Sorry das ich sie nicht vorgewarnt habe. Ich dachte ich hätte mich besser unter Kontrolle.“

„Schon in Ordnung. Sollen wir für heute Schluss machen oder möchten sie, die Untersuchung fortsetzen.“

Ich rappele mich wieder auf und versuche meiner Stimme einen entschlossenen Ton zu geben. Ich glaube das gelingt mir sogar.

„Fortsetzen. Aber wenn sie nichts dagegen haben, wäre ich dafür die Treppe zu nehmen.“

Er grinst mich an und wendet sich dann zu den Ärzten um.

„Okay in welches Stockwerk müssen wir?“

Dr. Lamb öffnet die Tür zum Treppenhaus.

„Ich gehe vor, wenn das für dich in Ordnung ist Oliver.“

Ich nicke und folge ihm, wie der Rest meiner Begleiter, die Treppe hinunter. Zwei Stockwerke weiter unten treten wir wiederum in einen langen Flur, biegen jedoch direkt in den ersten Raum auf der rechten Seite ab. Beim Eintreten bemerke ich eine weise Röhre mit einem knappen Meter Innendurchmesser hinter einer Glasscheibe. Na prima da soll ich jetzt rein – Mit meiner Platzangst. Andererseits bin ich in der Röhre allein und werde nicht von irgendwelchen Menschen bedrängt. Das dürfte die Sache erträglich machen.

Dr. Lamb bittet mich an einem kleinen Tisch im Vorraum Platz zu nehmen. Allerdings setzt sich diesmal einer der Begleitenden Ärzte mir gegenüber. Er stellt sich als Dr. Kinston vor und übernimmt die Einweisung in die nun folgende Untersuchung. Viele der Dinge, die er mir erklärt sind eigentlich selbstverständlich, trotzdem höre ich aufmerksam zu. Als er zum Ende kommt erkundigt er sich, ob ich noch Fragen habe.

„Eine Kleinigkeit. Was ist, wenn ich während dieser halben Stunde, die der Scan ja wohl dauern soll plötzlich auf die Toilette muss oder sonst irgendein Problem habe? Wie kann ich mich bemerkbar machen?“

„Sie bekommen einen Knopf in die Hand, den sie drücken können. Der löst bei uns einen akustischen Alarm aus und wir werden den Scan dann sofort unterbrechen. Auf die Toilette sollten sie vielleicht jetzt schon mal gehen. Aus der Tür raus rechts und dann so 20 Meter den Gang runter. Ach ja und ich müsste sie bitten diese Krankenhausbekleidung an zu ziehen, damit wir sicher sein können, dass wir keine störenden Metalle an oder in der Kleidung haben.“

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