Malea.
Gelangweilt sitze ich an meinem Schreibtisch, mit dem Stift über meiner Oberlippe, welchen ich versuche zu balancieren.
Seit fast mehr als drei Stunden habe ich für meine Hausaufgaben benötigt. Für all meine Hausaufgaben, die ich für die kommenden Woche zugeteilt bekommen habe.
Ich mag es, wenn ich alles hinter mir habe und nicht am letzten Abend machen muss. Das raubt mir nur meinen Schlaf und meine Nerven.
Da aber heute Sonntag ist und wir den Tag dafür nutzen, um mit der Familie zu sein - manchmal zumindest - warte ich darauf, dass mein Bruder Nader mich anruft.
Nader weiß ebenfalls, dass Sonntage unserer Familie gehören und ruft deshalb jeden Sonntag an. Er nimmt sich die Zeit für uns, um mit uns zu sprechen.
Doch der Anruf kam bisher noch nicht. Und langsam mache ich mir Sorgen um ihn, auch wenn er älter ist als ich.
Ich werfe einen kurzen Blick auf mein Smartphone und sehe nichts von ihm. Sonst schickt er mir sogar Memes oder irgendwelche Snaps, die fast jede halbe Stunde kommen. Manchmal sogar doppelt und dreifach.
Mein Bruder und ich haben eben diese enge Beziehung zueinander. Wir lieben uns, aber an manchen Tagen kommt es auch zu einem Streit. Dennoch hat uns bisher nichts auseinander gebracht. Er ist eben mein bester Freund.
Je mehr ich über meinen Bruder nachdenke, desto mehr Zeit vergeht. Die Minuten verstreichen und es wird immer später. Auch meine Eltern sind noch nicht in mein Zimmer getreten und haben mir gesagt, dass Nader angerufen hat.
Seufzend beginne ich meine Schulsachen einzuräumen und die Materialien für morgen in meinen Rucksack zu packen. Auch das mache ich jeden Tag am Abend davor. Mein Leben ist strukturiert. Ich drehe bei den kleinsten Dingen schon durch. Vor allem wenn es nicht so abläuft, wie ich es möchte.
Gerade als ich mich in mein Bett gelegt habe und mein Smartphone entsperren möchte, klopft es an meiner Tür, welche sich binnen Sekunden später auch einen Spalt öffnet. Meine Mutter schaut lächelnd hinein.
„Cariña", sagt sie und betritt mein Zimmer. Sofort setze ich mich auf und sehe sie irritiert an. Was ist los? „Nader ist am Handy. Hier."
Noch nie in meinem Leben bin ich so schnell wie eben aus dem Bett gesprungen und zur Tür gelaufen, an welcher meine Mama steht und mir ihr Handy reicht.
„Hermano", rufe ich laut, als ich sein grinsendes Gesicht erblicke und dieses erwidere. „Warum hast du mich so lange warten lassen? Sag mal, spinnst du?"
Ich höre ein Räuspern neben mir und schiele zu meiner braunhaarigen Mutter. „Vergreif dich nicht im Ton, Africa."
„Aber Ma-"
Nader lacht. Das höre ich. „Ja, Lea. Hör auf Mamá."
Augenrollend verkneife ich mir meine Worte und sehe nun bittend zu meiner Mama, welche meine Bitte auch versteht. Ich möchte mit meinem Bruder alleine sein. Denn es wäre nicht das selbe, wenn uns jemand zu hören würde.
Nachdem sie dann auch mein Zimmer verlassen und mich alleine gelassen hat, lege ich mich zurück auf mein Bett und schaue zu meinem Bruder, welchen ich auf dem winzigen Display erkenne.
Ich vermisse ihn wirklich, so sehr. Es stört mich, dass er sich dazu entschieden hat, in England zu studieren. Aber unsere Eltern sind stolz auf ihn, dass er es so weit geschafft hat. Und ich weiß auch, dass er es zum größten Teil für sie macht. Damit sie sich nicht für ihren Sohn schämen müssen. Denn von solchen Elternteilen gibt es genügende in diesem Leben.
„Wie geht es dir, Lea?", fragt mein Bruder mich, wie immer als erstes. Denn so weiß er, ob ich ihn anlüge oder nicht. Mittlerweile können wir uns ablesen - selbst beim facetimen.
„Ganz gut", antworte ich ihn wahrheitsgemäß und seufze leicht auf. „Ich habe gerade für die Schule was gemacht und bin vor wenigen Minuten fertig geworden. Es ist so scheiße anstrengend. Ehrlich jetzt."
Nader rollt grinsend mit den Augen. „Gott beschütze mich vor einer zukünftigen Schülerin wie dir. Das bringt mir wahrscheinlich nur Kopfschmerzen."
Nader studiert Englisch, Geschichte und Sport im Lehramt. Für das Fach Englisch wollte er unbedingt ein Auslandsjahr machen und praktiziert nun auch dort auf einer High School, die hier als Gesamtschule zählt.
Er erzählt mir immer wieder Geschichten aus seinem Alltag und wie die Schüler dort ticken. Dass sie ganz anders sind als die Jugendlichen hier in Deutschland. Aber auch sein privates Umfeld soll wohl ganz anders sein, als hier.
Es wundert mich gar nicht. Wahrscheinlich kenne ich auch schon viel zu viele Serien und Filme, die mich wissen lassen, wie die Menschen dort sind. Aber es dann von einer vertrauten Quelle zu hören, bestätigt es mir nur noch mehr.
„Du bist so gemein, Nader", brumme ich genervt auf und schließe die Augen. „Ich bin der Liebling aller Lehrer und ich rege mich nur auf, wenn ich alleine bin. Oder eben bei dir."
„Ist doch schon schlimm genug", gibt er noch immer grinsend zurück und lässt seine Achseln zucken. „Aber ich bin stolz auf dich, habibti. Ich kenne wirklich kein anderes Mädchen, die sich so ins Zeug legt, wie du. Und dann haust du auch noch immer so gute Noten raus. Mashallah, ich will jetzt kein Auge machen. Baba soll mal ganz schnell für dich Dua machen."
Ich lache leise auf und schüttle mit dem Kopf. „Du spinnst doch, Sam." Mein Bruder lächelt mich sanft an. Es sieht so aus, als hätte er gerade eben Tränen in den Augen bekommen. „Was ist los?
„Nichts, ich hab es nur vermisst, wie du mich Sam oder Sammy nennst, wenn wir zusammen Zeit miteinander verbringen. Es ist einfach krass, was ich hier gerade fühle und würden die Spasten hier Deutsch verstehen, würden sie mich auslachen, weil ich so gegenüber dir fühle. Aber ich vermisse es ehrlich", erklärt er mir ausführlich und bringt mich ebenfalls fast zum Weinen.
Ich sagte ja schon, dass die Bindung zwischen meinem Bruder und mir sehr stark ist. Und diese Bindung kann niemand zerstören.
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𝖡𝖴𝖳𝖳𝖤𝖱𝖥𝖫𝖨𝖤𝖲. | 𝑱𝑨𝑴𝑼𝑳𝑬.
Fanfic»They only love me for money. You always loved me for nothing.« Jung. Talentiert. Und gut aussehend. So wird der junge Newcomer »Jamule« von jedem beschrieben. Jeder setzt große Hoffnung in ihn. Viele Labels haben ihn gewollt - doch er hat sich für...