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[Crying in the club - Camila Cabello]

DER TÜRSTEHER LÄCHELT mir kurz zu und winkt mich dann an der großen Menschenschlange vorbei, in das Innere des Clubs. Die Deckenbeleuchtung wirft den Raum in ein beinahe gespenstisches, funkelndes Licht. Jede Menge Jugendliche bewegen sich auf der Tanzfläche, halten Becher in den Händen, bis zum Rand gefüllt mit Alkohol.

»Er hat was, Syd?« Clary schiebt sich an einem großen Typ vorbei, bis sie wieder neben mir steht.

»Keine Ahnung, das ist so ein Experiment.« Ich zucke mit den Schultern.

»Keine Ahnung? Da will irgendjemand an dir rumpfuschen und dir ist es egal?« Skeptisch blickt sie mich an.

»Naja, egal nicht. Aber es hört sich doch ganz gut an, oder? Ich meine, hallo, Genveränderung! Er kann mich in ein superheißes Supermodel verwandeln.« Ich schaue sehnsüchtig auf die Körper einiger Mädchen in meinem Alter, die sich auf der Tanzfläche vor- und zurückwiegen.

»Ich weiß nicht, Syd.« Aus Clarys Stimme ist die Skepsis noch nicht verschwunden. »Findest du das nicht etwas heftig? Außerdem ist Genveränderung eigentlich verboten. Zumindest bei Menschen.«

»Jetzt anscheinend nicht mehr. Ist doch jetzt auch egal, oder? Lass uns tanzen gehen.« Ich lächle sie an. Warum muss sie gleich an allem rummotzen? Das ist doch nichts schlimmes. Es hört sich doch ganz praktisch an.

Sie schaut zwar immer noch zerknirscht, gibt sich aber geschlagen, als ein neues Lied aus den Lautsprechern ertönt. Tove Lo - Talking bodies.

Ich kreische erfreut auf und ziehe Clary hinter mir her. »Das ist unser Song!«, brülle ich gegen die Musik hinweg und sie dreht sich lächelnd einmal um die eigene Achse.
Wir lieben den Song und hören ihn wirklich auf und ab, obwohl er für viele schon total out ist. Aber das ist uns egal. Man kann super dazu tanzen.

»Hast du dem DJ gesagt, du willst den Song?«, fragt Clary grinsend.

»Vielleicht. Ist manchmal praktisch, einen reichen Dad zu haben.« Ich grinse zurück und wir verlieren uns in der Musik.

Nach dem der Song fertig ist, gehen wir hinauf in die VIP Loge, in der die Ehrenmitglieder des Clubs hin können. Ich bin so ein Mitglied wegen meines Dads und Clary ist meine Begleitung.

Hier oben startet heute eine Privatparty, hoch oben, über den Köpfen der Menschen, die sich unten auf der Tanzfläche bewegen. Die Party schmeißt die Tochter von einem Geschäftspartner meines Dads. Eigentlich kann sie mich nicht leiden, dass weiß ich ganz genau. Aber sie hatt mich trotzdem eingeladen, wahrscheinlich um ein gutes Licht auf ihren Dad und die Geschäfte zwischen ihm und meinem Dad zu werfen.
So ist das in unseren Kreisen.
Es geht immer nur um Geld und Macht.

Die Glastür geht schwungvoll auf und wir betreten die Loge. Sie ist in rotes, dunkles Licht getaucht, aber man sieht trotzdem noch genug. Die Wände sind mit schillernden Girlanden geschmückt, die sich im Licht reflektieren. Es läuft Musik mit viel Bass, den ich sogar bis in die Brust spüren kann.

Die Menschen tanzen genauso ausgefallen wie unten, nur irgendwie vornehmer, keine Ahnung wie ich das beschreiben soll.

Die Gastgeberin schlängelt sich einen Weg zu uns durch, drängt sich durch die tanzende Meute. Sie trägt ein weißes Stretchkleid, das ihr gerade mal bis zur Mitte der Oberschenkel reicht. Ihre Haare sind zu großen Wellen geformt und fallen ihr ordentlich über die Schultern. Sie sieht ein bisschen erhitzt aus, aber trotzdem, wie immer, ist sie wirklich hübsch.

Sie stöckelt auf uns zu und bleibt dann direkt vor mir stehen. »Hey Süße«, sagt sie und lächelt süffisant. Sie macht wirklich kein Hehl daraus, dass sie mich nicht mag. Ihre Stimme trieft nur so vor Spott.

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