34. EMILIA

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Irgendwie hat für mich etwas hier gefehlt, daher noch ein Zwischenkapitel.
Grüße eure Ella

EMILIA


Benommen lehne ich meinen Kopf an die kalte harte Steinwand. Ich weiß nicht wie viele Stunden vergangen waren, ob es Tag oder Nacht war. Meine Wangen sind nass von den vielen Tränen, die ich geweint habe. Jeder Zentimeter meines Körpers schmerzt. Ich fühle mich leer und jede Sekunde, die verstreicht verliere ich einen Teil meiner Hoffnung. 
Er hat mich hier runtergebracht, in einen kleinen dreckigen Keller. Die Luft ist stickig und riecht ekelig, als würde etwas verfaulen. Eine Matratzenauflage liegt in einer Ecke, auf die ich mich gesetzt habe. An den kahlen Steinwänden finden sich vermehrt Spinnenweben und Staub. Sonst ist der Keller leer und dunkel.
Ich habe in dem kleinen Raum, auf Knien, nach einer Waffe gesucht und habe in einer Wand einen Nagel entdeckt. Mich hat es sehr viel Kraft und Blutige Finger gekostet, um ihn heraus zu bekommen. Nun halte ich ihn in der Hand. Fast schon hätte ich gelacht. Er ist viel zu klein und wirklich großen Schaden anzurichten. Die Anstrengung und den Schweiß umsonst vergossen. Fest umklammere ich den kleinen Nagel in meiner Faust und warte dass etwas passiert.

Ich versuche stark zu bleiben, obwohl ich nicht weiß ob ich je hier wieder rauskomme. Meine Gedanken wandern vermehrt zu Damian und abermals rinnen Tränen meine Wangen hinab. 
Ich bin am Mittwoch zu ihm, weil ich bei ihm sein wollte. So wie Tom es beschrieben hatte, war der Gerichtstermin hart für ihn, auch wenn sich alles zum Guten gewendet hat. Er hat sie wirklich geliebt, wenn ihn das alles so fertig macht. Ob ich da noch Platz in seinem Herzen habe?
Er hat mir oft zu verstehen gegeben, dass er nichts Festes möchte. Das ich nur eine Ablenkung bin. Langsam drehe ich den Nagel in meinen Fingern und hänge meinen Gedanken nach. Ich frage mich, wie das alles so weit kommen konnte. Warum mein Leben so verlaufen ist. Warum musste ich so eine Mutter haben, der ich nichts bedeute. Warum wurde ich von keiner Liebenden Familie adoptiert. Warum muss der erste Mann, in dem ich mich verliebt habe, ein Soziopath sein.
Die vielen Fragen machen mich müde und irgendwann schließen sich meine Augenlider. 
Alpträume verfolgen mich wie in einem Labyrinth. Ich habe das Gefühl nicht atmen zu können, während ich versuche zu entkommen. Jason verfolgt mich und um jede Ecke die ich biege steht er wieder vor mir. Immer wieder schlängle ich mich durch neue Wege, doch ich kann ihm nicht entkommen. 
Dann ändert sich der Traum und das düstere Labyrinth verschwindet. Anstelle taucht ein langer Steinerner Gang auf. Meterhohe Wände zu beiden Seiten. Es gibt nur zwei Wege. Vorwärts oder zurück. Ich entscheide mich für Vorwärts, doch je länger ich gehe desto bewusster wird mir, dass dieser Gang nicht endet. Ich fange an zu rennen, doch egal wie schnell und wie lange ich renne. Nichts. Keine Veränderung. Kein Ende. Nur kalte leere Gänge.
Ist das mein Leben? Wie eine Endlosschleife immer im Selben Alptraum gefangen? Ist das mein Ende?


DAMIAN

Die Tür gibt unter meinem Gewicht nach und Sekunden später stehe ich in einem Altmodischen Wohnzimmer.
„Was…“ Mein Blick schnellt nach links, wo ein blonder Mann auf einem geblümten Sofa sitz und ein Bier in der Hand hält. Millisekunden blicken wir uns nur an, bevor wir realisieren, wer derjenige gegenüber ist.
Knurrend reiße ich mich aus meiner Starre und stapfe auf ihn zu. Jason Decker erhebt sich und baut sich bedrohlich vor mir auf.
„Wer sind sie und was machen sie in meinem Haus.“ Brüllt er mich an, doch ich packe ihn an seinem offenstehenden Hemdkragen und ziehe ihn an mich.
„Du weißt ganz genau wer ich bin, du mieses Arschloch.“ Spucke ich ihm entgegen. Sein verwirrter Ausdruck weicht und ein kaltes Lächeln tritt an seiner Stelle. Ein Schauer jagt über meinen Rücken. „Wo ist sie? Wo ist Emilia?“
Jason legt seine Hände auf meine und lacht böse.
„Was? Ist dir deine kleine Schlampe davongelaufen?“ Sein ekeliger Atem schlägt mir ins Gesicht und kurz erstarre ich. „Hast es ihr wohl nicht richtig besorgen können.“ Abermals kichert er.
Ich löse mich von meiner Starre und schubse ihn nach hinten.
„Du mieses Schwein.“ Ich hole mit meiner Faust aus und lande einen Schlag direkt in seinem Gesicht. Erschrocken blickt er mich an. „Na los, wehre dich. Oder kannst du nur schwache Frauen schlagen?“ Frage ich ihn grinsend. "Such sie." Flüstere ich an Tom gewandt, der sofort durch die Räume huscht.
Jason wischt sich über seine Lippe, aus der Blut getreten ist.
„Keine Angst mit dir werde ich auch noch fertig.“ Bringt er wütend heraus. Seine Stimmung hat sich schlagartig geändert. Gerade war er noch belustigt und nun blitzen mich zwei grimmige blauen Augen hinter seiner Brille entgegen. Er springt auf mich zu, doch seinem ersten Schlag weiche ich gekonnt aus. Wie zwei Raubtiere umrunden wir uns, bevor er abermals auf mich zuspringt und seine Fäuste schwingt. Doch wie befürchtet, hat er mir nichts entgegenzuwirken. Ich springe nach vorne und lande mehrere Faustschläge in sein Gesicht. Jason stöhnt und taumelt nach hinten.
„Schwächling.“ Bringe ich heraus und ramme ihm meine Faust in den Magen. Keuchend sackt er zusammen.
Als ich denke er gibt auf, brüllt er laut und stürmt Kopfvoraus auf mich zu. Er drückt sein Haupt in meinen Magen und lässt mich straucheln. Meine Arme schlingen sich um seine Mitte, während meine Füße sich in den alten Teppich stemmen. Ich spüre seine Schläge auf meine Niere und schmerzverzehrt verziehe ich mein Gesicht.
Tom, der gerade eben erst wieder das Wohnzimmer betritt, kommt auf mich zu.
„Nein. Der Widerling gehört mir.“ Brülle ich zu ihm und ramme meinen Ellenbogen auf seinen Rücken. Schreiend lässt Jason mich los und entfernt sich wenige Schritte. Mit nur einem bin ich bei ihm und lande einen gezielten Schlag in sein Gesicht. Taumelnd weicht er weiter zurück, bis sein Rücken an die Wand stößt. Abermals packe ich ihm am Kragen und hebe ihn auf seine Zehenspitzen. Sein Gesicht ist lädiert und Blut rinnt aus seiner Nase die unnormal schief ist.
„Wo ist sie?“ Knurre ich gefährlich und drücke in fester gegen die hässliche Stofftapete. Ein lächeln tritt auf seine schmalen Lippen.
„Du bekommst sie nicht. Sie gehört mir.“ Abermals dieses kalte Lächeln, dass sogar mir bis ins Mark geht.
„Ich habe das ganze Haus abgesucht, sie war hier.“ Meldet sich Tom hinter mir, doch mein Blick weicht seinen blauen Augen nicht aus. Wenn er denkt er ist der überlegene in diesem Raum, kann er das vergessen.
„Hat das Haus einen Keller?“ Frage ich ihn ruhig, doch Jason lächelt nur noch breiter.
„Werde ich dir nicht sagen.“ Ohne viel zu überlegen, ramme ich ihm meine Faust in den Magen. Ich bringe mein Gesicht ganz nah an sein Ohr.
„Reiz mich nicht, sonst wirst du es bereuen.“ Knurre ich, doch sollte er vor mir Angst haben, zeigt er es nicht.
„Drohst du mir?“ Fragt er ruhig weiter. Ich verstärke meinen Griff und abermals keucht er. Ich hoffe er hat schmerzen, die ihn niemals vergessen lassen, was für ein Wixer er ist.
„Nein. Ich verspreche dir, dass ich dich fertig machen werde. Dir dein Leben zur Hölle mache, so wie du ihres zum Alptraum gemacht hast. Ich verspreche dir, dass du nie wieder lächeln wirst, wenn du mir nicht sofort sagst, wo ich Emilia finde. Und ich verspreche dir, solltest du sie verletzt haben, werde ich dir jeden blauen Fleck und jeden Kratzer zehnmal so schlimm zurückzahlen.“ Knurre ich bedrohlich.
„Ich habe keine Angst vor dir.“ Bringt Jason ruhig heraus, doch etwas an seiner Haltung hat sich verändert. Sie wirkt eingeschüchterte als zuvor.
„Solltest du aber.“ Ich höre ein rascheln hinter mir.
„Ich habe nochmal alles abgesucht und eine versteckte Tür hinter einem wackeligen Regal gefunden.“ Mein Herz schlägt schneller, als mir Tom die Neuigkeit weitergibt. Jason knurrt und wird Unruhig in meinem Griff. Volltreffer.
„Ruf die Polizei, sowie einen Krankenwagen.“ Befehlige ich Tom und zu Jason gewandt. „Und wir beide, gehen jetzt da runter.“
Ich packe ihn am Nacken und schiebe ihn in Richtung Flur. Er wehrt sich anfänglich, doch nachdem ich ihm einige Schläge auf seine Rippen gegeben habe, ist er schnell still. Bestimmt habe ich ihm schon ein paar Gebrochen und das ist schon eine kleine Genugtuung.
Tom hat bereits das Regal weggeschoben und Jason vor mir herschiebend, betreten wir die kahlen Steintreppen nach unten in den kalten Keller.

ZERRISSEN - Zwischen Angst und LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt