EMILIA
Die Zeit verging wie im Fluge. Ehe ich mich versehen konnte war schon fast mein erster Monat im "Eclipse de Sol" um. Tom hat Mr. Evans gefragt und glücklicherweise bekomme ich mein Gehalt per Scheck ausgezahlt.
Ich ging dem Chef so weit wie möglich aus dem weg und irgendwie hatte ich das Gefühl er tat es ebenfalls. Ich arbeitete meist mit Kim und Tom an der Bar und verstand mich immer besser mit ihnen. Kim wurde sogar zu einer Freundin. Auch außerhalb der Arbeit unternahmen wir einiges. Sie zeigte mir wie man Shoppen geht und was man alles hier entdecken konnte.
Sogar das Empire State Building haben wir besucht und es war gigantischer als ich es mir vorgestellt habe. Leider war die Plattform wegen Renovierungen geschlossen, daher nahm ich mir vor sie noch einmal zu besuchen.Heute haben wir zu, da unser Chef seinen dreißigsten Geburtstag feiert. Die Angestellten sind ebenfalls eingeladen. Doch ich habe beschlossen nicht hinzugehen. Nicht nur aus dem Grund, dass ich nichts Passendes zum Anziehen habe, auch weil ich nicht weiß ob ich nach der Auseinandersetzung erwünscht bin.
Außerdem bekomme ich ihn, seit dem Tag in seinem Büro, nicht mehr aus dem Kopf. Seine dunkelbraunen Augen mit dem schwarzen Rand die mich intensiv betrachten. Seine rabenschwarzen Haare, die in seine Stirn fallen und die ich am liebsten aus seinem Gesicht streichen möchte.
Die sonnengebräunte Haut, die unter sein Hemd sichtbar war und die meine Finger wie magisch anziehen. Seine raue, warme Stimme die mir jedes Mal einen Schauer beschert.
Seit ich aus seinem Büro bin, kreist sein Duft in meiner Nase. In den letzten Wochen habe ich versucht nicht daran zu denken.
Doch erfolglos.
Sogar Kim ist aufgefallen, dass etwas anders ist. Wenn Mr. Evans doch mal in den Club kam, habe ich versucht beschäftigt zu wirken um ihn nicht wie ein Teenager anzuhimmeln. Die meiste Zeit hat es auch geklappt. Doch Kim hat mich immer mit diesem Allwissenden Lächeln angeblickt, als wüsste sie alles.
Ich schüttle den Kopf und vertiefe mich wieder in meine Schüssel Cornflakes die ich gerade genüsslich auf meiner Couch verschlinge und dabei NCIS anschaue.
Anthony DiNozzo ist gerade dabei über bekannte Filme zu rede, anstelle zu arbeiten, was ihn immer einen Schlag auf den Hinterkopf beschert. Ich mag die Serie und sie bringt mich immer zum Entspannen. Die Charaktere sind genial und die Fälle spannend und zum Mitfiebern.Ein Klopfen an der Tür lässt mich zusammenzucken. Ich blicke auf die Holztür und stelle mir vor wie jemand, wie in den Filmen, diese mit Kraft eintritt. Ich schlucke bevor ich langsam die Schüssel auf den Tisch stelle und zur Tür schleiche. Auch wenn bis jetzt Jason nicht aufgetaucht ist, bin ich trotz alldem vorsichtig. Außerdem sehe ich nicht wer davor steht. Leider fehlt der Türspion und Mrs. Krings von unten, vergisst immer die Tür abzuschließen, obwohl ich sie schon sooft darum gebeten habe.
Zögerlich bleibe ich vor der Tür stehen und überlege ob ich sie öffnen soll oder nicht. Ein Schatten unter dem Türspalt verrät mir, dass die Person immer noch draußen steht. Abermals klopft es. Dieses Mal lauter.
„Mach schon auf Emilia. Ich weiß, dass du da bist." Eine Erleichterung durchströmt mich, als ich Kims helle Stimme höre. Doch im selben Moment wird mir bewusst, was sie hier möchte. Ich verdrehe die Augen, bevor ich ihr die Tür öffne. Lächelnd steht sie mit einem engen schwarzen Kleid vor mir. Ihre blonden Haare hat sie zu locken gedreht und wie Sprungfedern hüpfen sie auf ihre Schultern, als sie sich an mir vorbei quetscht um in die Wohnung zu gelangen. Dabei klacken ihre High Heels auf dem billigen Laminat Boden. Sie bleibt vor dem Sofa stehen und legt eine schwarze Tasche darauf.
Als sie sich umdreht, mustert sie mich und zieht dabei eine Augenbraue nach oben.
„Wie siehst du den aus?" Fragt sie mich verwirrt. Ich blicke an mir runter. Mein Schlabber Outfit, bestehend aus einem viel zu großen Shirt und Snoopy Schlafanzughose, habe ich von letzter Nacht noch an, da ich nicht vorhatte heute das Haus zu verlassen. Ich zucke mit den Schultern, bevor ich mich wieder auf die Couch fallen lasse.„Es ist sehr bequem." Antworte ich ihr.
„Nein, nein, nichts da Emilia. Los ab unter die Dusche. Du wirst heute mit mir zu dieser Party gehen." Ich schnaufe übertrieben und blicke sie genervt an.
„Ich habe aber keine Lust." Kim setzt sich neben mich und blickt mich mit ihren grünen Augen traurig an. Das macht sie immer, wenn sie etwas will. Setzt einen Hundeblick auf, dem ich nicht widerstehen kann. Und das weiß sie.
„Biiiittte. Lass mich da nicht alleine hin. Du musst mich doch gegen die Jungs unterstützen."
„Cassy ist doch auch da und wahrscheinlich noch Dutzend andere Menschen." Kim fängt jetzt auch noch an ihre Lippe nach außen zu stülpen und ihre Augen werden immer größer.
„Ja aber Cassy ist nicht du und die anderen kenne ich nicht. Bitte. Komm schon. Das wird lustig." Ich rolle mit den Augen, da ich ihr einfach nicht wieder stehen kann.
„Ich habe aber nichts anzuziehen. Oder soll ich so gehen?" Ich zeige auf mein Outfit und schnell schüttelt Kim den Kopf.
„Ich habe an dich gedacht. Ich habe alles dabei, von Schuhen, bis Dessous und Make up." Irritiert ziehe ich die Augenbrauen hoch.
„Für was hast du Dessous dabei?" Kim grinst über beide Ohren und öffnet die Tasche. Daraus holt sie aufreizende rote und schwarze Spitzenhöschen mit passenden BH hervor. Mit großen Augen blicke ich sie an.
„Damit du den Chef verführen kannst." Dabei setzt sie ein Schelmisches Grinsen auf. Mit offenem Mund starre ich sie an.
„Was?" Ich verschlucke mich fast an meiner eigenen Spucke, was Kim zum Lachen bringt.
„Ich sehe doch wie du rot in seiner Nähe wirst. Von deiner guten Laune in letzter Zeit ganz abgesehen. Du stehst auf ihn." Dabei zieht sie gespielt ihre Augenbrauen hoch. Ich spüre wie ich rot werde und mir meine Nächtlichen Träume von ihm wieder einfallen. Wie er mich küsst und ich die Konturen seines Körpers nachzeichne und.... Nein. Stopp.
„Ich steh nicht auf ihn." Doch Kim grinst weiter und kramt schon in ihrer Tasche.
„Du kannst es dir gerne Einreden. Aber mich hintergehst du nicht. Los steh auf." Ich stöhne, wofür ich einen bösen Blick von ihr kassiere. „Keine Ausreden Emilia. Also Hopp, Hopp." Damit scheucht sie mich von der Couch und fängt schon an mir mehrere Kleidungsstücke um die Ohren zu werfen, die ich mir vor den Körper halten soll. Dabei zeigt sie den Daumen nach oben oder nach unten. Ich bin perplex wie viele schöne Kleider Kim hat.Nach zehn Minuten aussortieren und auswählen, begutachte ich die Kleidung die Kim mir zurechtgelegt hatte.
„Ich zieh das nicht an." Kim verdreht die Augen, während ich einen dünnen schwarzen Tanga nach oben halte.
„Jetzt sei doch nicht so verklemmt. Na gut. Was ist denn mit diesem Outfit?" Sie hält mir ein hübsches hellblaues Kleid entgegen, das einen tiefen Ausschnitt besitzt und eng geschnitten ist. An der Taille befindet sich eine große Schleife. Auch wenn der Ausschnitt gewagt ist, was Keuscheres werde ich heute Abend nicht bekommen. Ich halte es mir vor den Körper und Triumphierend blickt mich Kim an.
„Das betont perfekt deine Augen und dazu..." Sie hält einen blauen Spitzen BH und ein dazu passendes Spitzen Höschen hoch. Ich verdrehe die Augen, packe aber die drei Kleidungsstücke und verschwinde ins Bad um mich zu duschen. Hinter mir höre ich Kim noch quietschen, was mir ein Lächeln entlockt.Nach einer halben Stunde sitze ich vor Kim auf einem Stuhl. Sie hat mir die Haare geglättet und trägt mir gerade Make up auf. Ich kann es nicht fassen, dass ich mich überreden hab lassen.
„So fertig." Sie steckt den hell rosa Lippenstift weg und begutachtet ihr Werk, bevor sie mir einen Spiegel reicht. Erschrocken blicke ich das Bild der fremden Frau an. Sie hat nichts mehr mit der Emilia vor einem Monat gemein. Meine Wangenknochen stehen, dank des guten Essen von Jacks, nicht mehr so hervor. Kim hat mir ein Make up mit Betonung auf meinen Augen verpasst. Dunkel geschminkte Lider mit Eyeliner umrandet. Meine Lippen hat sie in einem zierlichen rosa Ton geschminkt.
„Und?" Lächelnd steht sie vor mir und beobachtet meine Reaktion.
„So sah ich noch nie aus." Ein beklemmendes Gefühl macht sich in mir breit und ich kämpfe mit den Tränen.
„Nicht weinen, Süße." Kim zieht mich in ihre Arme. Dieses Gefühl der Geborgenheit und Fürsorge fühlt sich befremdlich an und trotzdem ist es das schönste Gefühl überhaupt. „Die Schminke verläuft doch sonst." Sie lacht während sie mich weiter im Arm hält. Sie bringt mich zum Schmunzeln und ich schniefe die Tränen weg. Ich will ihre ganze Arbeit nicht zerstören. Kim reicht mir ein Taschentuch und ich tupfe die Träne von meiner Wange.
„So und nun lass uns rüber gehen." Ich nicke und Kim reicht mir ein paar High Heels die allerdings nicht so halsbrecherisch sind als ihre.Etwas wackelig auf den Schuhen, verlassen wir gemeinsam die Wohnung.
Es ist bereits dunkel und gemeinsam laufen wir zum Club, der nur wenige Straßen entfernt ist. Dort angekommen, empfängt uns ein fremder Security Mann und verlangt unsere Einladungen, die wir im reichen.
Wir betreten den kleinen, mit einem schweren dunklen Vorhang, abgeschirmten Vorraum. Die Musik empfängt uns hier oben gedämpft. Kim grinst breit und möchte gerade weiter gehen, da halte ich sie am Arm fest.
„Halt warte." Perplex blickt sie mich an.
„Was ist?" Fragend blickt sie mich an.
„Ich habe kein Geschenk." Bringe ich kleinlaut heraus und peinlich berührt blicke ich auf den Boden. Ich kann doch nicht zu einem Geburtstag von meinem Chef gehen, ohne Geschenk. Doch Kim grinst nur breit und reicht mir, eine kleine Schachtel, die mit Schwarzen Papier eingewickelt ist.
„Hier." Mit zusammengezogenen Augenbrauen blicke ich sie an, bevor ich das kleine Geschenk annehme. „Ich habe mir schon gedacht, dass du Hilfe beim Geschenk aussuchen brauchst. Deswegen war ich so frei und habe dir geholfen." Stirnrunzelnd schaue ich sie an.
„Kim. Das geht nicht ich kann..." Sie schüttelt den Kopf, sodass ihre blonde Mähne hin und her schwingt.
„Nein. Bitte, das ist mein Geschenk an dich. Du bist mir in den letzten Wochen zu einer Freundin geworden und dafür möchte ich mich bedanken." Abermals schießen Tränen in meine Augen. Wie kann ich mich nur je dafür erkenntlich zeigen.
„Du bist auch zu einer Freundin geworden. Danke." Kim lächelt und nimmt meine Hand.
„Na los. Wir sind schon zu spät und ich habe einen Bärenhunger." Ich nicke und schniefe die Tränen weg, bevor wir gemeinsam den Club betreten.
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ZERRISSEN - Zwischen Angst und Liebe
Romantik~Abgeschlossene Geschichte~ Noch nicht überarbeitet, daher verzeiht den ein oder anderen Fehler. ♥︎♥︎♥︎ 3. Platz Romantik Award ♥︎♥︎♥︎ Die schüchterne neunzehnjährige Emilia Schmidt hat es von Geburt an nicht leicht. Von ihrer drogenabhängigen Mutt...