17. DUNKELHEIT

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DAMIAN

Ich weiß nicht wie lange ich gestern auf meinem Sofa saß und den Kaputten Fernseher angestarrt habe, doch irgendwann muss ich wohl eingeschlafen sein.
Mit einem Brummenden Kopf wache ich auf meiner Couch auf. Ich streiche mir über mein Gesicht und kneife die Augen zusammen.
Die Sonne blendet mich und grummelnd stehe ich auf. Dabei fallen einige der leeren Flaschen klirrend auf dem Fußboden um. Mürrisch schleppe ich mich zur Tür, um die Einkäufe und den neuen Alkohol, von meiner Haushälterin hereinzuholen.

Als ich die Tür öffne, blicken mich graue Augen von unten an. Der alte Mann sitzt auf den Boden vor meiner Tür und lächelt als er mich sieht.
„Na endlich. Dachte du machst nie auf. Hilf mir mal auf Junge." Er hält mir seine Hand hin, doch ich ignoriere sie. Er sollte nicht hier sein. Mich nicht schon wieder so sehen.
Ich greife zu der Einkaufstüte und schleife mich in die Wohnung zurück. Doch ich lasse sie offen. Richard wird nicht gehen, egal wie lange ich ihn ignoriere. Ich höre ihn hinter mir stöhnen, als er sich vom Boden erhebt und mir folgt.
„Oh je." Er bleibt stehen und blickt sich in meinem Schlachtfeld um, während ich die Einkaufstüte in die Küche stelle und nach neuem Alkohol durchwühle. Als ich keinen finde, spüre ich Wut in mir aufsteigen und abermals wühle ich in der Tasche um nichts zu übersehen.
„Ich habe sie Gebete, den Alkohol wieder mit zu nehmen." Ich höre Richards Stimme hinter mir und wütend drehe ich mich zu ihm um.
„Du hattest kein Recht dazu." Fahre ich ihn an.
„Siehe dich an Damian. Du verkriechst dich hier und betrinkst dich. Lass dir von mir helfen Junge, oder müssen wir denselben Scheiß wie letztes Mal durchmachen." Ich schnaufe verächtlich und lasse die Tasche liegen. „Damian. Ich weiß was du durch machst. Aber das bedeutet nicht das Ende." Ich bleibe auf dem Weg zum Sofa stehen und drehe mich wütend um.
„Du weißt gar nichts." Richard blickt mich Mitfühlend an. Seine Nickelbrille hat er wie immer auf seinem Kopf sitzen. Seine Haare sind grauer geworden und um den Bauch herum hat er zugelegt. Doch sonst sieht er aus wie vor zehn Jahren.
„Ich weiß sehr gut was du durchmachst. Ich war selbst mal an diesem Punkt." Skeptisch blicke ich ihn an.
„Du wurdest Angeklagt und bist in den Knast gewandert? Wohl kaum." Richard schüttelt den Kopf.
„Nein. Aber ich war am Ende. Also, willst du wirklich alles wegwerfen was dir etwas bedeutet, oder willst du Kämpfen für das was du liebst." Ich blicke in seine, mit Weisheit gefüllten Augen. Richard war mir immer mehr ein Vater, als es mein eigener je sein wird. Er hat mich immer unterstützt und steht hinter mir. Einmal habe ich ihn schon verlorenen, ein zweites Mal kann ich es nicht.
Vielleicht hat er Recht und ich muss etwas ändern und sollte zu Kämpfen anfangen. Doch ich habe keine Kraft dazu. Ich blicke ihn lange an, bevor er Kopfschüttelnd schnauft.
„Wie wäre es, wenn du mal duschen gehst. Du stinkst, als hätte dein Körper, Wochenlang kein Wasser gesehen." Dabei rümpft er die Nase. Richard ist, wie ich, ein Starrkopf. Er wird mich nicht eher in Ruhe lassen, bis er bekommen hat was er will. Daher schnaufe ich nur, drehe mich aber um und stapfe in mein Badezimmer.

Mein Gesicht blickt mich traurig im Zerbrochenen Spiegelbild an. Ich erkenne mich selbst kaum wieder. Tiefe Ringe bilden sich unter meinen Augen, während mein Blick ins Leere gleitet.
Ich schüttle den Kopf und entledige mich meiner Kleidung, bevor ich unter die Dusche steige. Als das heiße Wasser auf meinen Rücken prasselt, entweicht mir ein Stöhnen. Ich kann mich nicht erinnern, dass Wasser so guttun kann. Erschöpft lehne ich den Kopf gegen die dunklen Fliesen und lasse das Wasser sein Werk erfüllen. Ein Gefühl, einen Teil meiner Sorgen, spült sich mit dem Dreck und Schweiß der letzten Tage weg, verfestigt sich in mir.

Als ich nach einer halben Stunde aus der Dusche steige, fühle ich mich wenigstens etwas nüchterner und wacher. Abermals wandert mein Blick in den Spiegel und Stirnrunzelnd streiche ich mir über den Bart. Vielleicht sollte ich mich auch gleich Rasieren.

ZERRISSEN - Zwischen Angst und LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt