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Es war etwa halb sechs Uhr morgens am nächsten Tag. Noel schlief noch tief und fest und träumte von einer spinnenfreien Welt, als etwas Schreckliches passierte.
Zuerst dachte er, es wäre P.A., der sein Zimmer wieder gestürmt hatte. Aber es war nicht P.A.. Es war etwas weitaus Schlimmeres.
Er spürte haarige Beine, die über seine Nase glitten.
Oh Gott.
OH GOTT.
Er hörte ein Kichern. Das war eine Verschwörung. Ein Attentat.
Er schrie lauter als eine Atomsirene, wagte es aber nicht sich zu bewegen, weil er Angst hatte, das haarige Etwas würde in seinem Mund landen. Er traute sich auch nicht, es anzufassen.
"Denver", sagte er, mit aller Ruhe, die er aufbringen konnte, "nimm Frank aus meinem Gesicht."
"Aber er will nur Zuneigung von dir!"
"Die bekommt er, sobald er aus meinem Gesicht verschwindet!"
"Aber Frank braucht seine Mu..."
"Denver, nimm ihn weg!"
"Okay, okay."
Noel spürte Denvers Finger über seiner Nase und atmete erleichtert aus. Erst jetzt wagte er es, die Augen zu öffnen.
Audrey und Denver standen neben seinem Bett und grinsten.
"Was zur Hölle war das?", schrie er.
"Schocktherapie", sagte Audrey gelassen. "Gegen deine Arachnophobie."
"Meine was?"
"Spinnenangst. Ex-Spinnenangst."
Noel wollte sich gerade aufregen, als sein Blick auf Frank fiel. Und er keine Angst mehr verspürte. "Was... was ist passiert?"
"Schocktherapie", wiederholte Audrey gelassen, als wäre er fünf.
"Aber das funktioniert doch nicht so?"
"Ach ja? Und wieso hast du dann keine Angst mehr?"
Mit dieser Logik wollte Noel sich nicht anlegen. Denver schob Frank in eine leere Zigarettenschachtel und reichte diese an Audrey weiter.
"Frank, Schätzchen, verbring ein bisschen Zeit mit deiner Tante. Deine Mutter und ich haben etwas zu besprechen."
"Ich bin nicht seine Mutter", protestierte Noel schwach, aber niemand hörte ihm zu.
Denver drehte sich zu ihm um. "Also Noel. Unser Sohn wird schon langsam erwachsen. Er kann nicht immer bei seinen Eltern wohnen. Er braucht sein eigenes Zimmer."
"Er ist zwei Tage alt?"
"Ja, sie werden so schnell erwachsen, nicht?"
"Ähm, klar. Willst du jetzt ein eigenes Zimmer für ihn buchen?"
"Natürlich nicht. Er ist ein Kind mit besonderen Bedürfnissen. Heißt: Wir müssen ins Zoogeschäft."
Noel kapitulierte. "In Ordnung. Wann?"
"Es sperrt um acht auf. Wir brauchen eine Stunde zum Gehen. Am besten holen wir uns in der Tankstelle um die Ecke noch ein Frühstück zuvor."
"Mit Frühstück meinst du Zigaretten."
"Mit Frühstück meine ich Zigaretten. Aber du kannst doch was essen."
"Okay."
Denver wandte sich zur Tür.
"Denver, warte." Noel holte Luft. "Sollen wir Audrey mitnehmen?"
Denver runzelte die Stirn. "Wieso?"
"Na ja, wir sind ihre Freunde?"
"Sind wir das?"
"Ich weiß nicht?"
"Okay, nehmen wir sie mit. Aber wer passt auf Frank auf?"
"Den nehmen wir auch mit", schlug Noel vor.
"Das ist eine großartige Idee!" sagte Audrey, die das Gespräch mit Interesse verfolgt hatte. Denver steckte die Zigarettenschachtel mit Frank behutsam in seine Tasche, deckte sich mit Zigaretten für den Weg zur Tankstelle ein, und dann ging es los.      

NoelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt