DAMIAN
Das klacken der Tür lässt mich aufblicken. Ich höre immer noch mein Herz laut in meiner Brust pochen. Verwirrt blicke ich auf meine Handflächen, die von der Berührung ihrer Haut, immer noch brennen. Ich blicke wieder auf die Unterlagen vor mir, doch die Zahlen verschwimmen vor meinen Augen. Immer wieder blicke ich auf die Stelle an der vor kurzem Emilia noch kniete. Das Gefühl, dass ich dabei empfand, habe ich lange nicht mehr gespürt.
Meinen Beschützer Instinkt.
Ich wollte sie in meine Arme ziehen und ihr die Angst nehmen. Wollte sie halten und ihr die Sicherheit geben. Abermals fängt mein Herz schneller an zu schlagen und dieses Ungewohnte Gefühl lässt mich erschaudern.
Die Vorstellung eine Frau wieder in mein Leben zu lassen macht mir Angst. Elena hat mein Urteilsvermögen gegenüber Menschen zerstört. Wie kann ich jemanden trauen, wenn ich bei ihr so vollkommen falsch lag.
Ich greife mir in die Haare und lasse einen langen Seufzer frei. Wie von selbst wandert mein Blick zu dem Monitor neben mir.
Sie steht an der Theke und putzt. Ein Lächeln ziert ihre schönen Lippen und lässt mich ebenfalls schmunzeln. Vielleicht hat Tom Recht und ich sollte seinem Gefühl trauen. Emilia ist gut an der Bar, fleißig und man kann sich auf sie verlassen.
Obwohl sie so gut ist, hatte sie Angst ich feure sie. Ich bin ehrlich, dass hatte ich vor. Momentan empfinde ich nur noch Wut und Emilias Lüge war einfach noch der Tropfen der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Doch selbst mich hat es erschrocken was sie mir alles angeboten hat. Natürlich lasse ich sie nicht sieben Tag Arbeiten oder ziehe ihr etwas vom Gehalt ab. Ich kann manchmal ein Arsch sein, aber so einer nun auch nicht. Außerdem würde mir Tom an den Kragen springen. Er hat das sagen an der Bar, auch wenn ich das letzte Wort habe.
Ein Satz, den sie gesagt hat, ist mir immer noch in Erinnerung.Der Club ist alles was ich habe.
Der Satz hat bei mir etwas ausgelöst. Ihr bedeutet der Club etwas, genau wie mir. Es ist mein Herzstück, für das ich alles tun würde. Genau wie Emilia. Vielleicht habe ich mich doch in ihr getäuscht und nun haben wir beide eine zweite Chance bekommen.
Ich atme einmal tief ein und der Geruch von ihrem Haar dringt in meine Nase. Wie konnte diese Frau mich mit einer Berührung so flashen.
Ich schließe die Augen und sehe ihre Grau-blauen Augen direkt vor mir. Ihre weiche Haut, die ich am Oberarm berührt habe. Ihr Geruch nach Vanille. Ihre sinnlichen vollen Lippen. Ihr heißer Körper.
Ich schüttle mich, da ich spüre wie ich mich zu ihr hingezogen fühle.
Erste Regel in meinem Club. Keine Beziehungen zwischen Angestellten. Das bringt nur Ärger und Stress.
Wie Automatisch blicke ich wieder auf den Bildschirm. Emilia füllt gerade die Kühlschränke auf und an der Bewegung ihrer Lippen, sehe ich, dass sie singt. Als meine Lippen sich zu einem Lächeln zieren, schüttle ich mich abermals.
Ich bin kein Teenager mehr. Ich bin ihr Chef.
Schnell mache ich den Monitor neben mir aus um mich wenigstens noch auf einige Unterlagen konzentrieren zu können.Am späteren Abend blickt Tom durch den Türspalt.
„Hey. Wie ich sehe hast du Emilia doch nicht rausgeworfen." Er setzt sich schwungvoll in einen der Sessel vor meinem Schreibtisch und legt die Beine auf meinen Tisch.
„Wie du siehst." Ich blicke nicht auf, als ich auf den Monitor tippe, der die Bar zeigt.
„Das war richtig Damian. Glaub mir." Versucht mich Tom nochmal zu überzeugen. Ich lehne mich in meinem Stuhl zurück und verschränke die Hände hinter meinen Kopf. Versuche mir nicht anmerken zu lassen, was diese Frau in mir auslöst. Keine halbe Stunde hatte ich den Monitor aus. Da musste ich ihn wieder anmachen. Immer wieder huschte mein Blick zu ihr. Ob man das schon Stalking nennt.
„Wir werden sehen, ob es eine gute Entscheidung war. Wir wissen rein gar nichts von ihr." Versuche ich den harten zu mimen, obwohl sie mich schon längst hat. Doch ich bin zu stolz das zuzugeben.
„Jeder hat das Recht auf eine zweite Chance. Und Emilia braucht eine." Ich ziehe meine Augenbrauen nach oben.
„Wie du meinst." Ich lehne mich wieder nach vorne. Meine Augen schmerzen und ich kann sie kaum noch aufhalten. Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass es bereits nach Mitternacht ist.
„Damian." Tom schnauft und fährt sich über seine Glatze. „Du solltest nach Hause gehen und schlafen." Damit hat er Recht. Doch dafür bin ich wahrscheinlich auch zu stolz.
„Ich kann nicht schlafen." Gestehe ich ihm. „Immer wenn ich nichts tue, denke ich an sie. Was sie mir bedeutet hat und immer noch bedeutet." Ich rede selten über meine Gefühle, doch der Schlafmangel zerrt an mir. Tom nimmt seine Füße von meinem Tisch und richtig sich in seinem Stuhl auf.
„Dann lass dir von mir helfen Damian. Rede mit mir oder mit Richard. Du weißt wir sind für dich da." Richard ist ein sehr alter Freund, dem ich viel in meinem Leben verdanke, doch auch ihn möchte ich nicht mit meinem Problemen belasten. Tom ist alleinerziehender Vater und hat selbst genügend Baustellen. Noch dazu trauert er immer noch seiner Verstorben Frau nach, die vor drei Jahren bei einem Autounfall ums Leben kam. Auch ihn möchte ich nicht auch noch meine Probleme aufzwängen.
„Ich komme klar." Weiße ich ihn ab, was ihn nur schnaufen lässt. Tom hat mich nie gedrängt und weiß auch, dass er bei mir auf Granit stößt sollte er es tun.
Daher zuckt er mit den Schultern.
„Okay. Wie du meinst. Aber du weißt das wir hinter dir stehen. Egal was kommt." Ich lächle ihn dankend an.Auf Tom konnte ich mich immer verlassen. Wir lernten uns in der Schule kennen, als ich ihn damals vor ein paar älteren Kids beschützte. Jetzt sieht man es ihm nicht mehr an, aber früher war er eher schmächtig und klein. Erst im späten alter wuchs er um ein ganzes Stück, sodass er mich sogar heute noch überragt.
Zusammen waren wir immer unschlagbar und haben so einiges an scheiße angestellt. Mein Vater war nie begeistert und hat mir öfters den Umgang mit Tom verboten. Doch ich fand immer einen Weg um mit ihm abzuhängen, auch wenn ich danach dafür büßen musste.
Im Gegensatz zu mir ist Tom aus einer der gehobenen Mittelschichtfamilie in Harrisen, einem Stadtteil von New York, aufgewachsen. Für meine Eltern zählte aber immer nur die gehobene Elite zum guten Umgang. Für sie musste es Adliges Blut sein, oder niemand. Das habe ich immer so an ihnen Gehasst. Wie sie auf Leute hinabblickten, die für sie nicht gut genug waren. Vielleicht genau deswegen, wurden wir beste Freunde.„Aber ich habe noch ein Anliegen." Sein grinsen wird breiter und ich weiß genau was jetzt kommt.
„Nein, Tom. Nein." Warne ich ihn ernst, doch er grinst nur noch selbstgefälliger.
„Nichts da Kumpel. Man wird nur einmal dreißig. Und das muss man feiern." Ich schlage meine Hände über den Kopf zusammen. „Und was auf alle Fälle dafürspricht. Es lenkt dich von dem hier ab." Er zeigt auf mich und ich weiß was er sieht. Meine Augenringe sind kaum zu übersehen. Genauso mein Eingefallenes Gesicht und die aschfahle Haut.
„Vielleicht hast du recht, aber ich hasse Geburtstage feiern." Tom klatscht in die Hände, als hätte ich schon zugestimmt.
„Klasse ich kümmere mich auch um alles." Ich stoppe ihn.
„Warte halt. Ich habe noch nicht mal ja gesagt." Sein grinsen wird verschlagener.
„Du hast keine Wahl, mein Freund. Wer weiß vielleicht findest du eine nette Frau. Und wenn es nur für eine Nacht ist. Du brauchst diese Ablenkung. Vertrau mir." Ich schnaufe kann aber auch nichts mehr dazu einwenden.
„Na schön. Aber nur eine kleine Feier." Tom strahlt über beide Ohren.
„Perfekt. Lass mich nur machen." Und davor habe ich Angst.
Mit seinem Enthusiasmus entlockt er mir ein kleines Lächeln und Kopfschüttelnd richte ich meine Unterlagen. Mit einem letzten blick auf Emilia, schalte ich den Monitor aus.
„Bitte übertreibe es nicht Tom." Er erhebt sich und klopft mir auf die Schulter.
„Ich doch niemals." Doch sein Grinsen sagt etwas anderes. Kopfschüttelnd werfe ich mir meine Jacke über und verlasse mein Büro.
„Ich hau mich aufs Ohr. Macht nicht so lang heute." Tom nickt, bevor wir uns verabschieden.
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ZERRISSEN - Zwischen Angst und Liebe
Romance~Abgeschlossene Geschichte~ Noch nicht überarbeitet, daher verzeiht den ein oder anderen Fehler. ♥︎♥︎♥︎ 3. Platz Romantik Award ♥︎♥︎♥︎ Die schüchterne neunzehnjährige Emilia Schmidt hat es von Geburt an nicht leicht. Von ihrer drogenabhängigen Mutt...