Die Überlegung

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„Du ziehst es tatsächlich in Erwägung mich diesem übergroßen Kind auszuliefern?", fuhr Kiyan mich an, nachdem Samu den Kronprinzen, der, wie ich nun wusste, Jeldrick hieß, hinaus begleitet hatte.

„Natürlich nicht", antwortete ich nervös und richtete meinen Blick Richtung Tür.

„Wieso hast du dann nicht abgelehnt?"

Er kam gefährlich nah, legte seinen Finger an mein Kinn und zwang mich ihn anzusehen.

„Ich empfand es als angemessener ihn nicht von oben herab zu behandeln. Vaskos hat doch gerade erst den Krieg verloren...", rechtfertigte ich mich, woraufhin er mein Kinn losließ.

„Solange dieser Dämon nicht Phinea attackiert, ist er nicht unser Problem. Es ist schließlich nicht unsere Schuld, wenn Vaskos' König so blöd ist."

Ich nickte leicht. Im Grunde genommen hatte er Recht. Auch wenn ich vermutete, dass der König den Dämon beschworen hatte, um sich an mir zu rächen. Schließlich hatte ich auch nur durch die Hilfe eines solchen Wesens gewinnen können.

„Jetzt sei nicht so, ich schicke dich nicht hin", versicherte ich ihm dann, woraufhin er zufrieden nickte und mir näher kam.

„Samu hat im übrigen ausgelassen, dass sich der König von Salvito mit der Königin von Yaarewi angelegt hat. Salvito wollte, dass sich ihre Truppen zusammen tun und sie uns dann versuchen zu attackieren. Yaarewi hat abgelehnt", teilte er mir mit, aber wirkte nicht im geringsten so, als ob ihn das wirklich interessieren würde.

„Woher weißt du das?"

Kiyan griff nach einem Blatt, dass auf dem Beistelltisch zwischen den Sesseln gelegen hatte und hielt es mir vor mein Gesicht.

„Ich habe sein Merkblatt gelesen."

Ich seufzte leicht. Es war naiv von mir gewesen zu denken, dass die anderen Könige ihre Niederlage einfach so akzeptieren würden.

„Ich werde ein wenig spazieren gehen... Ich hoffe du bist mir nicht böse, wenn ich dich bitte mich alleine zu lassen?"

Kiyan wirkte etwas überrascht. Hoffentlich fasste er das nicht falsch auf...

„Ich muss nachdenken. Aber wenn du bei mir bist, kann ich das nicht", erklärte ich mich, woraufhin er nur leicht nickte und zu lächeln begann.

„Ich fasse das jetzt einfach mal als Kompliment auf", grinste er, was mich innerlich die Augen verdrehen ließ.

Er hatte einfach ein viel zu großes Selbstbewusstsein.

Ich war nicht weit gegangen, dem Weg im Rosengarten nur so weit gefolgt, dass ich außer Sichtweite war. Als dies der Fall war, ließ ich mich nieder auf den Schotter sinken und richtete meinen Kopf Richtung Himmel. Meine Sicht wurde von nicht einer einzigen Wolke getrübt. Die warmen Sonnenstrahlen kitzelten auf meiner Haut und der Wind strich sanft über durch die Sträucher. Was für ein friedlicher Ort. Wieso konnten unsere Länder nicht auch in Frieden leben? Wieso mussten sie immer miteinander kämpfen?

Ich seufzte laut. Früher oder später würde ich die Herrscher der Reiche zu Friedensverhandlungen nach Phinea einladen. Doch fehlte mir ein Friedenskonzept, dass ich präsentieren konnte. Sie würden vermutlich sehr wütend über meinen Pakt sein. Sobald sie Kiyan erblickten, würden sie wissen, dass etwas nicht mit rechten Dingen zugehen konnte und die Verhandlungen abbrechen. Aber wie ich Kiyan kannte, würde er bei solch einem Treffen nicht auf seinen großen Auftritt verzichten und auf jedenfalls jedem mitteilen müssen, dass auch er anwesend ist.

Auch für Kiyan musste ich noch eine Lösung finden. Ich musste ihn von seiner dämonischen Seele befreien. Doch vermutlich war es besser damit noch zu warten, bis dieser fragwürdige Dämon wieder verschwunden war.

The King (BoyXBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt