[I'm still here - SIA]
ALS ERSTES SEHE ich eine Mischung aus grau und weiß. Es ergibt keinen Sinn, außerdem ist es viel zu hell, also kneife ich wieder die Augen zu und versuche kurz tief durchzuatmen.
Wo bin ich?
Ich erinner mich wirklich an gar nichts. Wieder öffne ich vorsichtig meine Augen. Und wieder sehe ich nur ein verschwommenes Farbwirrwarr aus weiß und grau.
Wo zum Teufel bin ich?
Diesmal versuche ich allerdings meine Augen länger aufzulassen, um noch irgendetwas anderes zu erkennen. Was ist passiert? Bin ich betrunken? Aber ich kann mich nicht daran erinnern, überhaupt auf einer Party gewesen zu sein. Oder... Nein, das kann nicht sein. Ich habe noch nie irgendwelche Drogen genommen. Also verwerfe ich den Gedanken so schnell, wie er gekommen ist. Was ist das letzte, an das ich mich erinne?
Ich versuche mein Hirn zu durchforsten, aber es klappt nicht. Ich bin unglaublich müde, die Müdigkeit lullt mich richtig ein, sanft wie eine weiche Daunendecke, und versucht mich mit sich zu ziehen. Aber ich darf jetzt nicht schlafen. Nicht bevor ich weiß, wo ich bin. Was passiert ist.
Ich befeuchte mir die trockenen Lippen und blinzle gegen das helle Licht. Vergeblich versuche ich mich zu bewegen. Ich bin wie festgewachsen, kann mich nicht rühren. Streng dich an, befehle ich meinem schlappen Hirn und atme hektisch ein und aus. Ich schlucke hart und merke, wie durstig ich bin. Und hungrig. Aber mir ist auch ziemlich schlecht. Sogar so schlecht, das ich jeden Moment kotzen könnte. Ich verziehe das Gesicht, was ich aber sofort bereue, weil es dabei weh tut, als würden tausende Nadeln darin stecken.
Vorsichtig schiele ich nach links und rechts, weil ich mich nicht traue, meinen Kopf zu bewegen. Er ist so schwer wie frisch gegossenes Blei. Links sehe ich wieder nur weiß und grau, aber rechts erkenne ich den Umriss von etwas eckigen, mit langen Stielen dran. Oder Beinen. Ein Tisch?
Ich blinzle mehrmals und endlich sehe ich etwas schärfer, erkenne einen Ikea Rolltisch. Er kommt mir irgendwie bekannt vor, aber ich weiß nicht mehr warum. Ich weiß auch nicht, warum ich mir so sicher bin, dass er von Ikea ist. Vielleicht irgendein Insider von mir, den ich in diesem Zustand noch nicht kapiere.
Eine Silhouette einer Frau tritt in mein Blickfeld. Ich versuche sie zu fokussieren und erkenne das Gesicht wieder, weiß aber nicht woher.
»Ah du bist wach, Liebes«, sagt sie freundlich. Allerdings verzerrt mein Gehirn die Stimme ein paar Oktaven tiefer und packt unwirkliches Echo und einen gruseligen Hall darauf. Die Worte tun mir in den Ohren weh und ich zucke erschrocken zurück. »Hä?«, mache ich. Dieses Klitzekleine Wort benötigt so viel Kraft, das ich aufgebe, noch etwas hinzuzufügen.
»Schon gut. Du bist verwirrt. Das geht vorbei. Du brauchst Schlaf.« Sie lächelt, aber wieder verzerrt mein Hirn ihre Stimme gruselig und ersetzt ihr nettes Gesicht gegen eine hässliche Fratze. Ich zucke erschrocken zurück, als die Fratze näher kommt.
»Hier, trink das«, sagt diese nun in ihrer unheimlichen, tiefen Stimme und hält mir ein Glas Wasser entgegen. Ich blinzle zwei Mal und erkenne wieder die Krankenschwester.
Zitternd versuche ich meinen Arm zu heben und nach mehreren Versuchen, gelingt es mir tatsächlich. Ich nehme ihr das Glas entgegen, das in meiner Hand so sehr bebt, das ein Teil des Wasser überschwappt und sich über meinem gesamten Arm verteilt. Aber mir ist es egal und ich führe es gierig zu meinem Mund, zwinge ihn sich noch einmal zu öffnen und schütte den gesamten Inhalt des Glases in einem Zug herunter.
Die Frau nimmt mir das Glas ab. Ich würde sie gerne fragen, wo ich bin, wer sie ist. Und ich habe das Bedürfnis wegzurennen. Ich kenne sie gar nicht. Keine Ahnung, ob sie mir vielleicht Gift ins Wasser gemacht hat. Ob sie eine Psycho ist. Eine Killerin. So viele Fragen.
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the society
Teen Fiction»Es ist nicht so wie es scheint.« »Wie ist es dann?« »Beschissen.« In einer Welt voller Druck und Schönheitsidealen fühlt man sich schnell übersehen und verloren. So auch die 16 jährige Sydney. Bis sie von einem Arzt hört, der Genveränderung als n...