Der Gast

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Diesen Abend konnte ich nicht schlafen. Mir war etwas bewusst geworden. Um ehrlich zu sein, hatte ich es schon die ganze Zeit gewusst, doch ich hatte es nicht wahrhaben wollen. Schon damals hatte ich eine wage Ahnung gehabt, doch es einfach versucht zu verdrängen. Kiyans Gefühle waren nicht unerwidert und dieses Wissen war äußerst gefährlich. Ich wusste, dass ich ihm nicht ewig widerstehen konnte und war ich ehrlich wollte ich das auch gar nicht. Ich wollte ihm nah sein und ich wollte mit ihm zusammen sein. Egal wie oft ich mir einredete, dass er zu gefährlich war und dass er eigentlich bereits tot war. All das änderte nichts an diesem unerklärlichen Verlangen.

Ich dachte daran, dass er mir erzählt hatte, das zwei Seelen in seinem Körper wohnen. Ob es nicht möglich wäre, seine dämonische Seele irgendwie zu entfernen? Wenn nur die dämonische Seele an die Gesetze der Hölle gebunden war, sollte Kiyan doch von dem Pakt befreit sein oder nicht? Würde ich den Pakt immer noch brechen, wenn ich Kiyan küsse, während er nur noch eine menschliche Seele besitzt? Blieb nur die Frage ob er dann überhaupt noch existieren würde, da er ja eigentlich bereits vor drei Jahren verstorben war. Seufzend raufte ich mir die Haare. Würde Kiyan denn überhaupt mit mir zusammen sein wollen? Er hatte schließlich ziemlich viel wegen mir durchmachen müssen...

Als ich am nächsten Morgen den Speisesaal betrat, unterhielt sich meine Mutter gerade mit Kiyan, der in seiner Uniform neben ihrem Stuhl stand. Es gefiel mir nicht, wenn er mit ihr redete. Wenn er eine falsche Bemerkung machte, würde meine Mutter die Wahrheit über seine Identität herausfinden. Vor allem da Kiyan oft diese dreiste Art hatte, die zu einer Leibwache nun wirklich nicht passte. Dabei wollte ich eigentlich verhindern, dass irgendjemand in Phinea, der Kiyan nicht kannte, erfährt, dass er unser vorheriger König war und wieso er es heute nicht mehr ist. Doch vor allem sollte niemand wissen, dass ich den Teufel zur Hilfe gezogen hatte. Die meisten Menschen waren ja nicht gerade positiv auf ihn zu sprechen...

„Guten morgen ihr beiden", begrüßte ich sie mit lauter Stimme, da sie mich scheinbar gar nicht bemerkt hatten.

Meine Mutter lachte schräg und schenkte mir ihre Aufmerksamkeit, Kiyan tat es ihr gleich.

„Was gibt es denn so lustiges?", erkundigte ich mich und versuchte nicht allzu neugierig zu klingen.

Die beiden warfen sich vielsagende Blicke zu und sahen dann wieder zu mir. Ihr Verhalten war wirklich mehr als merkwürdig.

„Nichts wichtiges Süßer. Setz dich und iss brav dein Essen", grinste meine Mutter.

„Kiyan? Magst du mir sagen, worum es ging?"

Er sah sie kurz von der Seite an, ehe er mir sein diabolisches Lächeln zeigte.

„Eure Mutter hat ganz Recht Majestät. Wir sprachen über nichts von Belang", antwortete er bloß und verneigte sich leicht.

Idiot...

Wie gewohnt begab ich mich nach dem Frühstück direkt in mein Arbeitszimmer. Sicher gab es vieles zu regeln, jetzt wo der Krieg vorüber war. Kiyan folgte mir auf Schritt und tritt, aber verlor kein Wort über das, worüber er sich mit meiner Mutter unterhalten hatte, was mich zugegeben maßlos störte. Was konnte es nur gewesen sein, dass sie es mir nicht sagen wollten?

„Hör auf zu schmollen. Dafür bist du zu alt", lachte er irgendwann, nachdem ich eine ganze Weile nicht mehr mit ihm geredet hatte.

„Wieso kannst du mir nicht einfach sagen worum es ging? Ich mag es überhaupt nicht, wenn du mit meiner Mutter Geheimnisse vor mir hast", brummte ich verstimmt und nickte den Wachen vor meinem Büro zu, die daraufhin die Flügeltür öffneten.

„Wieso interessiert es dich denn so?"

Er grinste breit, was mich nur noch mehr störte.

„Und wenn ich dir befehle es mir zu sagen?"

The King (BoyXBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt