DAMIAN
„SCHEIßE." Ich schlage mit der Faust gegen die geschlossenen Aufzugtüren. Warum ist sie gerade abgehauen. Habe ich etwas falsch gemacht? Frustriert lehne ich meinen Kopf gegen die kühlen Türen. Was ist hier gerade passiert. Die Nacht mit Emilia war atemberaubend. Sie hat sich mir hingegeben. Hat sich fallen lassen und mir ihr Vertrauen geschenkt. Sie in meinen Armen zu halten hat sich gut angefühlt.
Ich hatte lange nicht mehr so gut geschlafen wie letzte Nacht. Es waren sogar mehr als 6 Stunden, was mich wirklich gewundert hat.
Immer noch nur mit einem Handtuch bekleidet, stapfe ich in meine Wohnung zurück.
Die Sonne steht hoch am Himmel und herrlich warm scheint sie ins Wohnzimmer. Schnell begebe ich mich in mein Schlafzimmer.
Das zerwühlte Bett erinnert mich an Emilia. Ihre braunen Haare die verteilt auf meinem weißen Kissen lagen. Ihre Grau-Blauen Augen unter den langen geschwungenen Wimpern. Ihre vollen Lippen die sich mir gierig entgegen streckten. Ich sehe wie sich ihr Körper unter mir windet, höre ihre lieblichen Seufzer und ihr erregtes Stöhnen.
Schnell schüttle ich die Bilder aus meinem Kopf, da ich merke wie ich wieder hart werde.Ich schlüpfe in eine bequeme Jogginghose und ein einfaches Shirt, bevor ich mich auf den Weg in meine Küche mache.
Ich drücke auf die Kaffeemaschine und warte bis das schwarze Gebräu in eine Tasse läuft. Dabei denke ich an Emilia und ihre Flucht. Was hat sie dazu getrieben? Ich hatte das Gefühl, das es ihr ebenfalls gefallen hat. Sie war unglaublich.
Ich schnappe mir die Tasse und schlendere rüber zu der großen Fensterfront. Genüsslich öffne ich die Terrassentür und schließe die Augen. Die Sonne wärmt mein Gesicht und lässt mich lächeln. Lange war ich nicht mehr so gelassen und entspannt.
Der Gerichtstermin gestern ist gut ausgegangen und mein Anwalt ist zuversichtlich, nächste Woche einen Freispruch zu erwirken. Nachdem ich zu Hause angekommen war, habe ich erstmals meinen Fernseher gegen einen neuen Ausgetauscht und den Spiegel im Bad ersetzt. Anschließend war ich beim Sport. Ich habe mich wie neu geboren gefühlt und dieses Gefühl wollte ich teilen. Mit der Frau die mir seit Wochen ein gutes Gefühl gibt. Wenn sie in der Nähe ist, habe ich das Gefühl alles meistern zu können.
Trotzdem geht mir ihr panischer Gesichtsausdruck nicht aus dem Kopf. Was ist passiert, als ich duschen war?
Bereut sie unsere Nacht? Habe ich ihr irgendwie wehgetan? Fragen schwirren mir im Kopf herum, die ich nicht beantworten kann.
Ich überlege sie anzurufen, doch da fällt mir ein ihre Nummer gar nicht zu haben. Vielleicht fahre ich später noch vorbei oder lasse ihr den Tag zum Runterkommen.Genüsslich schlendere ich zur Couch und setze ich mich darauf. Dabei fällt mir die Gerichtsakte auf, die mir gestern mein Anwalt noch gegeben hat.
Ich kann immer noch nicht glauben, dass Elena das alles Inszeniert hat. Sie hat Fotos von sich mit blauen Flecken machen lassen und hat Miriam gedroht ihre Schwester ins Gefängnis zu bringen, nur um mir zu schaden.
Ich schüttle den Kopf. Warum hat sie das getan? Unsere Ehe war nicht gerade vorbildlich, aber nichts rechtfertigt ihr verhalten.
Mein Blick schweift über die Bilder und immer noch werde ich dabei wütend. Sie hätte mich in den Knast bringen können.
Erst jetzt fällt mir auf, dass die Akte offen vor mir liegt. Stirnrunzelnd blicke ich darauf. Habe ich sie gestern offengelassen? Ein Tropfen am untersten Rand fällt mir ins Auge. Er ist immer noch feucht. Langsam setzen sich die Bilder in meinem Kopf zusammen.
Es sind Tränen.
Emilia.
Ruckartig erhebe ich mich und bringe dabei meinen Kaffee zum überkippen.
„Scheiße." Sie hat die Fotos gesehen und denkt, dass ich das war. Nervös greife ich mir in die Haare. Deswegen ist sie weggelaufen. Deswegen hat sie geweint. Sie glaubt ich bin ein Monster und habe das meiner Ex-Frau angetan.
Warum denkt sie so über mich? Mache ich so einen schlechten Eindruck? Sehe ich so aus, als würde ich so etwas einer Frau antun? Bin ich in ihren Augen das Monster, das Elena alle glauben lassen wollte?
Ungläubig laufe ich im Raum auf und ab.
Ich überlege zu ihrer Wohnung zu fahren, doch verwerfe diesen Gedanken schnell. Momentan ist sie zu aufgewühlt. Ich sollte ihr die Zeit geben sich zu beruhigen.
Seufzend setzte ich mich wieder auf die Couch und vergrabe mein Gesicht in den Händen. Die Akte ist immer noch offen vor mir und genervt schlage ich sie zu. Ich kann diese Fotos nicht mehr sehen. Fotos die mich ins Gefängnis hätten bringen können. Von einer Frau die ich geliebt habe und ein Teil wird sie immer lieben.Ich habe die ganze Zeit versucht, Emilia und unsere Gemeinsame Nacht aus dem Kopf zu bekommen. Doch egal wie ich mich Abgelenkt habe, es hat nichts funktioniert. Auch wenn ich es mir nicht selbst eingestehen möchte, bedeutet sie mir mehr als gedacht.
Als mich damals Elena betrogen hat, habe ich mir geschworen keine Frau mehr an mich heran zu lassen. Egal was sie mir angetan hat, war sie doch die erste Frau die ich geliebt habe. So sehr, dass mit ihrem Verrat mein Herz in Tausend Teile zersprungen ist. Ich weiß nicht wann ich jemanden wieder so vertrauen kann, wie Elena.
Das ich nach sechs Monaten Emilia über den Weg laufe und diese meine Welt auf den Kopf stellt, habe ich nicht mit einkalkuliert. Sie ist eine besondere Frau, die mich alles um mich herum vergessen lässt. Es fühlt sich unbeschwerter an und die Welt scheint ein wenig freundlich zu sein, wenn ich mit ihr zusammen bin. Seit dem ersten Augenblick hat sie etwas in mir bewegt, dass mir Angst gemacht hat. Angst wieder eine Frau an mich zu lassen die mich verletzen wird.Ich greife nach meinem Handy und wähle Richards Nummer. Nach dem zweiten Klingen wird abgehoben.
„Hallo Junge." Ein schmunzeln schleicht sich auf meinen Lippen.
„Hallo Richard." Begrüße ich ihn und atme aus.
„Was bedrückt dich?" Ich sitze auf meiner Terrasse auf eine der Sonnen Liegen und spiele mit den Sitzauflagen herum. Ein leichter Wind weht mir um die Nase, trotzdem ist es heute herrlich warm. Ich habe lange damit gekämpft Richard anzurufen. Aber ich kann nicht immer den gleichen Fehler machen und versuchen alles alleine zu stemmen. Ich habe gemerkt wie wichtig mir diese Menschen sind, die sich meine Familie nennen. „Damian?" Anscheinend war ich zu lange still, da ich Richards ruhige Stimme höre. „Ist es wegen dem Gerichtstermin?" Fragt er nochmal nach.
Ich schüttle den Kopf und bemerke zu spät, dass er mich ja nicht sehen kann.
„Nein." Richard atmet erleichtert aus.
„Was ist es dann?" Ich habe es geschafft, in einen der Sitzauflagen ein Loch rein zu machen und nun spiele ich nervös mit dem Innenleben weiter. Es fällt mir trotzdem schwer darüber zu sprechen. Doch ich atme einmal tief ein und antworte ihm.
„Ich habe eine Frau kennengelernt." Gestehe ich ihm. Ich höre ihm an, dass er lächelt.
„Das freut mich für dich." Ich schnaufe und fahre mir über mein Gesicht. „Also warum bist du so unglücklich?" Mit Richard konnte ich schon immer viel besser über meine Gefühle reden, als mit Tom. Er hatte immer einen Weisen Rat für mich.
„Sie bedeutet mir sehr viel. Sie lässt mich alles um mich herum vergessen." Ich schnaufe abermals. Es ist schwer, meine Gefühle laut auszusprechen. Dadurch wirken sie auf einmal real.
„Du hast Angst, dass sie wie Elena ist." Richard trifft es mal wieder auf den Punkt. Ja das habe ich. Angst, meine Gefühle zu zeigen. Angst, wieder mein Herz zu verlieren. Angst, dass ich jetzt nicht mehr die Chance habe, dass heraus zu finden. Ich schlucke.
„Ja." Gebe ich kleinlaut zu.
„Mmh. Du findest nur heraus, wer sie für dich ist, wenn du ihr die Chance gibst es dir zu zeigen." Eine Traurigkeit legt sich über mich.
„Sie hat die Fotos gesehen und ist aus meinem Haus gestürmt, als wäre ich der Teufel höchst persönlich." Ich balle meine freie Hand zur Faust um das Gefühle zu unterdrücken, dass mich überkommt.
„Zeig ihr wer du wirklich bist und sie wird dich als den Menschen wahrnehmen, den ich kenne." Ich lockere meine Faust und richte den Blick auf das Steinpflaster vor mir.
„Wenn sie mir die Chance dazu gibt." Ich schnaufe und dankend beende ich das Gespräch mit Richard. Er hat mich zum Nachdenken angeregt. Ich werde mit ihrem Sprechen und wenn ich auf meine Knie muss. Ich will sie nicht verlieren, bevor ich sie überhaupt hatte.Ich blicke wieder auf mein Handy und überlege Tom eine Nachricht zu schreiben um heraus zu finden, wie es Emilia geht. Doch ich weiß nicht wie ich sie formulieren soll, ohne dass er verdacht schöpft. Als ich ihm dann eine Nachricht tippe, wie es den heute im Club läuft, antwortet er mir ziemlich zügig, dass Emilia sich krankgemeldet hat. Erleichtert atme ich aus, dass ich nicht dumm nachfragen muss um an meine Information zu kommen. Ich antworte ihm noch um zu erfahren ob sonst alles passt, was er mit einem einfachen Daumen nach oben Smiley beantwortet.
Die Sonne ist langsam am Untergehen und mit neuem Mut beschließe ich doch noch zu ihr zu fahren, um das Missverständnis aufzuklären. Wenn sie mich auch lässt.
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ZERRISSEN - Zwischen Angst und Liebe
Romance~Abgeschlossene Geschichte~ Noch nicht überarbeitet, daher verzeiht den ein oder anderen Fehler. ♥︎♥︎♥︎ 3. Platz Romantik Award ♥︎♥︎♥︎ Die schüchterne neunzehnjährige Emilia Schmidt hat es von Geburt an nicht leicht. Von ihrer drogenabhängigen Mutt...