Unterricht

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Kostas

Die erste Nacht im Gryffindorschlafsaal war immer noch unwirklich. Ich hatte zusammen mit dem anderen Gryffindor Jungen, Nico, einen gemeinsamen Schlafsaal bekommen, der die Ziffer 8 trug und von dem ich vermutete, dass er eigens für die „vergessenen Talente" eingerichtet worden war. Er war kleiner als die übrigen Schlafsäle, in die wir bei der Führung die uns die Vertrauensschüler gegeben hatten, einen kurzen Blick werfen durften, doch genauso gut ausgestattet. Es standen zwei gemütlich aussehende Himmelbetten darin, das eine auf der linken, das andere auf der rechten Seite des Zimmers. Gerade zu befand sich ein großes Fenster, aus dem man über die Ländereien bis hinunter zum verbotenen Wald blicken konnte. Als ich im Bett lag, nahm ich mein Handy in die Hand, doch wie Mik mir bereits prophezeit hatte, funktionierte es hier nicht. Der Bildschirm flackerte unheilvoll, bevor sich mein Handy einfach abschaltete. Auf dem Bildschirm erschienen in verschnörkelter Schrift die Worte „Für den Gebrauch in Hogwarts ungeeignet.". Seufzend ließ ich es in ein Seitenfach meines Koffers rutschen, welchen ich dann unter mein Bett schob. Meine Klamotten und Schulsachen hatte ich bereits ausgepackt. Gerne hätte ich meiner Mutter Bescheid gegeben, dass ich gut angekommen war, aber das war jetzt nicht mehr so einfach. Ich beschloss den ersten Schultag abzuwarten, und ihr morgen einen Brief zu schreiben. Wie es Mik wohl ging, dort unten in den Kerkern? Soweit ich wusste, war es nicht gerade üblich dass sich Gryffindors mit Mitschülern aus Slytherin anfreundeten, doch ich weigerte mich zu glauben, dass die unterschiedliche Häuserauswahl unserer gerade erst entstandenen Freundschaft im Wege stehen sollte.

Nico redete viel. Ein bisschen zu schnell zwar, für meinen Geschmack, aber ich würde mich daran gewöhnen. Ich mochte seine sorglose und lockere Art. Innerhalb kürzester Zeit wusste ich, dass er bei seiner Mutter aufgewachsen war und seinen Vater nie kennengelernt hatte. Er hatte eine kleine Schwester, die am Bahnhof geweint hatte, als er sich von ihr verabschieden musste. Für ihn war es das Größte jetzt hier zu sein. Wir redeten noch eine ganze Weile doch irgendwann siegte die Müdigkeit und ich pennte einfach weg, während Nico auf der anderen Seite des Schlafsaales immer noch redete.

Es war schwer für mich aus dem Bett zu kommen, als der erste Schultag begann. Ich hatte sehr gut geschlafen, trotzdem steckte mir die Erschöpfung noch in den Knochen. Als ich mich schließlich doch aus dem Bett geschält hatte, stand Nico schon in seinem neuen Hogwartsumhang vor mir und schnalzte ungeduldig mit der Zunge.

„Los, beeil dich du Schlafmütze! Ich will vor dem Unterricht noch was frühstücken!"

„Jaja, schon gut. Ich bin ja schon da."

Wir kamen etwas verspätet in die große Halle, aber das tat dem Frühstücksangebot keinen Abbruch. Ich nahm mir ein bisschen Obst und einen Toast, während Nico sich erst mal ein großes Stück Kuchen auf den Teller lud.

Ich erwischte mich wie ich rüber zum Slytherin Tisch schielte aber Mik war nirgends zu entdecken. Aber so spät wie wir dran waren, wunderte es mich auch nicht. Er war sicher pünktlicher hier gewesen.

Als wir schließlich noch kauend zum Unterricht hasteten, war es bereits sehr knapp. Erst im letzten Moment huschten wir in den Raum, in dem unsere allererste Stunde Zauberkunst stattfinden sollte. Mik grinste ein bisschen in sich hinein, als ich neben dem kleinen Lehrer ins Zimmer stolperte und mich verstohlen nach freien Plätzen umsah. Ich zupfte an Nicos Ärmel, der Anstalten gemacht hatte sich einem anderen Platz zuzuwenden und schleifte ihn mit in die letzte Reihe zu Mik.

„Hey", sagte ich leise, als ich mich neben dem dunkelhaarigen Jungen niederließ.

„Hey" erwiderte er ebenso leise. Er lächelte vor sich hin, was ich nicht ganz einordnen konnte. Nico saß inzwischen neben mir.

„Ach so ist das, wir verbrüdern uns mit den Slytherins, oder was?", fragte er noch scherzend bevor Professor Flitwick den Unterricht begann.

Da die meisten Schüler unserer gemischten Gruppe nie magische Fähigkeiten gezeigt hatten, war es nun an Professor Flitwick ein wenig Magie aus uns heraus zu kitzeln. Daher begannen wir auch nicht wie üblich mit dem Schwebezauber sondern versuchten mit einfachen Übungen und Bewegungsabläufen mit dem Zauberstab ein wenig Magie zu verüben. Es ging mehr darum, dass überhaupt etwas passierte, als darum was wir genau taten. Jedes Erwachen der Magie war gern gesehen. Ich hatte es schon einmal geschafft blaue Funken regnen zu lassen, also versuchte ich zunächst einfach das zu wiederholen. Es klappte ganz gut. Dann richtete ich den Stab auf einen der Pulte und versetzte ihm einen energischen Hieb. Der Pult rückte einen Zentimeter nach hinten und gab dabei einen quietschenden Laut von sich.

„Sehr schön!" lobte Professor Flitwick. Nico schaffte es spiralen aus Licht in die Luft zu malen. Mik allerdings hatte so seine Schwierigkeiten. Keiner seiner Versuche bewirkte auch nur irgendwas. Professor Flitwick merkte schnell, dass er einer der wenigen war, die patu keinen Funken Magie aus ihrem Stab bekamen. Er stellte sich neben Mik und drückte ihm zunächst seine kleine Faust ins Kreuz.

„Stehen sie gerade!", verlangte der kleine Lehrer. „Und nun konzentrieren sie sich. Sie müssen sich vorstellen dass die Magie von ihnen kommt. Der Stab ist nur die Brücke zwischen ihrer Magie und der Außenwelt. Lassen sie ihre Magie fließen. Lassen sie zu, dass sie durch den Stab nach draußen dringt." Wies er Mik an. Der sah sich nervös um, wohlwissend, dass ein Teil der Schüler die freie Arbeit unterbrochen hatte um zu zusehen wie Flitwick mit Mik übte.

„Ich versuch es ja", sagte Mik und knirschte ein wenig mit den Zähnen.

„Machen sie sich frei von ihren Ängsten. Sie können das."

Mik konzentrierte sich und hielt mit zusammengebissenen Zähnen den Zauberstab vor sich ausgestreckt. Es bildete sich ein Schweißtropfen auf seiner Stirn, doch sonst passierte rein gar nichts.

„Los komm schon", murmelte Mik, die Hand mit dem Zauberstab begann leicht zu Zittern.

Eines der Mädchen im Raum kicherte leise. Ich spürte wie in mir der Zorn aufflammte. Wie konnte sie einfach lachen, wo Mik sich doch grade so abmühte?

„Lassen sie einfach los. Lassen sie die Magie fließen"

Mik atmete geräuschvoll aus. Er schloss die Augen für einen Moment, bevor er die Hand sinken ließ.

„Danke Professor. Ich werde es weiter üben", sagte Mik. Er sah geknickt zu Boden.

„Tun sie das, mein Junge", flötete Flitwick und ging weiter durch die übenden Schüler um hier und da zu helfen. Mein Blick ruhte immer noch auf Mik, der nun zusammengesunken da stand und gar nichts mehr tat. Es tat mir leid wie entmutigt er dort stand. Ich wollte gerade zu ihm rüber gehen und ihn fragen ob alles okay sei, da klingelte es und Mik verließ eilig das Klassenzimmer, ohne sich auch nur noch einmal umzusehen.

Magical Moments - KostoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt