Malea.
„Dieser Junge macht mich verrückt, Malika", stöhne ich genervt in den Hörer und lasse mich auf mein Bett fallen. „Du hättest dabei sein müssen. Wie er diese Worte ausgesprochen hat."
Ich schließe meine Augen und reibe meine Schläfe.
„Scheiss auf ihn", rät mir meine beste Freundin und seufzt leise auf. „Wer ist schon Jamal Issa?"
„Jemand, der mir sechs Monate das Leben zur Hölle gemacht hat."
Kurz schweigt sie, weshalb ich annehme, dass sie mir endlich Recht geben wird. Doch das ist nicht Malika. Sie hat immer noch das letzte Wort zu sprechen.
„Eher jemand, der von der Schule geflogen ist und nun einfach ein Typ ist, der meint, auf krassen Araber machen zu müssen", gibt sie zurück. „Ehrlich man. Du solltest dich nicht wegen ihm so aufregen. Du hast doch mit dem gut abgeschlossen und nur weil er wieder ein paar Mal aufgetaucht ist, heisst es nicht, dass er in deinem Kopf hausen kann."
„Vielleicht gefällt es ihm da?", schmunzle ich und schüttle mit dem Kopf. Nein, er sollte sofort raus aus meinem Kopf. Ich kann mir das nicht erneut antun.
„Vergiss es!", faucht sie mich sofort an. „Ich werde es nicht zu lassen, dass es wieder anfängt. Das war damals schon anstrengend."
Die ganze Situation bringt mich durcheinander. Es verwirrt mich und lässt mich wieder an mir selbst zweifeln.
Jamal hat damals alles geschafft, was bisher kein Mensch schaffen konnte. Er hat mich innerlich zerstört und das nur mit seinen Worten.
So oft habe ich nächtelang geweint. Mich gefragt, was ich in meinem Leben falsch gemacht habe. Wieso er so zu mir ist und mich so behandelt.
Doch nachdem er von der Schule flog, und langsam wieder Normalität einkehrte, besserte sich auch wieder mein Zustand.
Ich hab wieder angefangen zu leben. Angefangen, das Leben zu genießen. Konnte wieder zur Schule, ohne ein flaues Gefühl in der Magengegend.
Jamal Issa hat definitiv einen Teil meines Lebens geprägt. Ich verachte ihn, ja. Aber irgendwie danke ich ihm auch.
Nur würde ich ihm das niemals sagen.
„Schau, Malea. Du hast dein Leben wieder im Griff", höre ich sie wieder sprechen. „Lass dir das nicht von ihm kaputt machen. Du bist viel stärker als du denkst. Und er weiß es nicht. Er wird denken, dass du noch immer so angreifbar und verletzlich bist. Dass er dich immer noch so provozieren kann, wie damals in der Schule. Aber das kann und wird er nicht. Okay?"
„Okay", flüstere ich nickend und starre nun an die Decke. „Ich lege auf. Morgen ist wieder Schule."
„Tamam, habibti. Wir sehen uns dann", erwidert sie sanft. „Arbeitest du wieder?"
„Diese Woche nicht mehr. Soll ich morgen zu dir?", frage ich sie dann und lege mich seitlich hin.
„Ja komm. Wir gehen erst etwas essen und dann zu mir."
Nachdem wir noch die Details für morgen abgesprochen haben, legen wir gemeinsam auf.
Ich ziehe mich nach dem Gespräch gleich in meine Pyjama's um und lege mich wieder in mein Bett.
Auch wenn Malika mir Mut zugesprochen hat, fühle ich mich jetzt schon geschwächt. Als hätte ich nicht einmal die Kraft, diesen Kampf anzutreten.
Aber vielleicht würde es sich auch zum Positiven wenden. Vielleicht wird es ganz anders, als sie und ich es uns vorstellen. So wie wir es erahnen.
Schließlich hat er mir heute ein Kompliment nach dem anderen gemacht. Komplimente darüber, dass er seine Augen nicht von mir nehmen konnte.
Hat sich mein äußeres Ich so geändert? So sehr, dass nun auch jemand wie Jamal ein Auge auf mich werfen könnte?
Dass seine Worte „Zwischen uns wird es nichts werden" nun nichtig sind? Nicht mehr der Wahrheit entsprechen?
Egal, wie ich meine Gedanken wende und drehe, ich komme nicht auf eine Antwort. Immer wieder versuche ich auf einen Punkt zu kommen. Einen Punkt, welcher mir endlich sagen kann, wie es seinen Lauf nehmen könnte.
Ich möchte nicht daran denken, was werden kann. Ob Jamal und ich uns je wieder sehen werden. Aber ich wäre gerne darauf vorbereitet.
„Warum denke ich an diesen Idioten?", nuschle ich vor mich hin und würde mich am liebsten selbst dafür erschlagen.
Er ist es nicht wert, dass ich meine Gedanken an ihn verschwende.
Wir haben uns doch nur zwei Mal gesehen. Und nur weil er beim zweiten Mal herausgefunden hat, wer ich bin und zu was ich geworden bin, nehmen sich meine Gedanken das Recht, wieder an ihn zu denken?
Nicht mit mir.
Er hat es einfach nicht verdient. Definitiv nicht.
Müde gähne ich auf und ziehe meine Decke über meinen Körper.
Jamal wird mir wahrscheinlich die nächsten Tage meinen Schlaf rauben, ohne es zu wissen. Wieder einmal. Wie oft hatte ich das jetzt schon?
Fest kneife ich mir meine Augen zusammen und möchte mich in den Schlaf zwingen. Doch es klappt nicht.
Stattdessen spielen sich Momente vom heutigen Tag ab.
„Scheisse. Osman, die kleine Africa ist eine Lesbe", spricht er aus und schaut zu seinem Freund gegenüber ihm, welcher ebenfalls einen überraschten Ausdruck im Gesicht hat.
„Krank", gibt er nur von sich und schaut zu seiner Sitznachbarin. „Alter. Was tut ihr der Männerwelt an? Ihr könnt nicht einfach vom Markt gehen."
„Ehrlich jetzt, was soll die Kacke?", stimmt Jamal ihm nun zu und blickt zu mir. „Vor allem, was klaust du Locke einfach? Sie hat es verdient einen-"
„Sie hat mich nicht geklaut", gibt Alba bissig zurück, sodass Jamal nun zu ihr sieht. „Es war anders rum. Ich hab sie mir geklärt."
„Also bist du der Kerl in der Beziehung?", will sein Freund wissen. „Ey, so eine Frage für die Allgemeinheit. Wie läuft eigentlich euer Sexleben ab? Stimmt es, dass ihr die Schere macht?"
Peinlich berührt sinke ich auf der Bank runter und merke, wie ich rot anlaufe.
In diesem Thema habe ich null Erfahrungen gemacht. Weder mit Männern noch mit Frauen.
Kurz sehe ich auf und treffe auf die Augen von meiner spanischen Freundin. Sie sieht mich wissend an. Alba weiß, dass ich noch keine sexuelle Erfahrungen gesammelt habe. Aber ihr macht es nichts aus. Sie mag mich trotzdem noch.
„Habt ihr sowas überhaupt schon mal gemacht?", mischt sich nun der junge Mann neben mir ein. „Alter, wie könnt ihr wissen, dass ihr dann auf das selbe Geschlecht steht, wenn ihr nicht mal mit einer geschlafen habt?"
„Woher willst du wissen, dass du nicht einfach auf Kerle stehst, hm?", spuckt Alba aus und lehnt sich fast über den Tisch.
Hoffentlich eskaliert es nicht.
„Würdet ihr einen Dreier machen?", kommt es dann von Osman, welcher die Frage ernst gemeint hat und uns fragend anschaut. „Was denn? Wäre doch nice. Natürlich könnt ihr euch beide die meiste Zeit vergnügen, aber bitte auch mit mir."
„Junge, du bist so ekelhaft", sagt Jamal nun angeekelt und schüttelt mit dem Kopf. Er spricht gerade die Gedanken von jedem hier am Tisch aus.
„Wir stehen nicht darauf, den anderen zu teilen", trage ich dann auch mal was zur Unterhaltung bei.
„Zumal, ihr wärt nicht mal mein Typ, wenn ich hetero wäre", grinst Alba auf und lehnt sich zurück, als das Essen serviert wird.
„Ich merke", nickt Jamal und greift nach seinem Besteck. „Hast aber wahrscheinlich noch nie einen richtigen Schwanz in dir gehabt."
„Okay. Jetzt reichts", zischt Alba wütend auf, nimmt ihr Glas in die Hand und schüttelt es geradewegs in das Gesicht von Jamal.

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𝖡𝖴𝖳𝖳𝖤𝖱𝖥𝖫𝖨𝖤𝖲. | 𝑱𝑨𝑴𝑼𝑳𝑬.
أدب الهواة»They only love me for money. You always loved me for nothing.« Jung. Talentiert. Und gut aussehend. So wird der junge Newcomer »Jamule« von jedem beschrieben. Jeder setzt große Hoffnung in ihn. Viele Labels haben ihn gewollt - doch er hat sich für...